Magnus Jonson 01 - Fluch
auf.«
»Das ist ein Profi. Der sagt nichts.« Magnus hatte dem Kollegen, der am Vorabend seine Aussage aufgenommen hatte, alle ihm bekannten Informationen gegeben, auch wen man bei der Bostoner Polizei ansprechen könne. Es war ihm sehr deutlich gesagt worden, dass Baldur nichts davon hielt, wenn Magnus den Dominikaner befragte.
»Sie könnten ja theoretisch den Nächsten schicken, oder?«, über legte Vigdís. »Noch einen Killer.«
»Die werden ein, zwei Tage brauchen, bis sie merken, dass etwas schiefgelaufen ist, dann kommt jemand anders rüber, um den Job zu erledigen. Aber ich bin bald weg.«
»Halt die Augen offen!«, sagte Vigdís. »Jetzt, wo Árni nicht mehr auf dich aufpassen kann.«
Magnus grinste. »Mach ich.« Vigdís hatte recht. In den nächsten vierundzwanzig Stunden mochte er in Sicherheit sein, aber bis er in einigen Tagen in die Staaten zurückflog, sollte er sich besser einen Ort zum Untertauchen suchen.
»Wenn du bei irgendwas Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid, ja?«
»Ja, danke.«
Als Vigdís ging, fuhr Magnus seinen Computer hoch. Er musste dem FBI und Williams persönlich mitteilen, was passiert war. Doch bevor er seine Nachricht schrieb, erblickte er eine neue E-Mail im Posteingang. Sie war direkt an ihn gegangen, nicht über das FBI.
Hi, Magnus,
ich muss Dir ganz dringend was sagen. Vor ein paar Tagen ist ein Typ abends in meine Wohnung eingebrochen und hat mir eine Pistole in den Mund gehalten. Er wollte wissen, wo Du bist.
Ich hab durchblicken lassen, dass Du die Domain der Polizei von Reykjavík in Deiner E-Mail-Adresse hattest.
Das liegt mir echt im Magen. Ich hab’s nicht im Dezernat erzählt, aber ich dachte, Du müsstest Bescheid wissen, damit Du auf der Hut sein kannst.
Johnny Yeoh
Zorn stieg in Magnus auf. Er klickte auf »Antworten« und begann zu tippen, doch nach den ersten Wörtern hielt er inne. Eigentlich konnte er Johnny keinen Vorwurf machen. Die Pistole war echt gewesen, die Bedrohung real. Wenn Johnny dem Mann nicht gesagt hätte, was der wissen wollte, hätte er einen Kopfschuss riskiert.
Obwohl, er hätte Magnus auch früher warnen können.
Am wütendsten war Magnus auf sich selbst. Er hätte nicht die schlichten vom FBI aufgestellten Vorschriften verletzen sollen. Es gab einen Grund dafür, dass er keine E-Mails direkt an Personen in Amerika schicken sollte. Wie sich jetzt herausstellte, einen sehr guten Grund.
Er löschte die halbverfasste Mail und ersetzte den Text durch ein schlichtes »Danke für die Info«. Johnny Yeoh würde ohnehin großen Ärger bekommen, nicht weil er Magnus’ Aufenthaltsort verraten hatte, sondern weil er das nicht umgehend gemeldet hatte. Und das würde früher oder später herauskommen.
Magnus verfasste eine E-Mail an Williams, in der er beschrieb, was am Vorabend geschehen war, aber unerwähnt ließ, dass Johnny Yeoh den Dominikanern den Tipp mit Island gegeben hatte.
Dann merkte er, dass ihm jemand auf Árnis Stuhl gegenübersaß: Snorri Gudmundsson, der Nationale Polizeichef von Island.
Magnus hatte mit einer Vorladung ins Büro des Polizeichefs gerechnet. Aber nicht mit einem Besuch.
»Wie geht es dir, Magnus?«, fragte der Polizeichef.
»Schwer in Worte zu fassen«, sagte Magnus. »Ich mache mir Vorwürfe wegen Árni.«
»Lass das sein«, sagte der Polizeichef. »Ich wusste, dass dein Leben in Gefahr war. Dass sie dich hier möglicherweise suchen würden. Ich dachte natürlich nicht, dass einer meiner Beamtenangeschossen würde, aber da habe ich mich geirrt. Dafür bin ich verantwortlich, nicht du.« Der Polizeichef seufzte. »Gott sei Dank wird er’s überleben.«
»Sagen das die Ärzte?«, fragte Magnus.
»Sie sind sich noch nicht hundertprozentig sicher, aber es sieht jede Stunde besser aus.«
»Árni ist ein mutiger Mann«, sagte Magnus. »Ein sehr mutiger.« »Das stimmt.«
»Hör zu, Snorri, das wollte ich dir noch sagen: Gestern habe ich Nachricht von meinem Chef bekommen. Der Prozess in Boston ist auf nächste Woche vorgezogen worden. Ich muss rüberfliegen und aussagen.«
»Das ist gut.«
»Ich glaube nicht, dass ich zurückkomme.«
»Ich glaube schon.« Die stahlblauen Augen des Polizeichefs zwinkerten.
Fragend hob Magnus die Augenbrauen.
»Darüber haben wir bei deiner Ankunft doch gesprochen. Ich möchte, dass du zwei Jahre hierbleibst.«
»Ja, aber nach allem, was passiert ist ...«
»Wir haben ein Ergebnis im Fall Agnar. Wir wissen, wer der Mörder ist, jetzt müssen wir ihn nur
Weitere Kostenlose Bücher