Magnus Jonson 01 - Fluch
überprüfen.
Zuerst brauchte er seine Dosis Koffein. Kaum hatte er die Tasse ausgetrunken, nahm er seine Jacke und ging nach draußen zu seinem Wagen.
Diego war nicht zufrieden.
Den Großteil des Tages hatte er damit verbracht, am Busbahnhof Hlemmur herumzulungern, direkt gegenüber vom Polizeipräsidium. Magnus hatte das Gebäude weder betreten noch verlassen. Natürlich wusste Diego nicht genau, ob Magnus überhaupt da drin war, denn zusätzlich zu den beiden Eingängen vorn musste es eigentlich noch eine Hintertür geben, die auf den Parkplatz führte.
Außerdem fiel Diego in diesem Land auf wie ein bunter Hund. Es war dermaßen weiß . Nicht einfach nur europäisch, nicht hellbraun, nein, absolut durch und durch weiß. Die Menschen waren so blond, dass ihr Haar fast schon farblos war. Nirgends sah man Sonnenbräune, und schon gar keine von Natur aus braune Haut.
Diego war es gewohnt, in der Masse unterzugehen. Man würde ihn wohl als Latino bezeichnen, aber er hätte genauso gut Araber, Türke, ein gebräunter Italiener oder eine Mischung all dieser Landsleute sein können. In einer amerikanischen Stadt fiel er überhaupt nicht auf. Selbst als er diesen Anwalt in jener Kleinstadt in Maine ausgeschaltet hatte, war er kaum jemandem aufgefallen. In jeder Stadt in Amerika gab es Menschen, die aussahen wie er.
Hier nicht.
Wo waren eigentlich die verdammten Eskimos? Die hatten dochschwarzes Haar und braune Haut. Diego war überzeugt: In diesem Land lebten gar keine.
Das hier brachte nichts. Er wog seine Möglichkeiten ab. Er hatte im Polizeipräsidium angerufen, um zu erfahren, ob dort ein Magnus Jonson arbeitete. Ja, bei der Verkehrspolizei. Diego war sich ziemlich sicher, dass das nicht der Jonson war, den er suchte.
Wie sollte es also weitergehen? Er konnte einfach reingehen und fragen, ob auf der Dienststelle ein amerikanischer Cop beschäftigt war. So was sprach sich bestimmt herum; wenn derjenige, an den er sich wandte, es nicht selbst wusste, würde er es schnell herausfinden können. Dumm war, dass Jonson dann erfahren würde, dass jemand nach ihm gefragt hatte. Diego wollte seine Zielperson aber nicht vorwarnen.
Er könnte sich wieder an die Litauer wenden. Er wusste, dass sie von Soto großzügig bezahlt worden waren, um Diego zu helfen. Er sah ein, dass die Litauer in einem so kleinen Land wie diesem sicherstellen wollten, nicht mit einem Auftragsmord in Verbindung gebracht zu werden, aber sie konnten ihn sicherlich mit einem Dritten bekannt machen, der ihm helfen würde. Mit einem Privatdetektiv oder einem korrupten Anwalt. Der Isländisch sprach. Und weißer als weiß war.
Ihm blieb nicht viel Zeit. Jonson konnte jeden Moment in ein Flugzeug steigen und zurück in die Staaten fliegen. Einmal dort angekommen, wäre es ein Leichtes für das FBI, ihn für die wenigen Tage bis zum Prozess in Sicherheit zu bringen.
Diego saß im Café im Busbahnhof und trank die vierte oder fünfte Tasse Kaffee. Seine Augen huschten zwischen den beiden Eingängen hin und her.
Ein großer Mann kam heraus. Ein großer Mann mit rotem Haar.
Das war er!
Diego ließ den halbleeren Kaffeebecher stehen und rannte fast aus dem Busbahnhof.
An die Arbeit!
Magnus lief die Straße hinauf in Richtung Grand Rokk. Es war halb neun, und er hatte den Eindruck, an diesem Abend auf dem Revier nicht mehr gebraucht zu werden.
Baldur war fuchsteufelswild gewesen. Alle positiven Eindrücke, die er zuvor von Magnus bekommen hatte, waren verflogen. War um, hatte er geschrien, habe Magnus ihn nicht sofort angerufen, als ihm klargeworden war, dass Hákon der Vater von Tómas sei? Warum sei er nicht bei Hákon in Hruni geblieben und habe auf Verstärkung gewartet, damit der Pastor verhaftet werden konnte?
Warum habe er Hákon davonkommen lassen?
Während die Kollegen aus der Abteilung Gewaltkriminalität wie die Ameisen herumliefen, stand Magnus dumm da und hatte nichts zu tun. Er konnte genauso gut gehen.
Der Barkeeper erkannte ihn und zapfte ihm ein großes Thule. Einige Stammgäste grüßten. Aber Magnus war nicht nach Plaudern zumute, wie beiläufig auch immer es war. Er ging mit seinem Bier zu einem Hocker in der Ecke und trank es in Ruhe.
Auf gewisse Weise hatte Baldur natürlich recht. Magnus hatte aus durchaus nicht hehren Motiven bis zu seiner Rückkehr nach Reykjavík gewartet, um Baldur darüber zu informieren, was er von Hákon erfahren hatte. Denn so ließ nicht Baldur, sondern Magnus die Geschichte von Tómas
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