Magnolia Steel – Hexennebel
Gänge besser als die Zwerge aus! Und jetzt lass mich gefälligst runter!«
Linette verkniff sich eine bissige Antwort, steckte ihren Zauberstab wieder ein und ließ den Kobold unsanft auf das Sofa plumpsen. Im Grunde genommen hatte er ja recht. Genau deshalb waren sie hier. Sie wollten Jacko um Hilfe bitten, und für kleinliche Zänkereien war wahrhaftig nicht der richtige Zeitpunkt.
»Dann weißt du also schon, was passiert ist?«, fragte sie und sah Jacko aufmerksam an.
Der Zwerg nickte. »Trotzdem würde ich die Geschichte gern noch einmal aus deinem Mund hören. Es gibt da ein paar Fragen, die Jeppe mir nicht beantworten konnte.«
Runa und Linette setzten sich auf die Schemel, die Jacko ihnen hinschob, während Elon es vorzog, auf dem Boden zu sitzen.
Abwechselnd erzählten Linette und Runa, was sich heute Nachmittag ereignet hatte. Weder Jacko noch Greta unterbrachen sie ein einziges Mal. Nachdem die Hexen geendet hatten, war es so still im Zimmer, dass ihnen das Ticken der Standuhr wie Donnerhall vorkam.
»Du siehst«, sagte Linette zum Abschluss, »wenn es stimmt, was Milauro Runa erzählt hat, dann werden die sieben vermutlich irgendwo in einer der tausend unterirdischen Kammern des Berges festgehalten. Ihr Zwerge seid unsere letzte Hoffnung. Nur ihr könnt ein Versteck unter Tage finden.«
Jacko kratzte sich den weißen Bart. »Du ahnst nicht, wie weit das Stollensystem unter dem Berg verzweigt ist. Selbst wenn ich die erfahrensten Bergmänner auf die Suche schicke, wird es Tage dauern, bis sie die Kinder finden. Es ist die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
»Wir haben einen Anhaltspunkt«, meldete sich jetzt Elon zu Wort. »Milauro hat sie immerhin bis zum Kreuzweg verfolgt. Heute Nachtverliert sich ihre Spur in der Dunkelheit, aber gleich bei Sonnenaufgang werde ich die Suche wieder aufnehmen.«
Linette schlürfte den süßen heißen Tee, den Greta ihnen wortlos gereicht hatte. Sie trank ihn in kleinen Schlucken, und er war wie Balsam für ihre aufgepeitschten Nerven.
Jacko sah auf die Uhr. »Also gut. In drei Stunden wird es hell, dann können wir mit der Suche beginnen. Bis dahin lasse ich meine Männer schlafen, damit sie ausgeruht sind. Und euch wird eine Mütze voll Schlaf ebenfalls guttun.«
»Vergiss es!«, zischte Linette und knetete nervös ihre kalten Hände. Immer wieder versuchte sie, telepathisch mit Magnolia in Verbindung zu treten. Es war hoffnungslos. Eine dicke Mauer aus Bosheit machte all ihre Versuche zunichte.
Greta brachte ein paar Decken, und Runa streckte sich ohne Umstände auf dem kleinen Sofa aus, während Elon versuchte, in einer Ecke zu meditieren. Die Stunden der Untätigkeit waren für Linette nur schwer zu ertragen. Sie zählte die Minuten, bis der aufziehende Morgen endlich die nächtlichen Schatten vertrieb.
Jacko hatte inzwischen sein Nachthemd gegen Stiefel, Hose und Wams getauscht und vier seiner erfahrensten Männer um Hilfe gebeten. Doch als die vier dann eine halbe Stunde später abmarschbereit in der Tür standen, fiel nicht nur Linette die Kinnlade herunter. Von den gut gelaunten und zu allem entschlossenen Kerlen war keiner jünger als Methusalem. Außerdem waren sie klapperdürr, und ein längerer Marsch war ihnen ganz sicher nicht zuzumuten.
»Es wäre schon eine Sensation, wenn sich einer von ihnen länger als drei Minuten auf den Beinen halten könnte«, murmelte Runa zwischen zusammengepressten Lippen.
»Darf ich vorstellen?«, fragte Jacko. »Diese vier Burschen sind die erfahrensten Höhlenläufer, die Hackpüffel zu bieten hat.«
»Läufer?« Runa zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Sie sehen aus,als müssten wir sie in ihren eigenen Schubkarren vor uns herschieben«, flüsterte sie. Linette nickte und seufzte müde.
Jacko ließ sich von Runas unablässigem Gemurmel nicht beirren.
»Kobelbert, Lemtram, Kerlvin und Lump! Sie kennen das Höhlensystem rund um Rauschwald wie ihre Westentasche. Kerlvin war sogar dabei, als die Niederwaldsippe hier sesshaft wurde. Er ist gewissermaßen einer der Gründer von Hackpüffel und hat eigenhändig die ersten Stollen in den Berg gehauen.«
Ein leises Schnarchen zeigte, dass Kerlvin die Lobeshymnen über ihn und seine Sippe herzlich wenig interessierten. Und Linette fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, Jacko um Hilfe zu bitten. Ihre bösen Vorahnungen bestätigten sich, als der Zwerg kurz vor ihrem Aufbruch Tragegurte verteilte, die sich wie ein Rucksack auf den
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