Magnolia Steel – Hexennebel
mir alle Flaschen, die Sie bis dahin auf Lager haben.«
»Ich werde es ausrichten«, erwiderte Magnolia und kassierte den entsprechenden Betrag. Dann notierte sie die Bestellung auf einem Zettel. Sollte doch Meister Schnuck entscheiden, wie viele Flaschen »Kassenschlager« Frau Däumling bekam. Da klingelte es erneut. Magnolia schob den Zettel in die Schublade und richtete sich auf, um den nächsten Kunden zu bedienen, doch der Laden war leer. Merkwürdig.
Also schnappte sie sich seufzend ihren Rucksack und setzte sich mit ihren Hausaufgaben an den Tresen. Es klingelte erneut. Und diesmal schien das Geräusch aus dem Keller zu kommen. Beunruhigt stand Magnolia auf, um nachzusehen. Schon auf der ersten Treppenstufe fiel ihr der modrige Geruch auf. Es roch wie in einem schlecht belüfteten Stollen. Magnolia zögerte, da klingelte es schon wieder. Jetzt wollte sie es wissen. Eilig stieg sie die Treppe hinunter und sah gerade noch, wie ein kleiner Schatten hinter dem Vorhang verschwand, der ihr bereits bei ihrem ersten Besuch aufgefallen war. Ein Kobold, schoss es ihr durch den Kopf. Die Luft roch nicht nur modrig, sondern war auch eiskalt. Hatte Meister Schnuck nicht erklärt, die Tür hinter dem Vorhang ließe sich nicht öffnen?
Ohne zu zögern griff Magnolia nach einer Fackel und zog den Vorhang mit einem Ruck zur Seite. Meister Schnuck hatte gelogen, so viel stand fest. Denn die Tür, die sich angeblich nicht öffnen ließ, stand sperrangelweit offen und führte in eine Art Lagerraum, in dem sich Dutzende von Kisten stapelten. Am Ende des Raums befand sich eine Öffnung, die in staubiges Dunkel führte.
Warum hatte der Professor nicht die Wahrheit gesagt? Einen Moment überlegte Magnolia, ob es sich lohnen würde, herauszufinden, wohin der staubige Gang führte. Da klingelte oben die Türglocke, und eine Stimme rief: »Hallo! Bedienung! Oder darf man sich hier selbst bedienen? Hohoho!«
Was für eine blöde Frage. Magnolia blieb nichts anderes übrig, als sich später mit dem Geheimnis des finsteren Ganges zu beschäftigen. Eilig stieg sie in den Laden hinauf.
Als Meister Schnuck kurz darauf zurückkehrte, war er bestens gelaunt und ungemein zufrieden mit sich. Er hatte ein gutes Geschäft gemacht. Denn es war ihm nicht nur gelungen, dem Händler den allerbesten Weihrauch zu einem hervorragenden Preis abzuluchsen, sondern er hatte ihn auch überreden können, ihm die sogenannten Märchenringe zu verkaufen, die eigentlich für die Gebrüder-Grimm-Stiftung gedacht gewesen waren.
Stolz präsentierte Meister Schnuck Magnolia seine neueste Errungenschaft. Auf schwarzem Samt lagen die vier Ringe da und funkelten um die Wette, was das Zeug hielt. Sie waren so zauberhaft, dass sie von nirgendwoher sonst als aus einem Märchen stammen konnten.
»Schneewittchen, Allerleirauh, Dornröschen und Rapunzel«, erklärte Meister Schnuck der staunenden Magnolia.
»Sind die Steine auf den Ringen echt?«, fragte sie.
Meister Schnuck lächelte. »Nicht nur die Steine. Wenn mich mein gesamtes Fachwissen nicht täuscht, haben wir hier echte Raritäten vor uns.«
Magnolias Gedanken fuhren Achterbahn. »Sie wollen mir jetzt nicht erzählen, dass … dass diese Ringe tatsächlich Rapunzel und den anderen Märchenfiguren gehört haben, oder?« Sie lachte unsicher. »Nein, Meister Schnuck. Die Romeo-und-Julia-Geschichte habe ich Ihnen beinahe geglaubt, aber das hier … Tut mir leid. So leicht kriegen Sie mich nicht … Pinocchio!!! Sie wollen mich auf den Arm nehmen!«
Jetzt lachte Meister Schnuck ein tiefes, kehliges Lachen. »Könnte ich das denn?«, fragte er lauernd.
Magnolia schüttelte den Kopf.
»Und doch ist es wahr. Die Ringe, die dort vor dir liegen, stammen tatsächlich von den weltbekannten Sagengestalten. Nur, dass sie nicht Schneewittchen hießen, sondern Katharina von Waldeck, und nicht Dornröschen, sondern Brunhilde zu Pütznitz. In jedem Märchen steckt ein wahrer Kern, schon vergessen?« Meister Schnuck machte eine Pause, und ein triumphierendes Grinsen lief über sein Gesicht. »Und jetzt gehören sie mir!« Dann hielt er ihr das Tablett mit den Ringen unter die Nase. »Für welchen würdest du dich entscheiden?«
Magnolia hatte zwar noch immer erhebliche Zweifel. Trotzdem musste sie nicht lange überlegen. »Diesen hier«, sagte sie und deutete auf einen Silberring, der über und über mit winzigen Rubinen besetzt war, die wie glühende Kohlen leuchteten.
»Der Schneewittchenring«, sagte Meister
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