Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
und mit klopfendem Herzen folgte sie ihm durch die Tapete. Sie dachte nicht einmal daran, dass sie sich an der Wand stoßen könnte.
    In Kununs Suite brannte noch immer Licht. Hanna schnappte nach Luft, hin- und hergerissen zwischen einem Lachkrampf und absoluter Panik.

    »Er hat uns nicht gesehen, oder? Nur gut, dass wir da weg sind.«
    Mattim hob das Buch auf, das sie fallen gelassen hatte, und legte es behutsam zurück auf den Schreibtisch. »Komm. Wir haben unser Glück heute überstrapaziert.« Er löschte das Licht.
    Hanna schaltete die Taschenlampe an und folgte ihm durch den schwarzen Umriss seiner Gestalt nach draußen.

NEUNUNDZWANZIG
    BUDAPEST, UNGARN
    »Er kann den Donua nicht einfrieren«, sagte Mattim.
    In der Nacht hatte er sie nach Hause gebracht, ohne ein Wort zu sagen. Hanna hatte sich nicht einmal getraut, ihn daran zu erinnern, dass sie am Nachmittag mit Attila und seinen Geburtstagsgästen an der Burg Vajdahunyad Schlittschuhlaufen würde. Aber nun stand er vor ihr. Und statt Bitterkeit behauptete sich ein stolzes Lächeln in seinem Gesicht, als er ein Paar schwarzer Schlittschuhe vor ihren Augen schwenkte.
    »Mattim!« Attilas Augen strahlten. »Du bist da! Das ist mein Freund!« Er steckte die anderen Jungen mit seiner Begeisterung an, so dass sie alle um den Prinzen herumtobten. »Mein allerbester Freund!«
    »Wo hast du die nur her?«, fragte Hanna, während sie zusah, wie er sich die Schlittschuhe anzog.
    »Gekauft, was sonst?«
    »Du bist einfach losgezogen und hast dir Schlittschuhe gekauft?«
    »Heute ist Attilas Geburtstag«, sagte Mattim. »Da muss ich doch dabei sein.«
    Mit wackeligen Schritten stakste er los. Hanna konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Sie konnte kaum lange genug wegsehen, um sich ihre eigenen Schlittschuhe anzuziehen. Es war, als würde jede unachtsame Bewegung den Zauber zerstören, wie ein Stein das Spiegelbild in einem Teich zerfließen ließ. Mattim war schwarz gekleidet, wie Kunun, wie viele andere im Winter, aber sein goldenes
Haar leuchtete, und hinter ihm erhob sich die märchenhafte Burg. Eine Burg, in der nie jemand gewohnt hatte, die nichts war als eine Zurschaustellung der unterschiedlichsten Stilrichtungen. Die Szenerie hatte etwas Unwirkliches, Malerisches. Mattim, der mit immer größerer Sicherheit über das Eis glitt, hinter sich die Horde Kinder, die versuchten, ihn einzufangen. Woher nahm er bloß die Selbstverständlichkeit, real zu sein in diesem Bild, die Leichtigkeit, die Kinder zu verzaubern, so dass ihre Herzen ihm ebenso zuflogen wie Hannas? Sie beobachtete ihn und wünschte sich, dass dieser Augenblick nie endete. Das Lachen der kleinen Jungen, ihre erhitzten Gesichter … Es sollte nie aufhören. Sie wünschte sich mehr als alles andere, dass er wirklich hier war, bei ihr, bei den Kindern, hier, hier in dieser Welt … Und wusste dennoch beinahe, was der Prinz sagen würde, als er in einer eleganten Schleife vor sie hinglitt, ihre Hände ergriff und sie mit sich auf den Teich hinaus zog.
    »Kunun kann den Donua nicht einfrieren. Wie sollte er das tun? Solche Kräfte hat niemand. Einen Fluss voller Licht, den er nicht einmal berühren kann, will er verzaubern? Das glaube ich niemals.«
    Hanna schluckte. Sie hatte eine andere Antwort für ihn, aber sie brachte es nicht über sich, es ihm zu sagen.
    »Er kann den Fluss nicht einfrieren«, beharrte Mattim. Er blickte an ihr vorbei auf die Jungen.
    Attila war hingefallen; mit wenigen raschen Gleitschritten war der junge Mann bei ihm und half ihm hoch, dann kam er wieder zurück zu Hanna, als wäre nichts gewesen. Er ruderte mit den Armen, um die Balance zu halten, und lachte, aber dann war er sofort wieder ernst. Vielleicht dachte er an Akink. Vielleicht dachte er immer an Akink.
    Sie streckte die Hand aus und berührte sein Gesicht. »Mattim, wir werden Akink retten. Du wirst es schaffen. Kunun wird nicht siegen.«
    »Selbst wenn - wie will er seine Schatten auf die andere
Seite bringen? Sie werden das Eis nicht betreten können. Wir können nicht einmal in Booten auf die andere Seite!«
    »Eine Armee über den gefrorenen Fluss zu führen ist aber etwas anderes, als in Booten überzusetzen. Boote kann man zum Kentern bringen.«
    Winkend fuhr Attila vorbei. »Mattim, komm! Schau! Schau nur, was ich kann!«
    Der junge Prinz nickte ihm lächelnd zu, aber als er sich wieder Hanna zuwandte, war sein Gesicht von einem Schmerz verzerrt, den sie nicht von ihm nehmen konnte. »Der Donua war noch

Weitere Kostenlose Bücher