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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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gewesen, doch in den Bergen hing die Feuchtigkeit. Nebel umwaberte das Gestein, in der Luft lag das gedämpfte Plätschern tropfenden Wassers.

    Die Tür zur Hütte stand auf, sie war nie verschlossen, damit Wanderer in ihr Zuflucht suchen konnten. Innen war sie überraschend sauber. Es gab Anzeichen, dass sie vor nicht allzu langer Zeit genutzt worden war: ein Kaugummipapier auf dem Boden, eine leere Flasche Wodka auf der Fensterbank. Mit Sicherheit waren das die Treiber gewesen – Björn meinte, dass eine Woche zuvor in Helgafellssveit das réttir stattgefunden hatte. Es gab einen Ofen, und eine Leiter führte zum Schlafboden hinauf. Björn war von Reykjavík direkt zu seinem Haus nach Grundarfjörður gefahren und hatte die nötige Ausrüstung in den Pick-up geladen: Schlafsäcke, Bettzeug, Holz für den Ofen, Lebensmittel und weiteres Campingzubehör. Es reichte für die nächsten drei Tage.
    Außerdem hatte er viele Stricke dabei.
    Er packte die noch immer schlummernde Harpa in einen Schlafsack auf dem Dachboden und entfachte ein Feuer im Ofen. Dann stellte er Kaffeewasser auf.
    Er warf einen Blick auf sein Handy. Kein Empfang – nicht gerade überraschend. Das könnte ein Problem werden. In den nächsten zwei Tagen würde er sich mit den anderen austauschen müssen, dafür würde er über den Pass zurück in Richtung Stykkishólmur fahren müssen, bis er Empfang hatte.
    Björn brühte den Kaffee auf und nahm ihn mit nach draußen. Er setzte sich auf die Stufe vor der Hütte und sah zu, wie das Licht aus dem feuchten Tal sickerte und die Dämmerung sich hinabsenkte. Auf der anderen Seite des Flusses flatterte ein Rabe durch die Luft, sein Krächzen verklang im Nebel.
    Der Ort war unheimlich. Mit einem Lächeln dachte Björn an die Nacht in seiner Kindheit, als er zusammen mit seinen Cousins in der Hütte übernachtet hatte. Der Schauder der Angst. Nicht nur die Kerlingin wartete auf sie. Es gab eine Geschichte, die alle Kinder in der Gegend kannten. Sie handelte von einem Busfahrer, der mit einem leeren Bus über den Pass fährt. Plötzlich spürt er, dass er beobachtet wird, und als er sich umdreht, ist der Bus voller Menschen.
    Geister.

    Doch Björn fühlte sich hier sicher. Noch wichtiger war, dass Harpa sicher war. Am liebsten wäre er für immer mit ihr hier geblieben, fern der Welt da draußen, weit weg von der kreppa , den Bankern und korrupten Politikern. Fern der Welt, gegen die sich zu erheben und zu kämpfen er beschlossen hatte.
    Würde er Harpa erklären können, was er und die anderen getan hatten? Er konnte es versuchen.
    Es war nichts von ihr zu hören. Theoretisch ließ die Wirkung des Mittels nach acht Stunden nach. Praktisch wettete Björn, dass Harpa die ganze Nacht durchschlafen würde.

    Der Pub in Shoreditch war gut besetzt, es war kaum noch Platz für die acht Studenten, die sich um zwei zusammengeschobene Tische quetschten. Sophie kannte die meisten kaum, doch als ihre Freundin Tori sie gefragt hatte, ob sie mitgehen wollte, etwas trinken, hatte sie zugestimmt. Sophie hatte einen unproduktiven Nachmittag in der Bibliothek hinter sich.
    Sie machte sich Sorgen wegen Zak. Die einzige Antwort von ihm, die sie bis jetzt auf ihre zahlreichen SMS erhalten hatte, bestand aus einer Zeile: Es sieht nicht gut aus. Wenn er doch mit ihr reden würde, anstatt dichtzumachen.
    Außer ihr saßen noch drei Mädchen und vier Jungs am Tisch. Sophie kannte die anderen nicht besonders gut, auch wenn sie alle mit ihr Politik studierten. Die Unterhaltung war von Big Brother auf Julian Lister gekommen. Sophie hörte jedoch nicht richtig hin.
    »Das heißt also, er kommt durch?«
    »Angeblich wird er wieder gesund.«
    »Ich hab gehört, sein Zustand wäre noch kritisch.«
    »Nein, es wurde heute Abend im Radio durchgegeben. Jetzt meinen die Ärzte, er würde sich wieder vollständig erholen.«
    »Und, wer war es nun?«
    »Al-Qaida.«
    »Aber die arbeiten doch sonst mit Bomben, nicht mit Gewehren.«
    »Doch, al-Qaida. Eine holländische Zelle.«

    »Holländisch?«
    »Ja, es wurde ein Motorrad mit holländischem Kennzeichen direkt da gesehen, wo auf ihn geschossen wurde.«
    »Es sind die Isländer.«
    Sophie horchte auf. Der Typ, der das gesagt hatte, war ein großer Schlaks mit längeren Locken. Sie meinte, er heiße Jeff.
    »Die Isländer? Red nicht so ’n Stuss, Josh. Wieso nicht die Grönländer?« Also nicht Jeff, sondern Josh.
    »Nein, das meine ich ernst.« Josh beugte sich vor, seine Augen blitzten.

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