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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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hier?«
    »Kein Schattenwolf kommt nach Budapest«, sagte Kunun scharf.
    »Was ist mit unseren anderen Geschwistern?«, fragte Mattim. »Wo sind sie? Und was sind sie - Wölfe oder Schatten?«
    »Leander ist tot«, ließ Atschorek ihn wissen, mit einer Stimme, die kein Bedauern verriet. »Unser eigener Vater hat ihm die Klinge in die Brust gejagt. Er war ein Schattenwolf, hell wie das Licht … Und Runia …«
    »Es reicht«, unterbrach Kunun sie schroff. »Warum sollten wir über die Toten reden? Wir werden diesen Kampf führen, und zwar ohne zu jammern und ohne uns zu fürchten. Zwei Wölfe und drei Schatten.«
    Mattim hatte sich aufgesetzt. »Wieso bin ich ein Schatten?«, flüsterte er. »Wieso kein Wolf? Ich hatte gehofft …« Er sprach nicht aus, was er sich erhofft hatte. Um Geheimnisse
aufzudecken, war er durch den Fluss geschwommen, doch ihn hatte eine andere Sehnsucht gerufen, in die dunklen Tiefen der Wälder.
    »Hast du es denn immer noch nicht begriffen?«, fragte Atschorek ungeduldig. »Wenn einer von uns dich gebissen hätte, wärst du nichts als ein Wolf geworden. Klein und schlau, aber zu nichts nütze. Nur ein Schattenwolf kann aus einem Menschen einen Schatten machen.«
    »Das weiß ich längst. Nur woher kommen die Schattenwölfe? Ich dachte, dass aus einem Lichtprinzen kein gewöhnlicher Wolf wird, sondern einer von ihnen.«
    »Aus jedem Schatten kann ein Schattenwolf werden, egal, ob Prinz oder nicht«, erklärte Atschorek.
    »Aber …«
    »Wir wissen nicht, wie es geschieht. Und wann. Niemand weiß das. Wilder war fünfzig Jahre lang ein Schatten, und auf einmal verwandelte er sich. Anderen widerfährt es schneller. Wenn du merkst, dass es geschieht, dann sieh zu, dass du nach Magyria kommst. Lass es nicht hier passieren.«
    Mattim stellte sich vor, wie er sich mitten auf der Straße, hier in Budapest, in einen Wolf verwandelte, und lächelte. »Nein, besser nicht.« Ich werde also ein Schattenwolf, wollte er sagen, immer wieder. Ich und ihr auch, wir alle … Doch er zwang die Freude in seinem Herzen nieder. Wie konnte er sich darüber freuen, irgendwann so zu werden wie Wilder, wenn er gar nicht so lange leben würde?
    »Ich werde niemanden mehr beißen«, sagte er. Dabei war es so natürlich, es zu tun. Er fühlte es mit seinem ganzen Körper, mit seinem ganzen Herzen. Wolf. Dann sah er auf seine Hände, die so vertraut und menschlich waren und gleichzeitig so erschreckend unsterblich und verletzlich. Die Schrammen an seinen Knöcheln waren nicht verheilt, auch wenn sie nicht mehr bluteten. »Ich komme nicht mit nach Magyria, um gegen die Flusshüter zu kämpfen.«

    »Der König«, Kunun spie dieses Wort geradezu aus, »soll erfahren, dass der Kleine jetzt zu uns gehört.« Er sprach mit Atschorek, als wäre Mattim gar nicht anwesend. »Und er wird es erfahren, glaub mir.«
    »Was, wenn er zurückläuft nach Akink? Wir brauchen ihn noch. Wir haben nicht Wilias Leben geopfert, um Mattim jetzt auch noch zu verlieren.«
    »Nein«, sagte Kunun langsam. »Er wird uns nicht enttäuschen. Er wird sich nicht gefangen nehmen lassen. Er wird jagen, wie wir alle. Sagen wir: fast wie wir. Die Jungen und Unerfahrenen sind immer die Schlimmsten. Vor ihrer Gier ist niemand sicher. Sie sind der schlimmste Albtraum von ganz Magyria. Möchtest du nicht zusehen, was deine hübsche, kleine Freundin Goran mit einem Magyrianer so tun kann - oder, noch besser, mit einem Flusshüter?«
    »Nein.« Mattim war blass geworden. »Ich werde nicht gegen meine Freunde kämpfen.«
    »Du sollst auch nicht gegen sie kämpfen. Du wirst sie verwandeln.«
    »Niemals! Ich komme nicht mit!«
    Kununs Hand schnellte vor, wieder packte er Mattim am Nacken wie einen jungen Hund und zog ihn zu sich heran.
    »Du weißt, dass du es tun wirst. Genau deshalb hast du Angst davor, mitzukommen. Weil dir jetzt schon klar ist, dass du nicht anders kannst. Glaubst du, ich falle auf deine kleine Theateraufführung hier herein? Glaubst du, ich nehme dir ab, dass du dich quälst wegen dieses Mädchens? Du liegst hier nicht in deinem Bett und schmollst, weil du der armen Kleinen wehgetan hast. Du liegst hier, damit du ungestört davon träumen kannst. Damit du jeden Augenblick auskosten kannst. Noch einmal. Und noch einmal. Und noch einmal. Es tut dir nicht leid. Nur aus diesem einen Grund schämst du dich: weil es dir nicht leidtut!«
    Mattim keuchte, sagte jedoch nichts. Mit einem Ruck
machte er sich frei. »Ich hasse dich!«, stieß er finster

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