Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
am Freitagabend eine verdächtige Beobachtung gemacht hätte, die mit Samanthas Verschwinden in Zusammenhang stehen könnte. Es sei reine Routinearbeit, wie sie versicherten, es müsse nicht immer ein Verbrechen dahinterstecken, wenn eine Vierzehnjährige für ein paar Tage verschwindet.
Magnolia hütete sich, von den Norgen zu berichten, denn sie hatte wenig Lust, das Haus in einer Zwangsjacke zu verlassen. Die Beamten warfen Tante Linette ohnehin schon misstrauische Blicke zu, man konnte förmlich hören, wie es hinter ihren Stirnen rumorte. Deshalb wunderte sie sich auch nicht, als ihre Tante ihnen zum Abschied etwas goldfarbenes Zauberpulver ins Gesicht blies.
»Ich habe den Gedanken an Schwarze Magie in ihren Köpfen gesehen«, erklärte sie, »außerdem haben sie auf dem Weg zu uns mit dem Pfarrer gesprochen. Ich möchte nichts dem Zufall überlassen, denn hat die Polizei erst einmal Verdacht geschöpft, kann sie recht lästig werden.« Linette kicherte. »Nun gehen sie in dem Glauben nach Hause, sie hätten die Freifrau von und zu Knitterbach in ihrem Jagdschlösschen besucht und das ist viel besser.«
Als auch am Montag noch jede Spur von Samantha fehlte, war den meisten klar, dass etwas Schreckliches passiert sein musste.
Frau Mümmel war bemüht, den Unterricht so normal wie möglich zu gestalten.
»Vielleicht ist Samantha bloß ausgerissen und steht morgen wieder vergnügt vor der Tür und lacht uns alle aus«, sagte sie gequält munter.
Niemand aus der 7c glaubte daran, Frau Mümmel selber wohl auch nicht. Ein Schatten lag über der Schule. Schnell hatte sichherumgesprochen, dass ein Mädchen aus der Siebten nach dem Fest verschwunden war. In den Pausen standen die Schüler in kleinen Gruppen zusammen und flüsterten. Niemand wagte, laut zu sprechen und entwischte doch jemandem ein Lachen, schaute er gleich darauf so schuldbewusst drein, als hätte er sich auf einer Beerdigung danebenbenommen.
»Meine Mutter will mich nicht mehr alleine zum Jazz-Dance lassen, das ist vielleicht nervig«, sagte Merle.
»Meine Eltern haben auch einen Rappel bekommen«, stöhnte Daniel. »Überall fahren sie mich jetzt mit dem Auto hin, sogar zur Schule. Mein Vater sagt, wenn er diesen Dreckskerl in die Finger bekommt, macht er Hackfleisch aus ihm. Er ist schließlich Ringer.«
»Dein Vater ist Ringer?«, fragte Birte erstaunt.
»Na, die Figur hat er doch, er sieht aus wie einer dieser japanischen Fleischklopse«, kicherte Merle und schlug sich sofort erschrocken die Hand vor den Mund.
Dreiundzwanzigstes Kapitel
Runa
Magnolia war wie allen anderen das Lachen vergangen. Sie stürzte sich mit einem solchen Ernst in ihre nachmittäglichen Lehrstunden, dass Linette besorgt den Gesundheitszustand ihrer Nichte überprüfte. Erst als sie keine weiteren Krankheitssymptome entdecken konnte, tröstete sie sich mit dem Gedanken, dass ein gewissenhaftes Studium der Magie nur Vorteile brächte und keineswegs schadete. Sie würde Magnolia nicht immer auf jedem ihrer Wege begleiten können und je eher sie gerüstet war, desto besser.
Unbemerkt schlich sich der Herbst in den Spätsommer. Erste Morgennebel kündigten ihn an und das satte Blau des sommerlichen Himmels bekam eine sanftere Tönung. Es war die Zeit der Veränderung. Und auch in Magnolias Leben sollte sich etwas ändern.
Eines Tages kam sie aus der Schule und stellte fest, dass ihre Tante Besuch hatte. Keinen gewöhnlichen Besuch, sondern den Besuch einer anderen Hexe. Nun hatte Magnolia in ihrem Leben noch nicht besonders viele Hexen gesehen, aber dass das Wesen dort in der Wohnstube eine Hexe war, darüber gab es keine Zweifel.
Im Gegensatz zu Tante Linette, die klein, pummelig und eher gemütlich wirkte, machte die hochaufgeschossene Frau dort im Ohrensessel nicht den Eindruck, als sei mit ihr gut Kirschen essen. Ein walnussfarbener, runzeliger Kopf saß auf einem Hals, der dünn war wie ein Blumenstiel, sodass Magnolia ernsthaft befürchtete, er würde abbrechen, als sie ihr damit zunickte.
»Meine Nichte Magnolia«, machte Linette sie miteinander bekannt. »Magnolia, darf ich dir Runa vorstellen, meine alte Freundin, zweite Vorsitzende des Hexenrates und Trägerin des goldenen Pferdefußes.«
Magnolia überlegte gerade, ob man dazu gratulieren müsse, da fuhr Tante Linette auch schon fort. »Es ist eine große Ehre, dass sie sich persönlich auf den Weg gemacht hat, um für deinen Mantel Maß zu nehmen.«
»Ich bekomme einen Mantel?«
»Habe ich dir nicht
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