Magnus Jonson 01 - Fluch
zum Wagen entdeckte Magnus einen Jungen von etwa sechzehn Jahren auf dem Gehöft. Er rief ihm zu: »Hast du den Pastor gesehen?«
»Ja, heute Morgen.« Der Junge wirkte nervös. Magnus beschloss, ihm nicht seinen Beruf zu verraten, weil ihn das nur noch unsicherer machen würde.
»Weißt du vielleicht, wo er ist? Hat er noch ein anderes Auto?«
Der Junge sah, dass der Suzuki in der Garage stand. »Nein. Aber er kann spazieren sein. Das macht er manchmal. Dann ist er den ganzen Tag unterwegs.«
»Danke«, sagte Magnus und sah auf die Uhr. Halb vier. Er fragte Ingileif: »Und jetzt?«
»Du könntest mitkommen zu unserem Haus im Dorf«, schlug sie vor. »Dann zeige ich dir die Briefe von Tolkien an meinen Großvater. Und die Aufzeichnungen meines Vaters über das mögliche Versteck des Rings. Auch wenn ich nicht glaube, dass sie uns groß helfen.«
»Gute Idee«, sagte Magnus. »Dann kommen wir später noch mal zurück.«
Die Austurstræti war nur einen Häuserblock vom Hótel Borg entfernt. Isildur fühlte sich sicherer durch die beiden Männer neben ihm, den großen Trucker aus England und den runzligen isländischen Expolizisten. Als Gimli Axel Bjarnason ein Honorar vorgeschlagen hatte, wollte der sofort alles stehen und liegen lassen, obwohl Gimli den Verdacht hatte, dass der Privatdetektiv nicht allzu viel stehen und liegen zu lassen hatte. Bjarnason hatte kurzes graues Haar, durchdringende blaue Augen und ein wettergegerbtes Gesicht. Er sah eher wie ein Fischer denn wie ein Privatermittler aus, auch wenn Isildur bisher noch nie einen engagiert hatte.
Bjarnason kannte sich offensichtlich in der Stadt aus. Pétur Ásgrímssons Namen hatte er sofort erkannt und nur einige Sekunden gebraucht, um sich zu vergewissern, dass Ingileifs Galerie wirklich da war, wo er vermutete. Keine Viertelstunde später war er im Hótel Borg .
Isildur war nervös, ja sogar ängstlich. Er befand sich in einem seltsamen Land, und Island war wirklich sehr sonderbar. Es hatte einen Mord gegeben, und es bestand die Möglichkeit, dass der Mörder gerade neben ihm ging. Isildur wollte nicht zu lange darüber nachdenken; er hatte beschlossen, Gimli nicht geradeheraus zu fragen, ob er den Professor umgebracht habe.
Die Gefahr verlieh der Situation zusätzliche Spannung. Es war ein riskanter Versuch, vielleicht würde die Polizei den Ring zuerst finden. Vielleicht war der Ring doch eine Fälschung. Vielleicht würde ihn nie jemand finden. Aber es bestand die Möglichkeit, die konkrete Chance, dass Isildur am Ende der Besitzer des wahren Rings sein würde, der namensgebend für Der Herr der Ringe gewesenund von seinem Namensvetter vor tausend Jahren nach Island gebracht worden war.
Das war cool. Das war total cool.
Der Haupteingang des Neon war eine kleine Tür direkt an der Straße, doch Bjarnason führte sie daran vorbei nach hinten. Dort wurde eine zweite Tür von zwei Bierkisten aufgehalten. Ein junger Mann trug Kartons mit Wodka herein.
Bjarnason hielt ihn an und fragte etwas auf Isländisch. Es war eine seltsame Sprache. Isildur fragte sich, welche Sprache von Mittelerde wohl die meiste Ähnlichkeit damit hatte. Eigentlich keine: Quenya war vom Finnischen beeinflusst, und Sindarin basierte auf dem Walisischen. Vielleicht war Isländisch für Tolkien einfach zu naheliegend gewesen – keine Herausforderung.
Vorbei an einer großen Tanzfläche führte der junge Mann sie nach unten, zu einem kleinen Büro. Dort diskutierte ein großer Mann mit kahlrasiertem Schädel ernst mit einer rothaarigen Frau in Jeans und einem T-Shirt mit dem Aufdruck der isländischen Band Severed Crotch.
»Bitte sehr«, sagte Bjarnason zu Isildur. »Ich bin mir sicher, dass er Englisch spricht.«
»Mr. Ásgrímsson?«, fragte Isildur.
Der Mann mit dem kahlen Schädel sah hoch. »Ja?« Keine Andeutung eines Lächelns.
»Ich heiße Lawrence Feldman, und das hier ist mein Kollege Steve Jubb.«
»Was wollen Sie? Ich dachte, Sie säßen im Knast«, sagte Ásgrímsson.
»Steve war die ganze Zeit unschuldig«, sagte Isildur. »Wahrscheinlich hat die Polizei das irgendwann eingesehen.«
»Also, wenn Sie die Saga wollen, die hat die Polizei. Und wenn die damit durch ist, werden wir sie ganz bestimmt nicht an Sie verkaufen.«
Ásgrímsson war aggressiv, doch Isildur ließ sich nicht ein schüchtern. Er war daran gewöhnt, von anderen herumgeschubstzu werden. Alle unterschätzten den Programmierer, auch wenn sie dessen Können für ihre Firma
Weitere Kostenlose Bücher