Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath

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schwerer zu befragen als ein Verdächtiger, der keinen Ton sagte. »Tut mir leid, Vigdís. Was sagt dir der Junge?«
    »Er hat riesige Schuldgefühle. Er weiß genau, wovon wir sprechen. Ich habe ihn nach Gabríel Örn, Óskar und Julian Lister gefragt, und er war bei keinem einzigen Namen überrascht. Er kennt Harpa, Sindri und Björn. Und es sieht aus, als wüsste er, dass er ins Gefängnis wandert.«
    »Warum sagt er dann nichts?«
    »Keine Ahnung. Meiner Meinung nach werden wir mit der sanften Methode bei ihm am weitesten kommen. Und wenn das nicht klappt, können wir immer noch ausprobieren, wie es wirkt, wenn er über Nacht hierbleiben muss.«

    »Ist Baldur damit einverstanden?«
    »Hab ich mit ihm abgestimmt.«
    »Eine Nacht im Bau kann Wunder wirken«, sagte Magnus. »Ich wäre zu gern dabei. Ruf mich an, wenn es irgendwie vorwärtsgeht, ja?«

    Magnus kehrte in seine Wohnung zurück und wartete auf Meldung von Vigdís. Es kam nichts. Genauso wenig hörte er von Ingileif. Das war sonderbar. Die Icesave-Kundgebung hatte am späten Nachmittag stattgefunden. Was hatte sie danach vorgehabt?
    Er begriff diese Frau einfach nicht.
    Am Ende fand er Trost in einer Saga, der bewährten Arznei seiner Jugend. Er wählte die Eyrbyggja , die Saga der Menschen von Eyri. Innerhalb weniger Minuten verlor er sich in der Welt der nordischen Siedler um Ketill Plattnase, Björn aus dem Osten, der den ersten Hof in Bjarnarhöfn gebaut hatte, von Arnkel, Snorri Goði und Þórólf Hinkefuß. Die Landschaft um Bjarnarhöfn war in der Saga lebendiger und näher als in seiner eigenen Erinnerung.
    Gegen elf Uhr klingelte es an der Tür. Es war Ingileif.
    »Hi!« Sie gab ihm einen Kuss, als er ihr öffnete. »Hi, Katrín«, winkte sie Magnus’ Vermieterin zu, als sie die Treppe zu seinem Zimmer hinaufstieg. Bei einer Stufe trat sie daneben. »Hoppla!«
    In seinem Zimmer küsste sie Magnus erneut. »Tut mir leid, dass ich so spät bin«, sagte Ingileif.
    »Schon gut.«
    »Ich bin ja sooo betrunken.«
    Das hatte Magnus auch schon bemerkt. »Wo bist du gewesen?«, fragte er und versuchte, einen anklagenden Ton zu vermeiden.
    »Hab deinen Fall gelöst.«
    »Was soll das heißen?«
    Ingileif begann, sein Hemd aufzuknöpfen. »Erzähl ich dir anschließend.«
    »Was meinst du damit: Du hast meinen Fall gelöst? Hast du Sindri auf der Kundgebung gesehen?«

    »Yep.« Sie lächelte. Magnus’ Hemd war aufgeknöpft. Ihre Hände tasteten nach seiner Hose.
    »Du hattest die ganze Zeit vor, ihn dort zu treffen?«
    »Yep.«
    Magnus spürte Wut in sich aufsteigen. Das hatte er Ingileif ausdrücklich verboten. Er wich zurück.
    »Was hast du denn?«, fragte sie. »Du wärst so stolz auf mich gewesen. Er hat mir alles erzählt.«
    »Was? Was hat er dir erzählt?«
    Ingileif setzte sich auf Magnus’ Bett. »Alles. Wie er Óskar erschossen hat. Und den britischen Schatzkanzler. Alles.«
    » Er hat auf den Kanzler geschossen?«
    »Nein, nicht er selbst. Er und seine Freunde.«
    Magnus setzte sich neben sie aufs Bett. Obwohl er sauer auf Ingileif war, wollte er unbedingt wissen, was sie herausbekommen hatte. »Wer sind seine Freunde?«
    »Keine Ahnung. Hab ich nicht gefragt. Aber es ist eine ganze Gruppe. Er ist der Anführer. Sie halten den Kapitalismus für einen Fehler. Ich kann dir jetzt genau erzählen, was mit dem Kapitalismus nicht stimmt, habe ich mir nämlich stundenlang angehört.«
    Sie schwankte und richtete sich wieder auf, drohte aber umzufallen. »Hab mich bei der Icesave-Kundgebung auf dem Austurvöllur an ihn rangemacht. Er sprach mich an. Wir gingen Kaffee trinken. Dann noch mehr Kaffee. Dann gingen wir zu ihm. Tranken was. Und noch mehr. Tranken eine ganze Menge. Dann wollte er mir an die Wäsche.«
    »Und dann?«
    Ingileif kicherte. »Da bin ich schnell zu dir gelaufen, was denkst du denn? Er hat sich ein bisschen aufgeregt. Er meint jetzt wohl, ich hätte ihn ausgenutzt.«
    »Da könnte er sogar recht haben«, bemerkte Magnus.
    »He! Er hat zugegeben, dass sie Leute umbringen wollten, die ihrer Meinung nach für die kreppa verantwortlich sind. Den Direktor einer Bank. Den britischen Ex-Schatzkanzler. Und andere.«

    »Noch andere? Zum Beispiel? Hast du das herausbekommen?«
    »O ja«, sagte Ingileif. Und kicherte. »Er hat es mir gesagt. Ingólf Arnarson.«
    »Wer ist das denn? Wenn es nicht der ist, der Island entdeckt hat.«
    »Keine Ahnung. Ich schlage vor, du schlägst im Telefonbuch nach und sagst dem Betreffenden, er darf