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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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nie gefroren«, sagte Mattim. »Noch nie, nicht in Tausenden von Jahren. Nicht einmal eine Eisschicht hat je darauf gelegen. Die Winter in Akink sind mild wie immerwährender Frühling. Nur die Sterne scheinen im Winter heller als sonst, sie glitzern über dem Wald …« Er brach ab.
    »Was ist?«, fragte Hanna besorgt.
    »Der Schnee«, flüsterte Mattim. »Als ich drüben war, war alles voller Schnee … So hoch wie noch nie. Es war deutlich kälter als hier in Budapest. Ein Winter, wie wir ihn noch nie hatten. Wie kann das sein? Hat Kunun etwa einen Zauber über das ganze Land gelegt, damit der Fluss einfriert? Ist er deshalb so sicher, dass er siegen wird?«
    »Die Bücher«, sagte Hanna leise, »über Wolken und das Wetter … Du hast mir erzählt, dass es dunkel geworden ist in Magyria. Mit deinem Weggang.«
    »Dunkel«, bestätigte er. »Dunkel, aber nicht kalt.«
    »Die Kälte musste kommen«, erwiderte sie, und während sie es endlich aussprach, kam ein solches Mitleid über sie, dass sie es kaum ertragen konnte. Sie legte beide Arme um ihn und hielt ihn fest, als wäre er ein Kranker, der stürzen könnte. Der Boden schien unter ihren Füßen wegzurutschen, trotzdem blieben sie stehen, wie zwei Liebende, die nicht aufhören konnten, miteinander zu tanzen. »Mattim, das Licht deiner Familie ist die Sonne von Magyria. Deswegen
war das Wetter immer so mild. Wenn sich die Sonne verdunkelt, wird es kalt. Es muss kalt werden, so ist es in dieser Welt auch. Kunun betreibt keine Zauberei. Es ist viel einfacher. Dein Bruder wusste, was geschehen würde, wenn du ein Schatten wirst. Über Akink sollte nicht nur Dunkelheit, sondern Eis und Schnee kommen. Der Fluss wird zufrieren.«
    Mattim hielt in ihrer Umarmung still. Lange Zeit, ohne sich zu rühren, ohne zu sprechen.
    »Dann bin ich also tatsächlich schuld«, flüsterte er schließlich. »In jener Nacht, als ich über den Donua schwamm, habe ich den Weg für die Schatten gebahnt.«
    »Wir werden es verhindern!«, rief Hanna. »Wir lassen es nicht zu! Ich lasse es nicht zu!« Sein Schmerz griff auf sie über, als wäre es ihr eigener. Wenn Akink fiel, das wusste sie, dann würde es sein, als ob ihre eigene Welt in tausend Stücke zerbräche.
    Der junge Prinz presste sein Gesicht in ihr Haar. Er weinte nicht. Sie konnte fühlen, wie er sich zusammenriss, wie er sich straffte und aufrichtete.
    »Akink ist noch lange nicht verloren. Ich werde herausfinden, wie er das Eis überwinden will. Und ich werde diese verdammte Pforte schließen.«
    Die Geburtstagsgäste johlten, als er sie küsste. Trotz der entschlossenen Worte war es nicht der Kuss eines rücksichtslosen Kämpfers, sondern ein Kuss voller Sehnsucht, so verlockend und süß, dass Hanna sich wünschte, er möge nie aufhören.
     
    Bei Tageslicht wirkte Atschoreks Villa überhaupt nicht unheimlich. Es war ein großes rötlich-graues Gebäude mit vielen Winkeln, Kanten und Erkern und sogar einem kleinen Turm; die Miniaturausgabe eines baufälligen Schlosses. Der Garten, der Hanna in jener Nacht wild und verwachsen vorgekommen war, beherbergte eine ganze Reihe meist
blattloser Bäume und Sträucher, aber wahrscheinlich würde es im Frühling hier ganz anders aussehen, wenn alles grünte und blühte.
    Das Tor erwies sich diesmal als unverschlossen. Offenbar fürchtete Atschorek sich nicht vor Einbrechern oder begrüßte sogar jede Art von Beute, die hier ungefragt hereinspazierte.
    An der Haustür zögerte Hanna kurz. Sie wusste, Mattim würde es ganz und gar nicht gutheißen, dass sie seine Schwester besuchte. Allein. Sich ungeschützt in die Höhle des Löwen zu begeben. Doch sie wollte so gerne mehr herausfinden, irgendetwas, was ihnen wirklich weiterhelfen konnte. Deshalb stand sie nun hier. Deshalb erwiderte sie Atschoreks Lächeln, die ihr öffnete, bevor sie überhaupt geklingelt hatte.
    »Hanna, guten Morgen. Wie schön, dass du mich besuchst!«
    »Du sagtest, du wolltest mir das Haus zeigen.« Das musste eigentlich jedem als Erklärung für einen Besuch reichen. Wer wäre nicht neugierig gewesen? »Ich habe gerade Attila zur Schule gebracht und war sowieso in der Nähe. Ich hoffe, es passt …?«
    »Sicher.« Atschoreks Lächeln wirkte so echt, so ganz ohne Hintergedanken. »Für die Freundin meines Bruders, immer. Das ist fast, als wären wir verwandt.«
    Hanna fühlte sich unbehaglich bei dem Gedanken, mit Atschorek verwandt oder verschwägert zu sein, trotzdem nickte sie. Das Kaminzimmer, durch das die

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