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Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Titel: Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Städing
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Mahagonitresen trennte die Kundschaft von dem geheimnisvollen Reich dahinter. In den Holzregalen standen Gefäße aus farbigem Glas, die Pulver, getrocknete Pilze, aber auch eingelegte Gallen- und Blasensteine enthielten.
    Erschrocken blieb Magnolias Blick an einem Glas hängen, in dem ein kleiner Mann eingesperrt war. Kein Kobold, sondern eine Alraune, wie die Glasaufschrift verriet.
    Hätte der Alraun nicht unablässig mit seinen kleinen Fäusten gegen das Glas gehämmert, man hätte ihn mit seiner borkigen, braunen Haut durchaus für das Wurzelwerk einer Pflanze halten können.
    Gerade wollte Magnolia ihre Tante darauf aufmerksam machen,als der Apotheker aus einem der hinteren Räume kam. Er war ein kleiner, glatzköpfiger Mann mit dicken Brillengläsern.
    »Ah, Linette!«, rief er erfreut, nachdem er Linettes Hinterteil erkannt hatte. Es war das einzige Körperteil, dass zurzeit von ihr sichtbar war, da sie sich gerade tief in die Auslage des Schaufensters beugte, um eine eingelegte Fledermausleber zu betrachten.
    »Schön, dass du Zeit gefunden hast vorbeizuschauen. Der Bankier liegt mir schon seit Tagen wegen der Haarwuchstinktur in den Ohren.«
    Linette lächelte. »Ich hoffe, du hast ihm nicht zu viel versprochen, Arnulf. Du selber bist schließlich der beste Beweis, dass die Tinktur nicht in jedem Fall hilft. Darf ich dir übrigens meine Großnichte vorstellen? Magnolia Steel. Magnolia, das ist Arnulf Langboom, ein alter Freund.«
    Sie schüttelten einander die Hände.
    »Magnolia ist erst vor Kurzem angekommen und ich möchte ihr gern noch die Stadt zeigen, bevor die Geschäfte schließen, deshalb lass es uns heute kurz machen.«
    Ohne weitere Umstände klappte Linette den Tresen an der dafür vorgesehenen Stelle hoch und zwängte sich mitsamt ihren Körben hindurch. Herr Langboom folgte ihr eiligen Schrittes.
    Unschlüssig blieb Magnolia zurück. Vermutlich wurde erwartet, dass sie hier im Laden wartete. Man hatte sie jedenfalls nicht aufgefordert mitzukommen. Also schaute sie noch einmal nach dem Glas mit dem Alraun.
    Armer kleiner Mann, dachte sie mitleidig, er drängt und presst sich gegen sein gläsernes Gefängnis, als wolle er es einfach beiseiteschieben. Wer weiß, was sie mit ihm vorhatten? Womöglich sollte er zu einer Arznei verarbeitet werden und man konnte ihn später als Tablette schlucken.
    Ohne lange zu überlegen, schlüpfte Magnolia hinter den Tresenund nahm das Glas vorsichtig aus dem Regal. Entzückt betrachtete sie den knorzigen Mann. Schön konnte man ihn nicht nennen, aber irgendwie war er putzig und er schien Hoffnung zu schöpfen. Der Alraun hielt in seinen Anstrengungen inne und betrachtete Magnolia seinerseits.
    Als sie jedoch keine Anstalten machte, das Glas zu öffnen, wurde er ungeduldig. Lang und breit streckte er ihr seine grüne Zunge heraus, stemmte die Fäuste in die Hüften und starrte sie aus seinen schrumpeligen Rosinenaugen böse an. Mit einer gebieterischen Kopfbewegung befahl er ihr, endlich sein Gefängnis zu öffnen.
    Magnolia war verwirrt. Der kleine Mann tat ihr längst nicht mehr so leid wie noch vor einer Minute. Zögernd stellte sie das schwere Glas auf den Tresen. Der Alraun geriet dabei aus dem Gleichgewicht und fiel um. Wütend rappelte er sich auf, zeigte ihr einen Vogel und trat gegen das Glas. Er wurde wirklich immer unsympathischer. Als er dann auch noch anfing, Grimassen zu schneiden und furchtbar schrill zu kreischen, stieß Magnolia das Glas ärgerlich von sich. »Was bist du nur für ein widerlicher Wicht?«, schnauzte sie ihn an.
    Der Tobsuchtsanfall, den der Alraun daraufhin bekam, stellte alles in den Schatten, was Magnolia je erlebt hatte. Er lief die Wände hoch, trat schreiend gegen den Deckel, raufte sich das kleine Büschel Haare auf dem Kopf und erinnerte stark an Rumpelstilzchen, kurz bevor es sich in der Luft zerriss. Das Glas fing an, gefährlich zu kippeln. Magnolia wich vorsichtshalber zwei Schritte zurück.
    In diesem Moment kamen der Apotheker und Tante Linette zurück.
    »Du lieber Himmel«, entfuhr es Herrn Langboom. »Du wolltest doch nicht etwa den Deckel öffnen und die Alraunwurzel herausnehmen?«
    »Die wäre mir wohl eher ins Gesicht gesprungen«, erwiderte Magnolia gereizt.
    Erstaunt sah Herr Langboom Linette an. »Hat sie die Gabe?«, flüsterte er.
    »Sie hat«, erwiderte Linette leise, »und genau da liegt die Gefahr.«
    Magnolia bekam von diesem Wortwechsel nichts mit. Sie war damit beschäftigt, den Alraun noch ein

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