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Magnus Jonson 01 - Fluch

Titel: Magnus Jonson 01 - Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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oder?«
    Árni zuckte zusammen. Das huldufólk , das verborgene Volk, war der Oberbegriff für elfenähnliche Wesen, die angeblich überall in Island in Felsen und Steinen lebten. Normalerweise waren die Isländer stolz auf ihren Glauben an diese Wesen; es wurden sogar Autobahnen umgelegt, um keinen Felsen entfernen zu müssen, der dem Vernehmen nach von diesen Wesen bewohnt wurde. Baldur wehrte sich dagegen, dass seine Mordermittlung in den Einfluss der lästigsten Form des isländischen Aberglaubens geriet.
    »Árni könnte recht haben«, sagte Magnus. »Wir wissen, dass Steve Jubb und Isildur, wer auch immer das ist, ein Geschäft mit Agnar vorhatten. Wenn sie sich untereinander darüber austauschten, könnten sie eine Geheimsprache verwendet haben. Beide sind Fans von Der Herr der Ringe , was läge daher näher als Elbisch?«
    Baldur schürzte die Lippen. »In Ordnung, Árni. Schau mal, obdu in Island jemanden finden kannst, der Elbisch spricht, und frag ihn, ob er das hier erkennt. Und dann lass es ihn übersetzen.«
    Baldur schaute sich am Tisch um. »Wenn Steve Jubb es uns nicht sagen will, müssen wir selbst herausfinden, wer dieser Isildur ist. Wir müssen uns mit der englischen Polizei in Yorkshire in Verbindung setzen und fragen, ob sie uns bei Jubbs Freunden behilflich sein kann. Und wir müssen in allen Kneipen und Restaurants in Reykjavík herumfragen, ob Jubb, abgesehen von Agnar, noch jemand anders getroffen hat. Vielleicht ist Isildur ja in der Stadt; das erfahren wir aber nur, wenn wir uns umhören. Ich werde außerdem Agnars Ehefrau befragen.« Baldur erteilte jedem am Tisch eine gesonderte Aufgabe, nur Magnus nicht. Dann war die Besprechung beendet.
    Magnus folgte dem Inspektor auf den Gang. »Hast du etwas dagegen, wenn ich Vigdís zu dem Gespräch mit der Schwester des kleinen Jungen begleite, der gestorben ist?«
    »Nein, mach nur«, sagte Baldur.
    »Was denkst du so bisher?«, fragte Magnus.
    »Was soll das heißen, was ich denke?«, gab Baldur zurück und blieb stehen.
    »Ach, komm! Du musst doch irgendein Gefühl haben.«
    »Ich bleibe nach allen Seiten offen. Ich sammle Beweismittel, bis nur noch eine Erklärung übrig bleibt. Macht ihr das in Amerika nicht auch so?«
    »Doch, natürlich«, sagte Magnus.
    »Wenn du helfen willst, dann besorg uns Isildur!«

Ingileif Ásgrímsdóttir war Inhaberin einer Kunstgalerie auf der Skólavörðustígur, einer Straße, die für Isländer einen klangvollen Namen hatte. New York hatte seine Fifth Avenue, London die Bond Street und Reykjavík eben die Skólavörðustígur. Die Straße führte von der Laugavegur, der größten Geschäftsstraße der Stadt, zur Hallgrímskirkja oben auf der Anhöhe. Kleine Läden säumten die Straße, teils aus Beton, teils aus bunt bemaltem Wellblech, in denen Kunstzubehör, Schmuck, Designermode und exotische Lebensmittel verkauft wurden. Aber auch hier hatte die Finanzkrise ihre Wirkung gezeitigt: In manchen Schaufenstern wurden Räumungsverkäufe angekündigt, andere waren vernagelt.
    Vigdís parkte ihren Wagen einige Meter unterhalb der Galerie. Über ihr und Magnus ragte der gewaltige Betonturm der Kirche in den Himmel. Entworfen in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, wurde er von zwei großen Flügeln gestützt, die sich vom Boden emporschwangen. Der Kirchturm sah aus wie Islands ganz eigene Version eines Interkontinentalsprengkörpers oder einer Mondrakete.
    Als Magnus aus dem Auto stieg, wurde er beinahe von einer rund zwanzigjährigen blonden jungen Frau in limonengrünem Pulli und kurzem Rock mit Leopardenprint umgefahren. Auf dem Fahrrad raste sie die Straße hinunter. Wo war die Verkehrspolizei, wenn man sie mal brauchte?
    Vigdís drückte die Tür zur Galerie auf, und Magnus folgte ihr hinein. Eine Frau – wahrscheinlich Ingileif Ásgrímsdóttir – unterhielt sich auf Englisch mit einem Touristenpärchen. Vigdís wolltesie unterbrechen, aber Magnus stupste sie an und sagte: »Warten wir, bis sie fertig ist.«
    Und so musterten Magnus und Vigdís die zum Verkauf stehen den Objekte in der Galerie und beobachteten dabei unauffällig Ingileif. Sie war eine schlanke Frau mit blondem Haar und Pony, der ihr in die Augen fiel. Der Rest war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Das breite Lächeln unter den hohen Wangenknochen setzte sie mit größtmöglicher Wirkung bei den Kunden ein, ein englisches Pärchen, das sich anfänglich für einen kleinen Kerzenhalter aus grober roter Lava interessiert

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