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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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Wein trinken konnte, nicht die Zeit, um Türen zu reparieren oder das Dach zu decken. Von der Burg ging ein schwaches Glimmen aus. Immer wieder schaute Hanna zu ihr hin und fragte sich, woher dieses Leuchten kam.
    Die Familie des Lichts. Ich bin der letzte Prinz des Lichts …
    Nein, denk jetzt nicht an Mattim. Denk nicht daran, was du hier tust. Eine Traumstadt. Eine Traumstadt gegen ein lebendiges Kind.
    Es fühlte sich allerdings überhaupt nicht an wie eine Traumstadt. Ihre Füße suchten auf dem unebenen Pflaster Halt. Die Luft war voller unbekannter Gerüche. Menschen streiften sie beim Vorübergehen, Menschen, keine Traumgestalten. Sie musste sich verbieten, darüber nachzudenken, aber was half es? Sie konnte es nicht. Sie sah alle diese Leute, an denen sie vorbeikam. Händler, die aus Brettern zusammengeschusterte Karren durch die Gassen zogen. Vor ihr liefen ein paar kleine Kinder vorbei, die eine Katze jagten.
    Hanna hatte immer noch nichts gefunden, was ihr dabei helfen konnte, den Wolf aus dem Hafen zu holen. Ein Schattenwolf in Akink. Während all diese Menschen auf der Straße waren und ihren Tätigkeiten nachgingen. Während diese Kinder hier spielten. Während dieser alte Mann mit dem Karren im Schneckentempo vorbeirumpelte. Ein Wolf, hier in der Stadt. Was das bedeuten würde, das wollte sie sich nicht vorstellen.
    »Kuchen?«
    Sie erschrak so sehr, dass sie fast in die Luft gesprungen wäre. Aber es war nur der Händler, der sie bei ihren Überlegungen unterbrochen hatte.
    »Kuchen? Schöne, warme Kuchen.«
    Schon drückte er ihr ein warmes Gebäckteil in die Hände. Es duftete verführerisch. Was konnte das sein? Irgendetwas in Fett Gebackenes, ähnlich wie ungarische Langos. So schmeckte es auch, nicht süß, sondern fettig und saftig.
    Wie dumm war es, in einer Stadt, die lebendig war, so zu tun, als sei alles nur ein Traum!
    »Was kosten die? Ich habe kein …« Sie unterbrach sich hastig, kramte in ihrem Portemonnaie und drückte ihm ein paar Münzen in die Hand. Sollte er sich nur über das fremde Geld wundern. Schnell drehte sie sich um und ging wieder zurück, warf rasch einen kurzen Blick über die Schulter, ob er ihr folgte. Aber der Mann war schon weitergezogen.
    Frisch gestärkt konnte sie sofort besser denken. Sie wusste jetzt wieder, was sie eigentlich suchte. Ein Brett, lang und schmal, eine Art Planke, irgendetwas in der Art. Hatte sie auf ihrem Weg nicht ein Gerüst gesehen?
    Sie verlief sich in den verwinkelten Gassen, stand plötzlich auf dem Marktplatz, kehrte wieder um. Da endlich das Haus, dessen Dach neu gedeckt wurde. Mitten auf dem Weg lag alles, was die Handwerker brauchten, dazu ein Haufen Dachziegel sowie ein stolzer Hügel aus Schutt. Ein Holzgerüst nahm die halbe Straße ein. Schöne, lange Bohlen, die sie unmöglich entfernen konnte. Aber da, an der Seite, lehnte ein schmaleres Brett, das vielleicht als Geländer gedient hatte, drei oder vier Meter lang. Genau das, was sie brauchte.
    Hanna packte das Brett, ohne sich nach etwaigen Zuschauern umzusehen. Sie musste so dreist und selbstverständlich auftreten wie irgend möglich. Einfach nehmen und davonmarschieren. Aber das Brett war schwer, viel schwerer, als sie gedacht hatte. Das eine Ende musste sie über den Boden schleifen lassen, was Lärm machte und nicht so elegant und unauffällig aussah, wie sie es gerne gehabt hätte. Verbissen mühte sie sich ab und lief in die Richtung, in der hoffentlich der Fluss lag.
    »Brauchst du Hilfe?«
    Eine Passantin war stehengeblieben. Auch sie wahrscheinlich eine Handwerkerin, obwohl noch dunkler gekleidet, in einer Farbe, die bei Licht besehen vermutlich Grün gewesen wäre. Das Mädchen lächelte freundlich. Sie war in Hannas Alter, vielleicht auch etwas jünger. Ein dicker blonder Zopf hielt ihr das Haar aus dem sympathischen Gesicht.
    Was für eine hilfsbereite Stadt!
    Das schlechte Gewissen packte Hanna, als sie lächelnd nickte. »Ja, brauche ich.«
    »Wohin?«
    »Zum Hafen.«
    Das fremde Mädchen hob das hintere Ende des Bretts an. Wahrscheinlich merkte sie gar nicht, dass Hanna sich nach ihrer Führung richtete und sich von der Akinkerin durch die Straßen und um die Ecken und Plätze dirigieren ließ. Schließlich konnte sie über den Fluss hinweg den dunklen Wald sehen, eine Mauer aus Finsternis, die sich am jenseitigen Ufer auftürmte.
    »Wozu brauchst du das Brett?«, fragte die unbekannte Helferin neugierig, und Hanna, die diese Frage die ganze Zeit schon

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