Magnus Jonson 01 - Fluch
ihr kam ein Mitarbeiter aus der IT-Abteilung. Er gab Magnus ein Passwort und zeigte ihm in wenigen Minuten, wie man den Computer benutzte, auch wie man ins E-Mail-Programm kam.
Als der Mann gegangen war, saß Magnus da und starrte auf den Bildschirm vor sich. Jetzt war es so weit. Magnus konnte es nicht länger vor sich herschieben.
Es hatte sich herausgestellt, dass die FBI-Männer, die Magnus in den letzten Tagen in Massachusetts begleitet hatten, zur Außenstelle Cleveland gehörten. Einer der beiden, Agent Hendricks, war zu seiner Kontaktperson bestimmt worden. Magnus hatte sich einverstanden erklärt, niemals in den Vereinigten Staaten anzurufen, nicht einmal Deputy Superintendent Williams. Ganz besonders nicht Deputy Superintendent Williams. Die nie ausgesprochene Befürchtung in den Köpfen von Magnus, dem FBI und Williams selbst war, dass die drei verhafteten Cops nicht auf eigene Rechnung agierten. Dass sie Komplizen oder vielleicht auch nur Freunde bei der Polizei von Boston hatten, Freunde, für die es höchstens einen Tag Arbeit bedeuten würde, Magnus’ Aufenthaltsort herauszufinden.
Deshalb hatten sie beschlossen, die Kommunikation auf E-Mails zu beschränken. Selbst die konnte Magnus nicht direkt versenden, sondern nur über Agent Hendricks in Cleveland. Magnus musste sich an diese Vorgehensweise selbst dann halten, wenn er Colby kontaktieren wollte.
Und er musste Colby dringend erreichen. Er wollte nicht das Risiko auf sich nehmen, dass sie seinetwegen angegriffen oder getötet würde. Sie hatte ihn in die Enge getrieben, das musste er akzeptieren.
Magnus schaute lange auf den Monitor und legte sich im Kopf Argumente, Rechtfertigungen und Erklärungen zurecht, doch er kannte Colby und wusste, dass es gefährlich werden konnte, wenn er ihr Gelegenheit gab, die Sache zu verkomplizieren. Deswegen schrieb er schlicht und einfach:
Die Antwort auf Deine Frage ist »Ja«. Komm jetzt bitte zu mir. Ich mache mir große Sorgen um Dich.
Alles Liebe
Magnus
Nicht sehr romantisch – kaum der richtige Anfang für ein Leben zu zweit. Auch wenn Magnus sich zu Colby hingezogen fühlte, sie sogar liebte, war er, je besser er sie kennenlernte, immer mehr davon überzeugt, dass eine Heirat ein Fehler wäre. Es war nicht nur seine Bindungsangst, obwohl Colby natürlich völlig recht hatte, dass sie auch ein Grund war. Magnus wusste einfach: Wenn es irgendwo eine Frau gab, mit der er den Rest seines Lebens verbringen könnte, dann war das nicht Colby. Ihr jüngster Coup war ein gutes Beispiel für ihren Charakter.
Aber er hatte keine Wahl. Sie hatte ihm keine Wahl gelassen.
Er verfasste einen kurzen Bericht für Williams; er sei in Sicherheit und per E-Mail zu erreichen, falls Williams Näheres zum Datum des Prozesses erfahren sollte.
Magnus überlegte, ob er Ollie schreiben sollte, wie sein Bruder sich nun nannte, entschied sich aber dagegen. Das FBI hatte Ollie informiert, dass Magnus untertauchen würde, ein Agent hatte seine Sachen aus dem Gästezimmer in Ollies Haus geholt. Das würde reichen müssen – je weniger Magnus mit Ollie zu tun hatte, umso besser. Ihm wurde klar, dass nicht nur Colby Gefahr von der Soto-Bande drohte, auch sein Bruder war ein potenzielles Opfer. Und dessen Frau und Kinder.
Magnus schloss die Augen. Im Moment konnte er nichts daran ändern, nur hoffen, dass die Gangster sie in Ruhe ließen.
O Gott! Vielleicht hatte Colby doch recht gehabt. Vielleicht hätte er einfach so tun sollen, als hätte er Lenahans Gespräch nicht mitgehört.
In seinen geliebten Sagas erfüllten die Helden natürlich immer ihre Pflicht. Andererseits nahmen die meisten ihrer Verwandten vor dem Schluss der Geschichte ein blutiges Ende. Mutig zu sein, wenn es die eigene Haut betraf, war leicht, viel schwerer war es, wenn andere ins Spiel kamen. Magnus fühlte sich eher wie ein Feigling denn als Held; er war in Island in Sicherheit, während sein Bruder und seine Freundin sich in Gefahr befanden.
Doch dann meldete sich der uralte isländische Instinkt. Wenndiese Schweine Colby oder Ollie auch nur ein Härchen krümmten, würden sie dafür büßen müssen. Alle, ohne Ausnahme.
Um zwei Uhr nachmittags hielt Baldur eine zweite Besprechung ab. Die Mannschaft war immer noch frisch und bei der Sache.
Er begann mit den ersten Ergebnissen der Obduktion. Es sah so aus, als sei Agnar ertrunken; in seiner Lunge hatte man Schlamm gefunden, ein Hinweis darauf, dass er beim Kontakt mit dem Wasser noch geatmet haben
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