Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
hast nicht den kleinsten Kratzer abbekommen«, sagte Linette zufrieden und setzte sich mit einem Teller dampfender Hühnerbrühe zu ihr auf die Bettkante.
»Ich halte es für das Beste, wenn du heute noch im Bett bleibst, um dich vollständig zu erholen.«
Magnolia öffnete den Mund, um zu protestieren, da fuhr, schwupp, ein Löffel Suppe hinein. Sie schluckte.
»Nicht nötig, ich fühle …« Schwuppdiwupp, der nächste Löffel versenkte seine Fracht in ihrem Schlund. Löffel folgte auf Löffel und im Nu war die Suppentasse leer.
»Ich wusste, du würdest ganz wild auf meine Hühnerbrühe sein«, sagte Tante Linette und stellte den Teller zurück auf das Tablett.
»Bist du sehr böse, weil ich gestern nicht auf dich gewartet habe?«, fragte Magnolia, die es nicht aushalten konnte, nicht darüber zu sprechen.
Linette, die gerade das Tablett wegbringen wollte, drehte sich noch einmal um. Ihre Augen funkelten.
»Böse?«, fragte sie. »Böse ist gar kein Ausdruck. Ich war so wütend auf dich, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Leider liegt mir etwas an dir und so war ich noch tausend Mal froher, dich unversehrt zurückzuhaben.« Linette sprach nicht gern über Gefühle.
»Ich war eine Banshee«, flüsterte Magnolia, »und ich hatte keine Macht über sie. Es war schrecklich. Sie kam, als sie kommen wollte, und ließ mich im Stich, als ich sie brauchte. Wäre diese große Katze nicht gewesen … Ich fühlte mich so ausgeliefert, so erbärmlich.« Tränen liefen Magnolia über das Gesicht.
Linette räusperte sich verlegen. Ein schrecklich emotionales Kind, ihre Nichte. Umständlich tätschelte sie Magnolias Arm.
»Schon gut, schon gut, kleine Kröte. Ich habe die Raben gesehen.« Linette verschwieg, wie erschrocken sie beim Anblick der toten Vögel gewesen war und wie sehr sie dem Himmel dankte, dass es keine unschuldigen Opfer gab.
»Die Banshee hätte gar nicht geweckt werden dürfen. Eines Tages wirst du lernen, sie zu beherrschen, doch dazu musst du erst eine richtige Hexe sein. Aufgenommen in unserem Kreis. Erst dann hast du die Kraft, auch dein unbewusstes Ich zu lenken.«
»Eine Stimme in mir sagte ganz deutlich, ich solle meine Macht gebrauchen …«
»Ahhh, das war sicher Dorette«, regte Linette sich auf, »unverantwortlich, aber sie hat sich schon zu Lebzeiten nicht an die Regeln gehalten.« Linette griff wieder nach dem Tablett.
»Da war noch etwas«, sagte Magnolia zögernd und setzte sich im Bett auf.
»Ja?« Linette sah ihre Nichte aufmerksam an.
»Ähm, also, an unserer Schule da gibt es einen Jungen …«
»Und?«, nun umspielte ein kleines Lächeln den Mund ihrer Tante.
»Naja, ich habe mit ihm getanzt.«
Jetzt strahlte Linette über das ganze Gesicht. »Das habe ich mir gedacht!«, rief sie. »Sicher standen die Jungen Schlange, um mit dir zu tanzen. Du sahst gestern auch wirklich hinreißend aus.«
Magnolia hütete sich, ihrer Tante zu erzählen, wie es zu dem Tanz gekommen war.
»Ach, hör doch zu, Tante Linette«, sagte sie deshalb ungeduldig. »Also, ich habe mit dem Jungen getanzt und er kannte meinen Namen.«
»Was ist so ungewöhnlich daran? Habt ihr euch einander denn vor dem Tanzen nicht vorgestellt?«
»Natürlich nicht«, sagte Magnolia. Ihre Tante hatte manchmal wirklich seltsame Vorstellungen.
»Und trotzdem kannte er deinen Namen?« Linette runzelte nachdenklich die Stirn.
»Genau. Aber nicht nur das. Er hat auch den Kuss der Banshee erkannt.«
Jetzt entspannten sich Linettes Gesichtszüge. »War sein Name zufällig Leander?«, wollte sie wissen.
Verblüfft sah Magnolia sie an. »Woher weißt du das?«
»Ganz einfach, Leander ist ein Halb-Elb.«
»Ein Halb-Elb?«
»Genau. Seine Mutter ist eine normal Sterbliche, aber sein Vater stammt aus dem Geschlecht der Korred. Das sind Wald-Elben. Kein Wunder also, dass Leander wusste, wer du bist. Er hat dich am Kuss der Banshee erkannt. So etwas spricht sich eben herum.«
So war das also. Leander gehörte zur Gattung der Elben. Und er hatte sie erkannt. Es bestand, gewissermaßen, eine magische Verbindung zwischen ihnen. Magnolia ließ sich gerade zurück in die Kissen sinken, um diesen sympathischen Gedanken auf sich wirken zu lassen, da quietschte im Garten die Handbremse eines Fahrrades und an der Haustür wurde geläutet.
Tante Linette ging hinunter, um zu öffnen, und im nächsten Augenblick flog die Turmtür auf. Birte stand schnaufend und mit vor Aufregung geröteten Wangen im Zimmer.
Erstaunt sah sie auf
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