Magnolia Steel – Hexennebel
raten, weshalb du hier bist«, sagte sie seufzend. Verlegen drehte die Kaminhexe die drei Stiele zwischen ihren Fingern. »Wären Sie wohl so freundlich und würden …«
Linette seufzte. »Zeig schon her.«
Jörna reichte ihr den Flachs, und Linette betrachtete ihn wie schon hundertmal zuvor durch die Lupe. Sie schnüffelte, schmeckte und warf schließlich ein paar Stückchen davon in die Feuerschale. Sofort fing der Flachs an zu knistern und der grünliche Rauch verfärbte sich golden.
»Glückwunsch!«, rief Magnolia.
Tante Linette lächelte und Jörna sah ungläubig von einem zum anderen. »Ist das euer Ernst?« Linette nickte und Magnolia hielt ihr die offene Hand hin. »Jippiii!!!« Begeistert schlug Jörna ein. »Ich fass es nicht! Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll. Meine Mutter ahnt nichts davon und …«
»Deine Mutter sollte so bald wie möglich einen Bannkreis um den Flachs ziehen«, riet Linette. »Je mehr Ohren davon erfahren, desto größer ist die Gefahr von Flachswilderei.«
»Werde ich ausrichten«, versprach Jörna. »Aber zuerst lade ich Magnolia auf einen Erdbeerflip ins Milky Way ein, das muss schließlich gefeiert werden!«
»Du kommst doch ohne mich klar, Tante Linette?«, fragte Magnolia brav und blinzelte Jörna heimlich zu.
Ihre Tante nickte. »Sicher, lasst es euch schmecken. Ach, Jörna?« Abwartend blieben die beiden jungen Hexen stehen. »Nur, damit es keine bösen Überraschungen gibt. Bevor du den Flachs zum Spinnenbringst, muss er vorbereitet werden. Stängel lassen sich nämlich nicht verarbeiten.«
»Ja, logisch. Ähm, wie bereitet man den Flachs vor?« Jörna sah Tante Linette unsicher an, und auch Magnolia hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht.
»Er wird getrocknet, gebrochen, gehechelt, na ja die ganze Prozedur eben. Deine Mutter wird hoffentlich wissen, wie man es macht.«
»Sind Sie sicher? Hecheln und Brechen bringe ich mit völlig anderen Sachen in Verbindung.«
Magnolia kicherte, und Tante Linette verdrehte die Augen. »Siehst du, und deshalb sage ich es dir.«
»Danke für den Hinweis!« Jörna winkte zum Abschied und die Mädchen verschwanden schleunigst im Haus. »Ist das nicht eine tolle Geschichte?« Jörna war absolut begeistert. »Etwas hecheln und ein bisschen brechen, und schon sind wir reich!«
Magnolia grinste von einem Ohr bis zum anderen. »Hauptsache, es lohnt sich. Wie viel Flachs wächst denn bei euch?«
»Eine ganze Menge«, versicherte Jörna und strahlte dabei über das ganze Gesicht.
»Ich bin mal gespannt, wie viele Spindeln bei uns rumkommen. Wäre doch genial, wenn wir reich würden«, träumte Magnolia, während sie in ihre Jacke schlüpfte. Dann pfiff sie nach ihrem Besen und sofort wischte Huckebein um die Ecke. Jörna holte Baldur aus dem Schrank, in dem sie bis eben gewartet hatte, und öffnete die Haustür. Vorsichtig sah Magnolia sich nach allen Seiten um. Tante Linette musste nicht unbedingt wissen, dass sie die Besen benutzten, obwohl es noch hell war. Erst hinter dem Haus stiegen sie auf und riefen: »Nach oben hinaus und nirgends an!«
Dann flogen sie dicht über den Baumwipfeln nach Rauschwald und versteckten ihre Besen in einem Gebüsch unter der steinernen Brücke. Vergnügt hakte sich Jörna bei Magnolia ein, und dann schlenderten sie gut gelaunt in Richtung Milky Way.
Das Milky Way sah wie eine amerikanische Milchbar aus den fünfziger Jahren aus. Überall blitzte blanker Chrom, und es gab eine kleine Tanzfläche sowie eine alte Musikbox, die immer dieselben Lieder spielte. Trotzdem war das Milky Way ein beliebter Treffpunkt. Denn nirgendwo gab es so leckere Milchshakes wie hier. Heute herrschte jedoch gähnende Leere. Die besagte Musikbox dudelte leise vor sich hin und Angelo, der Barkeeper, spielte hinter der Theke mit seinem Handy. Als er die Mädchen kommen sah, steckte er es schnell weg und schenkte ihnen ein freundliches Lächeln. »Ah, endlich kommt mich jemand besuchen. Ich habe schon geglaubt, ich kann den Laden wieder schließen. Womit kann ich euch glücklich machen?«
Magnolia lächelte. »Jörna möchte mich zu einem Erdbeerflip einladen«, sagte sie.
»Glück muss der Mensch haben«, erwiderte Angelo und sah Jörna freundlich an.
»Stimmt! Zwei Erdbeerflips bitte.«
»Zum Hiertrinken oder zum Mitnehmen?«
Die Mädchen sahen sich an. Im Milky Way war nun wirklich nichts los. Schweigend kamen sie überein, ihr Getränk mitzunehmen.
»Zum Mitnehmen, bitte!«, antwortete
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