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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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eingeflüstert? Morgen ist der Tag, an dem ich sterben werde … Nein. Nein! Er zwang sich, den Schmerz zu ignorieren und weiterzumachen. Und dann, irgendwann, ertasteten seine Füße den schlammigen Grund, und mit ein paar letzten Schwimmstößen erreichte er das Ufer. Reglos blieb er liegen und atmete.
    Er lebte. Und war doch nicht stolz darauf, dass er es geschafft hatte. Stattdessen hätte er sich dafür ohrfeigen können. Was hatte ihn bloß geritten, bei Nacht den Donua zu überqueren? Dort drüben suchten sie nach ihm. Mattim sah zu der Stadt hinüber, die beunruhigend weit entfernt lag, unter der schützenden Dunkelheit der stillen Nacht, die alle Kämpfe verbarg. Auf einmal sehnte er sich nach seinem Vater. Er würde sich einiges anhören müssen, wenn er zurückkam. Seine Mutter würde ihn ansehen, mit diesem wehleidigen Blick, der kaum auszuhalten war. Trotzdem sehnte er sich nach ihrer Umarmung. Und Hunger hatte er! Vielleicht würden sie ihn ohne Essen ins Bett schicken. Aber vielleicht wären sie auch so froh, ihn wiederzuhaben, dass sie das Beste aus der Küche heraufholen ließen.
Hatte er nicht selbst gesehen, wie die Küchengehilfen Teig kneteten?
    Mattims Beine fühlten sich so schwer an, dass er kaum die Uferböschung hochkam. Erneut blieb er stehen und atmete tief ein. Zur Brücke war es noch ein gutes Stück, und ganz bestimmt würde er nicht noch einmal schwimmen. Wenn die Brückenwache ihn von dieser Seite kommen sah, würden sie wahrscheinlich darauf bestehen, ihn zu untersuchen. Na, sollten sie ruhig. Die nassen Sachen musste er sowieso loswerden. Da konnten sie ihm auch gleich eine Decke geben. Er fror nämlich erbärmlich. Eine Decke, ein heißes Bad, ein Schluck von irgendeiner scheußlichen Flüssigkeit, die ihn von innen her aufwärmen würde - er träumte, während er zurück in Richtung Brücke torkelte, auf wackligen Beinen, die ihn kaum noch tragen wollten. Nach Hause. Er wollte nur noch schlafen, und morgen … morgen würde er weitersehen.
    Mattim hörte den Wolf, bevor er ihn sah. Er hörte das leise, bedrohliche Knurren, das Rascheln leichter Pfoten auf trockenen Blättern.
    Sofort blieb er stehen. Er hatte kein Schwert, nicht einmal ein Messer, nichts, womit er sich verteidigen konnte.
    »Oh, nein«, flüsterte der Junge. »Nicht jetzt, oh, bitte …« Er lauschte. Wieder vernahm er ein Knistern, das vorsichtige, heimliche Auftreten, zu dem kein Mensch fähig war. Und noch einmal …
    Er drehte sich um und wollte losrennen, aber da tauchte vor ihm aus dem Dunkel der Nacht eine schwarze Gestalt auf. Auf der einen Seite war der Fluss, dem er gerade erst entkommen war, auf der anderen der Wald. Es gab keine Wahl, keinen Augenblick der Entscheidung. Mattim stürzte sich zwischen die Bäume, in die noch dunklere, bedrohlichere Welt des Waldes, und hinter ihm hörte er das Schnaufen und Keuchen der Tiere.
    Der junge Prinz taumelte durchs Gestrüpp. Ab und zu
prallte er schmerzhaft mit der Schulter gegen dicke Stämme, immer wieder peitschten ihm Äste ins Gesicht, und dornige Ranken krallten sich um seine Füße. Von irgendwoher ertönte Geheul, vielleicht war es direkt vor ihm, in der Richtung, in die er rannte, aber die Wölfe hinter ihm waren ihm so dicht auf den Fersen, dass er nichts anderes tun konnte als weiterzulaufen. Fahl zog bereits die Dämmerung herauf, oder seine an die Finsternis gewöhnten Augen verhalfen ihm dazu, sich etwas besser zurechtzufinden. Unfähig, zu springen oder auch nur schnell zu laufen, stolperte er vorwärts, den heißen Atem der Verfolger im Nacken. Einmal wagte Mattim einen Blick über die Schulter, in der Hoffnung, dass er die Wölfe abgehängt hatte oder dass dieser Albtraum vielleicht bloß seiner überreizten Fantasie entsprang, doch da waren sie, zu zweit, graue Schatten mit gelben Augen.
    Es musste ein Traum sein. Ein Albtraum, den er in seinem Zimmer in der Burg träumte. Es konnte nicht wahr sein, dass sie ihn hier durch den Wald jagten, diese Bestien, die nie näher kamen als eine Körperlänge, die ihn nicht zerrissen, sondern nur immer weiter vor sich her trieben. Mattim konnte nicht einmal mehr seinen ursprünglichen Plan verfolgen, stehen bleiben und sich beißen lassen, denn dies waren keine Schattenwölfe, obwohl sie ihm genauso unwirklich vorkamen. Ihr Biss würde ihn nicht in einen Schatten verwandeln, sondern nur in ein Festmahl - für sie. Seine einzige Hoffnung war, dass er auf die Flusshüter traf.
    Er fiel. Mit dem Fuß blieb

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