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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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wem ihre Loyalität gehören sollte? Oder spielte sie mit, weil sie es musste, und empfand dieselben Qualen wie er?
    In einer Reihe schritten die Vampire durch den offenen Torbogen, der, wenn man von hier aus hindurchsah, in einen weiteren Kellerraum zu führen schien. Das war die Pforte, deren Existenz Mattim erahnt hatte, als er noch als unschuldiger Flusshüter Wölfe gejagt hatte, und niemals hätte er sie sich so schlicht vorgestellt, so ganz und gar nicht bemerkenswert. Ein Durchschlupf in einem Kellergewölbe. Kurz darauf standen sie alle in der Höhle, und er drängte sich durch die anderen, bis er Goran erreichte.
    »Auf zur Jagd?«, fragte er und zog die Augenbrauen hoch.
    »Wie viele Flusshüter werden wir diesmal erwischen, was meinst du?«, fragte sie munter.
    »Goran, das sind unsere Freunde!«

    Mattim sah ihr in die Augen, versuchte zu erkennen, wer dieses Mädchen vor ihm war. Eine Fremde, die sich in ein Ungeheuer verwandelt hatte? Hoffte sie hinter ihrem schönen Lächeln auf ein Blutbad? Dann dachte er an Morrit. Morrit, der immer noch Morrit gewesen war, sein Anführer und Freund, und er wusste nicht mehr, was er glauben sollte.
    Goran seufzte leise. »Mattim, das sind sie nicht mehr. Das sind nicht unsere Freunde. Wir sind Schatten. Sie würden uns töten, wenn sie könnten, das weißt du. Es gibt nur einen einzigen Weg, um mit allen in Frieden zu leben. Wenn wir erst alle Schatten sind, dann gehören wir wieder zusammen.«
    Er starrte sie an. »Hat Atschorek dir das eingeredet? Das klingt ganz nach ihr. Goran, das ist Wahnsinn, das ist …«
    »Leise!«, befahl Kunun. »Lasst die Jagd beginnen!«
    Sie schlichen durch das wohltuende Dämmerlicht. Die Bäume kamen ihm stiller vor als je zuvor, als schliefen sie. Es war, als hielte der ganze Wald den Atem an … Nur nicht die Patrouille. Ihr Flüstern und Tuscheln, das Rascheln der Blätter unter ihren Füßen, all das kam Mattim ungewöhnlich laut vor. So viele, unzählige Blätter, als hätten die Bäume in einer einzigen gewaltigen Kraftanstrengung alles, was ihnen überflüssig schien, von sich geschleudert.
    »Ich kann so gut hören wie nie zuvor«, wisperte Goran ihm ins Ohr, und in ihrer Stimme schwang eine Freude mit, die ihn an die alte, fröhliche Gefährtin erinnerte. »Aber nicht immer. Es kommt manchmal über mich, dann ist es wieder fort. Das ist der Wolf in uns … der schlafende Wolf. Er träumt in unserem Blut, bis er irgendwann herauskommt und …«
    Sie brach ab, als Kunun die Hand hob. Mattim merkte, dass sein Bruder seinen Blick suchte, dass er ihm zunickte, mit ernsten Augen und einem lächelnden Mund. Dies ist eine Prüfung … Ich darf nicht versagen. Ich darf mir nichts
anmerken lassen, oder es war alles umsonst. Ich darf sie nicht warnen, ich darf es nicht. Der junge Prinz biss die Zähne zusammen, um nicht laut zu schreien, um die Männer und Frauen, die ganz in der Nähe durch den Wald marschierten, nicht darauf aufmerksam zu machen, dass ein ganzes Dutzend Schatten ihnen auflauerte.
    »Jetzt.« Kunun flüsterte nur, doch die Vampire sprangen los, als hätte er ein Jagdhorn geblasen, als wären sie die Hunde, die er auf die Beute hetzte.
    Mattim sah Gorans wippende Lockenpracht vor sich. Er selbst tat ein paar Schritte vorwärts und hielt dann inne, gelähmt von Scham und Entsetzen. Sie sollten ihn nicht sehen, in Kununs Gefolge, seine alten Kameraden. Er wollte zu Staub zerfallen vor ihren Blicken. Er wollte ihnen helfen, nur wie hätte er das tun können, er allein gegen all die anderen Vampire und ihren finsteren König?
    »Ihm nach!«, schrie Kunun, als ein junger Flusshüter an ihnen vorbeistürzte. »Mattim, das übernimmst du!«
    Es war Derin, sein Freund, der mit einem panischen Schrei im Unterholz verschwand.
    Mattim merkte zu seinem eigenen Erstaunen, dass er die Beine bewegen konnte. Dass er, während er dem Fliehenden nachsetzte, die Schnelligkeit und Kraft des Wolfs in sich spürte, die unermüdliche Ausdauer des Tieres. »Derin!«, rief er. »Derin, warte! Ich will dir nichts tun! So warte doch!« Besser, dass er den Flusshüter verfolgte und einholte, als irgendjemand anders. Wenn er ihn nur dazu bringen konnte, mit ihm zu reden, ihm zuzuhören. »Derin, bleib stehen, hab ich gesagt!« Mattim packte seinen Freund an der Schulter und riss ihn mit sich, gemeinsam rollten sie über den Boden. »Hör auf zu schreien, hör mich doch an, ich bin nicht …« Er kam nicht gegen Derins wildes Geheul an.
    Der

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