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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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gekommen.
    »Ich bin auch sehr gespannt«, sagte sie. »Wir werden bestimmt gut miteinander auskommen, nicht wahr, Attila?«
    Der Junge starrte sie zugleich abweisend und neugierig an. Er wartet noch ab , dachte sie. Nun, das war in Ordnung. Sie mussten sich nicht gleich am ersten Tag anfreunden. Aber dass alle sich so schrecklich freuten, war mit Sicherheit übertrieben. Ferenc war anscheinend ein Mann, der die Dinge laut verkündete, damit sie so waren, wie er sie gerne hätte.
    Schon wieder , schimpfte sie mit sich selbst, während sie zur anderen Seite aus dem Autofenster blickte, kaum bin ich hier angekommen, habe ich mir schon ein Urteil gebildet. Dabei hatte sie sich so fest vorgenommen, ihren Gefühlen nicht voreilig zu vertrauen. Du musst ihnen eine Chance geben, sonst wird das nichts.
    Herr Szigethy - Ferenc! - erzählte ihr etwas über die
Straßen, durch die sie fuhren, während Hanna wie gebannt auf die schönen alten Gebäude starrte. Sie wollte nichts verpassen und verrenkte sich beinahe den Hals.
    »Keine Panik«, sagte Ferenc und lächelte. »Sie haben ein ganzes Jahr, um sich alles anzuschauen.«
    Das stimmte, und dennoch konnte sie nicht anders, als begierig alles in sich aufzusaugen, bis sie das Gefühl hatte, unter der Flut der Eindrücke zu ertrinken.
    Ihr Herz klopfte aufgeregt, als sie über die Donau fuhren. Dies war der Fluss, der sie in ihren Träumen gerufen hatte, breit und grau.
    »Heute Abend können wir Ihnen die Aussicht zeigen«, kündigte Ferenc an. »Wenn Sie nicht zu müde sind.«
    Endlich wurden die Straßen ruhiger, aber dafür ging es auch steil bergauf und wieder bergab, in ein undurchschaubares Geflecht schmaler Straßen, vorbei an verwitterten Wohnblocks, herrschaftlichen Villen, schnuckeligen Häuschen und wieder mehrstöckigen Blocks. Sie war gespannt, wie die Szigethys wohnten; in dieser Gegend hier war offensichtlich alles möglich. Ein schmiedeeisernes Tor öffnete sich, als sie sich einem von hohen Büschen eingefassten Grundstück näherten. Ferenc parkte den Wagen neben einem schlichten VW Golf. Vor ihnen lag das Haus, groß und hell, eher eine Villa als das Einfamilienhaus, mit dem sie gerechnet hatte. Ein riesiges, hellgelb gestrichenes Stadthaus. Erst jetzt wurde Hanna so richtig klar, dass sie dieses Jahr in einer wirklich reichen Familie verbringen würde. Dabei hatte sie erwartet, in einer »normalen« Familie zu leben, auch wenn ein paar Leute ihr versichert hatten, dass »normale« ungarische Familien eigentlich keine deutschen Au-pairs aufnahmen.
    Ihr Mut sank. Aber Ferenc nickte ihr aufmunternd zu. »Wie gefällt es Ihnen? Ich bin sicher, Sie werden sich hier wohlfühlen. Kommen Sie, die Koffer hole ich gleich.«
    Sie gingen ein paar Stufen hoch zum Eingang, wo ihnen
die Frau entgegenkam, die Hanna von einem Foto und mehreren Telefonaten her kannte, die Frau mit dem sympathischsten Lächeln, das man sich vorstellen konnte.
    Mónika.
    Sie lächelte herzlich und umarmte Hanna. Dann trat sie ein paar Schritte zurück, damit sie das neue Familienmitglied von oben bis unten mustern konnte. »Wie schön, wir sind sehr froh.« Als Attila an ihr vorbei ins Innere der Wohnung huschte, wandte sie den Kopf. »Attila! Réka! Diese Kinder. Ich habe gesagt, sie sollen nicht verstecken.«
    Mónika war noch hübscher als auf dem Foto, eine schmale blonde Frau mit einer pfiffigen Kurzhaarfrisur. Obwohl sie ungefähr so alt war wie ihr Mann, sah sie deutlich jünger aus - und wirkte deutlich nervöser. »Réka!« Da die Gerufene immer noch nicht erschien, zuckte sie mit den Achseln. »Hanna, kommen Sie doch. Hier, unser Wohnzimmer.«
    Der Tisch war bereits gedeckt, mit schönem weißem Porzellan. Plötzlich spürte Hanna, wie hungrig und müde sie war. Auf dem kurzen Flug hatte es nichts zu essen gegeben, aber natürlich war sie weitaus länger unterwegs gewesen. Und vor lauter Aufregung hatte sie schon gestern Abend kaum etwas essen können.
    »Sicher haben Sie Hunger?«
    In diesem Moment kam Attila lachend hinter dem Sofa hervorgeschossen. Hier in der vertrauten Umgebung legte er seine Schüchternheit endlich ab und strahlte Hanna an. In seinem spitzbübischen Gesicht lag so viel Energie, wie man in diesem Alter nur haben konnte. Sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen.
    Er rannte so nah an Hanna vorbei, dass er sie unsanft in die Seite rammte, dann war er auch schon wieder verschwunden.
    Seine Mutter rief ihm etwas auf Ungarisch nach. »Der kommt schon wieder«,

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