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Magnus Jonson 01 - Fluch

Titel: Magnus Jonson 01 - Fluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Familienmitglieder. Schließlich war sie die Nüchterne, die Vernünftige – hatte sie wenigstens gedacht.
    Jetzt war der arme Aggi ermordet worden. Und Ingileif hatte dummerweise versucht, die Existenz der Saga vor der Polizei zu verheimlichen. Das hätte niemals funktioniert. Doch selbst jetzt verheimlichte sie noch etwas.
    Ingileif schaute auf ihre Handtasche, in die sie den Umschlag geschoben hatte, kurz bevor die Polizei kam und die Saga mitnahm. Den anderen Umschlag.
    Sie musste an den großen rothaarigen Kommissar mit dem leichten amerikanischen Akzent denken. Er wollte denjenigen finden, der Agnar auf dem Gewissen hatte, und Ingileif besaß Informationen, die ihm sicherlich helfen würden. Es war jetzt viel zu spät, um den Mund zu halten; die Polizei würde es sowieso früher oder später herausfinden. Der Verrat war begangen, der Fehlergemacht, die Konsequenzen ergaben sich von selbst. Ingileif konnte nichts mehr tun, um die Saga zurück in den Safe zu befördern.
    Vor dem Höfdi-Haus blieb Ingileif stehen. In diesem eleganten Herrenhaus mit der weißen Holzfassade hatten sich Gorbatschow und Reagan getroffen, als Ingileif sechs Jahre alt war.
    Sie kramte die Telefonnummer des Kommissars aus ihrer Handtasche und tippte die Ziffern in ihr Handy.

    Colby wartete auf dem Bürgersteig darauf, dass die Bank öffnete. Sie marschierte sofort zum Kassierer, kam als Erste an die Reihe und hob zwölftausend Dollar von ihrem Konto ab. Dann fuhr sie zu einem Laden für Campingzubehör und kaufte sich ihre Ausrüstung zusammen.
    Als der Mann mit der Waffe ihr Apartment verlassen hatte, war sie zu verängstigt gewesen, um zu schreien. Richard war keine große Hilfe gewesen: Er war aus dem Badezimmer gehuscht, hatte vor sich hin gemurmelt, seine Anwaltskarriere sei ihm viel zu wichtig, um etwas mit Gangstern zu tun zu haben, Colby solle sich ihre Freunde besser aussuchen. Teilnahmslos hatte sie zugesehen, wie er hastig seine Klamotten anzog und verschwand. Er vergaß seine Jacke.
    Pech.
    Sie war froh, dass sie dem Gangster nichts von Island gesagt hatte. Colby war nahe dran gewesen; sie hatte solche Angst gehabt, dass sie Magnus beinahe verraten hätte. In der letzten Sekunde war ihr Schweden eingefallen. Magnus hatte ihr erzählt, dass er früher »der Schwede« genannt worden war, und das hatte sie nicht vergessen.
    Der Schlägertyp hatte ihr geglaubt. Davon war sie überzeugt.
    Sie hoffte, dass er und seine Freunde etwas länger bräuchten, um den Fehler zu entdecken, doch dann wäre Colby nicht mehr da. In der Nähe von Magnus wollte sie auf keinen Fall sein. Jetzt nahm sie seine Warnung ernst. Colby ging keine Risiken mit Kreditkarten,Hotels und Freunden ein. Niemand würde wissen, wo sie wäre.
    Sie würde untertauchen.
    Vom Campingladen ging sie in den Supermarkt. Mit dem Kofferraum voller Vorräte fuhr sie nach Westen. Irgendwann wollte sie nach Norden abbiegen, Richtung Maine oder New Hampshire, und sich dort in der Natur verdrücken. Aber zuerst musste sie noch etwas erledigen. Bei dem Vorort Wellesley fuhr sie von der Interstate ab. Sie fand ein Internetcafé und holte sich einen Becher Kaffee.
    Die erste E-Mail ging an ihren Chef. Sie schrieb, dass sie nicht zur Arbeit kommen würde und es nicht erklären könne, doch solle er sich keine Sorgen machen. Die zweite Mail war für ihre Mutter bestimmt und hatte im Großen und Ganzen denselben Inhalt. Es gab keine Möglichkeit, die Nachricht so zu formulieren, dass ihre Mutter nicht wahnsinnig vor Sorge werden würde, daher versuchte Colby es nicht einmal.
    Die dritte E-Mail war an Magnus gerichtet.

Es waren höchstens zehn Minuten Fußweg vom Polizeipräsidium zum Höfdi-Haus, wo Ingileif sich mit Magnus treffen wollte. Nach dem Würstchen, das er sich auf dem Rückweg vom Büro des Polizeichefs beim Imbiss am Busbahnhof geholt hatte, ging es ihm ein wenig besser, aber er musste sich dennoch stark zusammenreißen, um einen klaren Kopf zu bekommen.
    Magnus kam sich unheimlich blöd vor. Seine Entschuldigung beim Nationalen Polizeichef war aufrichtig gewesen; er war dankbar für alles, was der Mann für ihn getan hatte, und doch hatte Magnus ihn enttäuscht. Seine Kollegen hatten anfänglich Ehrfurcht vor ihm gezeigt, jetzt würden sie ihn nur noch für eine Lachnummer halten. Kein guter erster Eindruck.
    Außerdem hatte er Angst. Es gab Familien, die zum Alkoholismus neigten. Wenn es ein Gen dafür gab, hatte er es sicherlich geerbt. Damals am College hatte er

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