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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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von oben?«, fragte einer, fast wispernd, furchtsam. »Durch die oberen Fenster? Sollten wir besser die Dachluke schließen?«
    »Wir haben nichts, um sie zu verschließen. Richtet eure Waffen auf die Stiege. Wir sind bereit, wenn sie angreifen.«
    Niemand sprach aus, was alle wussten: dass weder Schwerter noch Pfeile einen Schatten aufhalten konnten.

ACHT
    BUDAPEST, UNGARN
    Was auch immer Attila über das Foto hatte erzählen wollen, er vergaß es, als sein Vater ankündigte, er müsse am Wochenende fort; Mónika sollte mitkommen.
    »Das können wir dir doch zumuten, Hanna? Oder? Nehmt euch etwas Schönes vor. Und du streitest dich zur Abwechslung mal nicht mit deinem Bruder, Réka.«
    »Wir wollten sowieso mal in den Zoo«, sagte Hanna.
    »Na, seht ihr. Bestimmt habt ihr eine tolle Zeit ohne uns.«
    Hanna verkniff sich die Bemerkung, dass die Kinder auch sonst nicht viel von ihren Eltern hatten und diese daher auch nicht mehr vermissen würden als sonst. Während Attila ohne Ende zu fragen begann, wo es denn hingehen sollte und warum er nicht mitdurfte, wirkte Réka geradezu erleichtert.
    Das fehlte noch, dass sie dieses Wochenende nutzte, um sich mit ihrem zwielichtigen Freund zu treffen!
    Vielleicht fürchteten ihre Eltern dasselbe, denn Ferenc meinte: »Und du benimmst dich, Réka, ja? Ich will keine Klagen über dich hören. Ihr verbringt diese Tage zu dritt, verstanden?«
    »Ja, ja«, murmelte Réka.
    Am Abend vor dem Zubettgehen stand sie plötzlich in Hannas Zimmer. Im Schlafanzug sah sie noch jünger aus, so jung und verletzlich, dass Hanna wieder Zweifel daran kamen, ob es richtig gewesen war, ihren Eltern nichts zu sagen.

    »Das wird doch nicht wirklich so laufen, oder?«, fragte das Mädchen. »Dass wir die ganze Zeit zu dritt was unternehmen müssen?«
    »Das erwarten deine Eltern schließlich von uns.«
    »Ich will nicht in den Zoo.«
    »Komm«, meinte Hanna, »es wird bestimmt gar nicht so übel.«
    »Du würdest mich nicht verraten, wenn ich nicht mitgehe«, behauptete Réka. »Das machst du nicht.«
    »Und Attila?«
    »Der ist bestechlich. Versprich ihm was Süßes, und er ist brav wie ein Lamm.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Hanna. Sie war froh, dass sie die Verantwortung auch dieses Mal auf den kleinen Jungen schieben konnte. »Wenn dein Vater ihn richtig ernst befragt, kann er bestimmt nicht dichthalten. Réka, wenn sie merken, dass ich dich decke und sie belüge, schicken sie mich sofort nach Hause. Ist dir das eigentlich klar?«
    Dieses Argument wirkte. Rékas grimmiges Gesicht entspannte sich wieder. »Stimmt. Daran hab ich noch gar nicht gedacht.«
    »Zoo?«
    Ein tiefes, gequältes Seufzen konnte sich die Vierzehnjährige trotzdem nicht verkneifen. »Au ja. Zoo.«
     
    Mit der Metró fuhren sie bis zum Stadtpark. Es war ein kühler, windiger Tag. Die unzähligen Touristen, die busseweise zum Heldenplatz gekarrt wurden und sich von dort aus in die beiden prächtigen Museumsbauten oder zur Burg Vajdahunjad verteilten, zogen ihre Kragen hoch und blickten gequält in die Kameras und Handys ihrer Mitreisenden. Vor dem Zoo lockten bunte Stände mit Naschwerk und Luftballons. Attila wurde unruhig, aber Hanna bestand darauf, dass sie erst in den Zoo gingen. Sie hatte keine Lust darauf, mehrere Stunden auf einen kitschigen Luftballon aufzupassen.

    Durch das von steinernen Elefanten bewachte Portal gelangten sie in den Tiergarten. Attila hielt sich für zu alt, um brav an der Hand mitzugehen; kaum hatten sie ihre Eintrittskarten vorgezeigt, da stürzte er auch schon vorwärts und verschwand irgendwo zwischen den Gehegen.
    »Na toll.« Hanna fühlte Panik in sich aufsteigen.
    Réka dagegen blieb ganz gelassen. »Der wird schon wiederkommen. Spätestens, wenn er Hunger hat.«
    Sie hatten einen ganzen Rucksack mit belegten Broten, Äpfeln und Keksen dabei. Die Szigethys hatten Hanna extra Taschengeld für das Wochenende dagelassen, und sie hatte nicht vor, alles an diesem ersten Tag zu verprassen.
    Demonstrativ holte Réka die Packung mit Attilas Lieblingskeksen heraus und bediente sich. »Dann tut es ihm wenigstens leid.«
    Gewaltsam musste Hanna ihre Unruhe bezähmen, während sie gemächlich an den Gehegen vorbeischlenderten. Attila fanden sie bei den Affen. Als wenn nichts gewesen wäre, grinste er ihnen zu.
    »Natürlich, bei den Affen«, höhnte Réka. »Da gehörst du ja auch hin.«
    Im Tropenhaus turnten winzige Äffchen mit gelben Pfoten. Ohne ein störendes Gitter tobten sie in den Ästen

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