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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Stelle, an der ihr ankommt, gut merken. Von dort aus wirst du uns anrufen, und wir holen euch beide ab.«
    »Wir gehen nach Budapest zurück? Von der Akinker Seite aus? Aber …« Es gab in Akink keine Pforte, sonst hätte Kunun sie gewiss längst benutzt. Es sei denn … und dazu der Schattenwolf?
    Kunun sah, wie das Begreifen sich in ihrem Blick spiegelte, wie die Erkenntnis sie überwältigte.
    »Dadurch wird die Pforte entstehen? Dadurch, dass er jemanden beißt?« Sie hatte das Gefühl, dass alles um sie herum in Stücke zerbrach. »Weiß Mattim das?«
    »Mittlerweile schon. Aber was nützt es ihm?« Kununs Lächeln blieb unerbittlich, unerschütterlich. Obwohl er gerade eben zugegeben hatte, wozu er sie benutzen wollte. Um eine Pforte in Akink zu erschaffen und Akinks Verderben einzuleiten. Und damit Mattims Untergang. Kunun wollte sie wie eine Waffe benutzen, um das Licht zu treffen, mitten ins Herz.
    »Nur dass ich es nicht tun werde.« Es war schwer, dem Blick dieser unergründlichen schwarzen Augen standzuhalten. »Ihr könnt mich nicht dazu zwingen, selbst wenn ihr mich in das Boot setzt. Dann werde ich eben schreien und die Wachen alarmieren, und ihr habt rein gar nichts gewonnen.« Jetzt wäre es schön gewesen, ihn wütend anzufunkeln, tapfer und unerschrocken, aber es war schon schwer genug, seinem Blick standzuhalten. Es erforderte eine unglaubliche Kraft, auch nur einmal nein zu sagen. »Du kannst mir drohen und mich erschrecken, aber dazu kannst du mich nicht zwingen.«
    Sie stand auf. Einen Moment fürchtete sie, Kunun würde sie wieder auf die Bank drücken. Sie festhalten und zu einer Pforte zerren, durch die man in die andere Welt gelangte. Aber der Vampir sah ihr unbewegt zu.
    »Du hast es versprochen«, erinnerte er sie.
    Es war komisch, aber gerade jetzt, da er so angeschlagen aussah, verletzt – warum dieses Pflaster? –, ausgelaugt und müde, wo er ihr nahezu hilflos erschien und unfähig, seine Forderung durchzusetzen, war er gefährlicher als je zuvor. Mit erschreckender Klarheit überkam Hanna diese Erkenntnis. Solange er stark gewirkt hatte, geradezu unerschütterlich, hatte er es sich leisten können, mit ihnen allen zu spielen. Aber jetzt, das wusste sie auf einmal, hatte er keine Geduld mehr.
    »Kunun, warte!«
    Seine Schwester erschien am Balkongeländer, zwei Stockwerke über ihnen. Ihr alarmierter Ruf verriet, dass sie ebenso wie Hanna damit rechnete, dass etwas Unwiderrufliches geschehen könnte. Atschorek beugte sich über die Brüstung und warf etwas nach unten.
    »Heb es auf, Hanna!«, rief sie. »Sieh es dir an.«
    Ein Kleidungsstück, irgendetwas Kleines, Dunkles. Das Mädchen bückte sich und hob das Teil auf.
    Es war eine Jacke. Eine Kinderjacke. Hanna starrte darauf und versuchte zu begreifen, was sie da vor sich hatte. Die Wahrheit war so schmerzhaft, dass ihr Geist versuchte, sie eine Weile von ihr fernzuhalten.
    »Die gehört Attila!«
    Sie blickte zu Atschorek hoch. Am liebsten wäre sie ihr an die Kehle gesprungen, doch zugleich schlug die Angst zu. »Ihr droht mir mit Attila? Aber – ich habe ihn gerade in die Schule gebracht!«
    Ihr wurde heiß und kalt bei der Vorstellung, dass Kunun und Atschorek in der Schule gewesen waren. Die Jacken der Kinder hingen draußen im Flur, vor den Klassenzimmern. Es war nicht schwer, dort etwas zu stehlen. Schlecht wurde ihr nur bei dem Gedanken, was das zu bedeuten hatte.
    »Ihr wagt es, mir zu drohen, dass ihr einem Kind etwas antut? Und jemandem wie euch soll ich helfen? Jemandem wie euch?« Sie wollte schreien, aber sie hatte auf einmal keine Stimme und brachte kaum ein Krächzen heraus.
    Kunun war jedoch ebenso verblüfft wie sie. »Sieh an, Schwesterherz«, sagte er verwundert.
    Atschorek lächelte liebreizend. »Komm nach oben, Hanna. Ich will dir etwas zeigen.«
    Kunun nickte ihr aufmunternd zu. Hanna hatte das Gefühl, sie würde gleich ohnmächtig werden, als sie ins Treppenhaus ging und die beiden Stockwerke hinaufstieg, eine Treppenstufe nach der anderen. Jeder Schritt fühlte sich viel zu wirklich an. Dabei konnte das alles nicht echt sein. Ein Albtraum. Ein Albtraum, aus dem sie gleich erwachen würde.
    Die Schattenfrau griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich, am Balkongitter entlang zu einer der weißen Türen. Sie drückte die Klinke hinunter. Aus der Wohnung hörte Hanna Kinderlachen, eine helle Frauenstimme antwortete. Ein älterer Mann mit einem gezwirbelten Schnauzbart kam ihnen aus einem der Zimmer

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