Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magnolia Steel – Hexennebel

Magnolia Steel – Hexennebel

Titel: Magnolia Steel – Hexennebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Städing
Vom Netzwerk:
ein schlechtes Gewissen. Schnell zog sie die Flasche aus dem Regal und stellte sie auf den Tisch.
    »Nummer eins«, murmelte sie und machte sich umgehend auf die Suche nach der zweiten Zutat. Dem Bezoar-Stein. Blitzschnell glitten ihre Augen über Schubladen und Kästchen. Ihre Tante hatte ihr dieses ekelhafte Teil schon mindestens ein Dutzend Mal gezeigt. Der Bezoar nannte sich zwar Stein, war im Grunde genommen aber nichts anderes als ein längliches, von einer harten Kruste überzogenes Gebilde aus unverdauten Haaren, die sich in den Mägen von Katzen fanden und von ihnen zuweilen herausgewürgt wurden. Mit spitzen Fingern untersuchte Magnolia den Inhalt einer Schublade, in der neben ganz normalen Dingen wie Schnüren und Knöpfen auch Krähenfüße und Schreckeier zu finden waren. Bingo! Sie wurde fündig. Ganz unten, in der hintersten Ecke, ertastete sie den Bezoar und zog ihn heraus. Magnolia schüttelte sich und hätte ihn viel lieber in die nächste Ecke geschleudert als ihn,in welcher Form auch immer, einzunehmen. Doch für solche Gedanken war jetzt kein Platz. Als letzte Zutat fehlte nur noch der Wermut oder, Magnolia sah noch einmal ganz genau in das Rezept, der Martini. Martini? Da klingelte doch etwas. Das war doch das Getränk, das James Bond, Agent seiner Majestät, gerne gerührt und nicht geschüttelt zu sich nahm. Magnolia fiel ein Stein vom Herzen. Denn sie war sich ziemlich sicher, dass ihre Tante auch die letzte Zutat im Haus hatte.
    Nicht, dass sie eine Schnapsdrossel wäre. Bewahre. Aber Magnolia wusste, dass sie Martini für die Zubereitung verschiedener Tinkturen brauchte. Zufällig wusste sie ganz genau, wo Tante Linette die alkoholischen Zutaten aufbewahrte. Zielstrebig ging sie an den dunklen kleinen Eckschrank und zog die Flasche Martini heraus. Jetzt hatte sie alles, was sie brauchte, und konnte mit der Herstellung des rettenden Trunks beginnen. Aufmerksam las sie noch einmal den magischen Text. Wenn sie alles richtig verstand, gab man 100 ml des Alraunensafts in ein Reagenzglas, verdünnte ihn mit etwas Wermut und rieb zum Schluss zwei Esslöffel Bezoar hinein. Anschließend wurde das Ganze über einem Bunsenbrenner aufgekocht und in winzigen Schlucken getrunken. Bunsenbrenner? Magnolia lief die Zeit davon. Dann fiel ihr erleichtert ein, dass sie so ein Ding von früheren Experimenten aus dem Hexenbuch noch in ihrem Zimmer hatte. Immer wieder sah sie nervös über ihre Schulter. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis Tante Linette ins Zimmer kam, um für Ordnung zu sorgen. Kurz entschlossen packte Magnolia alles, was sie brauchte, in ihren Rucksack und verließ schnell das Zimmer.
    Sie hatte keine Zeit zu verlieren. Im Nu war sie in ihrem Turmzimmer und stellte die benötigten Zutaten auf den Tisch. Die Zubereitung des Trunks schien nicht besonders schwierig. Blieb also nur zu hoffen, dass der alte Bunsenbrenner keine Zicken machte und die kleine Gaskartusche darunter nicht leer war. Magnolia hatte Glück. Schnell gab sie Alraunensaft und Wermut in das Glas und rieb zweigehäufte Esslöffel von dem widerlichen haarigen Bezoar hinein. Zum Schluss kochte sie, wie verlangt, alle Zutaten auf und wartete, bis das Gebräu abgekühlt war. Dann stürzte sie es mit geschlossenen Augen in drei Schlucken hinunter. Die Welt fing an, sich zu drehen. Schneller und immer schneller. Magnolia hoffte inständig, dass ihr nicht schlecht werden würde und sie das Zeug ausspuckte, bevor es seine Wirkung getan hatte. Schwankend tappte sie zu ihrem Bett und ließ sich darauf fallen. Der Schwindel wurde nicht besser. In Gegenteil, es fühlte sich an, als würde ein Tornado ihr den Boden unter den Füßen wegreißen. Dann setzte ein helles, sirrendes Klirren ein. Magnolia presste sich die Hände auf die Ohren, sie war sicher, den Verstand zu verlieren, wenn dieses entsetzliche Geräusch auch nur eine Sekunde länger andauerte. Doch so plötzlich, wie das Sirren eingesetzt hatte, hörte es auch wieder auf. Es wurde still. Totenstill. Magnolia hörte absolut nichts, weder das Zwitschern der Vögel vor ihrem Fenster noch ihren eigenen Atem. War sie womöglich taub? Ängstlich setzte sie sich auf und lauschte. Nichts. Nicht das allerkleinste Geräusch. Es fühlte sich an, als hätte ihr jemand die Ohren mit Watte verstopft. Eine Minute, zwei Minuten, die Zeit verstrich, und in Magnolia wuchs die Angst. Dann hörte sie endlich ihren Herzschlag und gleich darauf die leise Stimme der Banshee. »Du hast es geschafft«,

Weitere Kostenlose Bücher