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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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ihre Jacke anzog.
    Es war ein kühler, regnerischer Tag, ein Tag, an dem man die Hände in den Jackentaschen vergraben und so tun konnte, als wäre man allein auf der Welt.
    Das kann ja heiter werden , dachte Hanna, dennoch hielt sie krampfhaft an ihrer guten Laune fest. Gut, es war trübe, aber sie war hier. Atmete Budapester Luft. Die Schönheit der Häuser brauchte keinen Sonnenschein, um überwältigend zu wirken.
    »Der Burgberg soll ziemlich beeindruckend sein. Gehen wir da hin?«
    Erneut verdrehte Réka nur die Augen.
    »Was willst du dann? Shoppen gehen?«
    Das Mädchen blieb stumm und führte sie zielsicher zur Bushaltestelle. Die Fahrt über hielt sie ihre entschieden trotzige Miene aufrecht. Erst auf der Pester Seite taute sie allmählich auf, und ein klein wenig Sonnenschein entwischte ihrem finsteren Gesicht. Dafür begann der Regen, eben noch ein sanfter Schauer, plötzlich wild auf sie herabzuprasseln. Hanna duckte sich und sah sich auf dem großen Vörösmarty-Platz um. Ihre Augen leuchteten auf, als
sie ein Gebäude erkannte. »Da ist das Gerbaud. Da wollte ich schon immer mal rein. Gehen wir?«
    Réka zuckte mit den Achseln, machte aber keine abfällige Bemerkung, was Hanna als gutes Zeichen wertete.
    Im Kaffeehaus war es voll. Alle Tische waren besetzt; anscheinend waren sie nicht die Einzigen, die vor dem Regen geflohen waren. Sie vertrieben sich die Wartezeit damit, die Torten in der Auslage zu betrachten. Beim Anblick der süßen Köstlichkeiten besserte sich Rékas Laune zusehends.
    »Die Sachertorte sieht gut aus«, fand Hanna. »Oder soll ich die hier nehmen, mit dem Marzipan? Was empfiehlst du mir?«
    »Alles.« Die sauertöpfische Miene kam Réka irgendwie abhanden. Sie vergaß sogar, so zu tun, als könnte sie gar kein Deutsch. »Darf ich das? Und noch ein Stück von den Gerbaudschnitten?«
    »Ihr kommt wohl öfter her?«
    »Früher, als ich noch klein war.«
    »Verstehe.« Hanna wusste, wie es war, wenn man die Dinge, die man als Kind gern getan hatte, plötzlich nicht mehr tun durfte, weil seltsame ungeschriebene Gesetze von einem verlangten, erwachsener zu sein als die Erwachsenen selbst. »Von mir erfährt es keiner. Such dir aus, was immer du willst.«
    Der Bestechungsversuch war so offensichtlich, dass es schon keiner mehr war. Ein Tisch wurde frei, sie schoben sich durch die dicht zusammengestellten Stühle und ergriffen Besitz davon. Die freundliche Kellnerin verzog keine Miene, als Hanna gleich drei Stücke Torte für Réka bestellte; sie selbst begnügte sich mit zweien. Dabei fürchtete sie sich nicht vor der Rechnung. Ihr war danach, über die Stränge zu schlagen.
    »Ich bekomme fast überhaupt kein Taschengeld«, beklagte Réka sich, während sie das erste Tortenstück in sich hineinstopfte. »Meine Eltern sind so was von geizig.«

    »Das muss schlimm sein.«
    Hanna unterdrückte jeden Versuch, für Mónika und Ferenc Verständnis zu zeigen.
    In atemberaubender Geschwindigkeit hatte Réka die Sachertorte, die Marzipantorte und die Gerbaudschnitte vertilgt und warf sehnsüchtige Blicke auf Hannas Teller. Das erste Tortenstück war so süß, dass es der Deutschen vollkommen reichte, daher fiel es ihr gar nicht so schwer zu sagen: »Magst du mein zweites Stück essen?«
    Réka nickte. »Ich würde nach New York gehen. Wenn ich ein Jahr im Ausland verbringen wollte. New York. Oder Los Angeles. Oder Australien. Ja, ich glaube, Australien fänd ich gut.«
    »Warum machst du es nicht einfach? Wenn du mit der Schule fertig bist, natürlich?«
    Réka beherrschte die Kunst des Augenrollens perfekt. »Meine Eltern.«
    »Da haben wir ja schon wieder was gemeinsam. Außer unserer Schokoladensucht. Meine Eltern waren auch nicht gerade begeistert.«
    »Echt?«
    »Sie halten dieses Jahr für reine Verschwendung. Ungarischen Gören Deutsch beibringen.«
    Réka nickte. »Ich kann schon genug Deutsch«, sagte sie. »Besser, als sie glauben. Unsere Oma hat immer Deutsch mit uns gesprochen. Außerdem gehe ich auf die deutsche Schule. Ich brauche kein deutsches Kindermädchen.«
    Hanna lächelte. Sie weigerte sich, das persönlich zu nehmen. »Dann kannst du mir ja Ungarisch beibringen. Mein Sprachkurs beginnt nächste Woche. Darf ich dich fragen, wenn ich was nicht weiß?«
    Rékas Augen leuchteten auf. »Klar. Mach ruhig.«
    Es hatte aufgehört zu regnen. Hanna trank den letzten Tropfen ihres kalt gewordenen Kaffees aus. »Räumen wir lieber den Tisch hier, bevor sie uns rauswerfen.«

    »Wohin

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