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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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immer gewusst, dass meine politischen Ansichten ein wenig radikal sind.«
     
    »Verdammt, Alice!« Desjardins ließ den Kopf in die Hände sinken. »Wie konntest du das nur tun?«
    »Es war einfacher, als du denkst. Ich habe lediglich ein Schuldgefühl-Analogon mit einer zusätzlichen Seitenkette geschaffen …«
    »Darum geht's nicht. Du weißt, was ich meine.«
    Sie trat vor ihn und versperrte ihm den Weg.
    »Hör zu, Killjoy. Du bist zehnmal so schlau wie diese Bürokratenärsche, und du hast dich von ihnen in eine Marionette verwandeln lassen.«
    »Ich bin keine Marionette.«
    »Na, jetzt jedenfalls nicht mehr.«
    »Ich bin es nie gewesen.«
    »Natürlich warst du das. Genau wie Lubin.«
    »Ich bin überhaupt nicht wie …«
    »Sie haben dich in einen einzigen Reflexbogen verwandelt, mein Lieber. Haben deine grauen Zellen zurechtgehämmert, bis sie nur noch vom Instinkt beherrscht wurden.«
    »Verflucht noch mal. Du weißt, dass das nicht stimmt.«
    Sie legte Desjardins die Hand auf die Schulter. »Hör mal, ich mache es dir nicht zum Vorwurf, dass du es nicht wahrhaben willst …«
    Er schüttelte ihre Hand ab. »Das stimmt nicht! Glaubst du, die Entscheidungen, die ich während jeder einzelnen Stunde bei meiner Arbeit treffen muss, ließen sich allein mit Instinkt und Reflexen bewältigen? Meinst du nicht auch, dass eine gewisse Autonomie dafür nötig ist, um aus dem Stehgreif Tausende von Variablen abzuwägen? Verdammt noch mal, ich …«
    … ich bin vielleicht ein Sklave, aber ich bin kein Roboter. Doch er beherrschte sich im letzten Augenblick. Es hatte keinen Sinn, ihr noch mehr Munition zu liefern.
    »Wir haben dir dein Leben wiedergegeben, Mann«, sagte Jovellanos leise.
    »Wir?«
    »Es gibt ein paar von uns. Man könnte uns als politisch bezeichnen, jedenfalls im weitesten Sinne.«
    »Oh, verdammt.« Desjardins schüttelte den Kopf. »Hast du mich vielleicht gefragt, ob ich das überhaupt will?«
    »Du hättest abgelehnt. Das Schuldgefühl hätte dich dazu gezwungen. Das ist ja gerade der Sinn des Ganzen.«
    »Aber vielleicht hätte ich auch so abgelehnt. Hast du darüber jemals nachgedacht? Ich kann noch vor dem Mittagessen eine halbe Million Menschen umbringen. Meinst du nicht, dass es da eine gute Idee ist, ein paar Sicherheitsvorkehrungen zu treffen? Vielleicht erinnerst du dich noch an das Gerede über allumfassende Macht ?«
    »Klar«, sagte Jovellanos. »Jedes Mal, wenn ich Lertzman oder Rowan sehe.«
    »Lertzman oder Rowan sind mir verdammt noch mal egal! Du hast das mit mir gemacht!«
    »Ich habe es für dich gemacht, Achilles.«
    Überrascht blickte er auf. »Wie hast du mich gerade genannt?«
    »Achilles.«
    »Verflucht noch mal.«
    »Hör zu, du hast nichts zu befürchten. Die Hunde werden Schuldgefühl in deinem Blut finden wie eh und je. Das ist ja gerade das Schöne daran: Spartakus beeinträchtigt das Schuldgefühl nicht. Es blockiert lediglich die Rezeptoren.«
    »Spartakus? So nennt ihr es?«
    Jovellanos nickte.
    »Was bedeutet der Name?«
    »Schlag nach. Die Sache ist …«
    »Und warum gerade jetzt?« Desjardins warf verzweifelt die Hände in die Luft. »Du hättest dir keinen ungünstigeren Zeitpunkt aussuchen können.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Killjoy, von dir hängt alles ab, und die ganze Welt steht auf dem Spiel. Wenn du jemals einen klaren Kopf gebraucht hast, dann jetzt. Du kannst es dir nicht leisten, an die Ziele irgendeines Konzerns gebunden zu sein. Niemand kann sich das leisten.«
    Er funkelte sie an. »Du bist eine verdammte Heuchlerin, Alice. Du hast mich infiziert. Du hast mich nicht gefragt, hast es mir nicht einmal gesagt, sondern mir einfach ein Virus verabreicht, wegen dem ich meinen Job verlieren könnte oder Schlimmeres …«
    Sie hob die Hände, wie um seine Worte abzuwehren. »Achilles, ich …«
    »Ja, ja, du hast es für mich getan. Wie selbstlos du doch bist! Rammst mir deine hausgemachte Autonomie der Marke Spartakus die Kehle hinunter, ob es mir nun gefällt oder nicht. Ich bin dein Freund, Alice! Warum hast du das getan?«
    Sie betrachtete ihn einen Moment lang im schwindenden Licht.
    »Das weißt du nicht?«, sagte sie schließlich mit kalter, wütender Stimme. »Der verdammte Wunderknabe hat nicht die geringste Ahnung. Warum machst du nicht eine Erregeranalyse oder so etwas und findest es heraus?«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging davon.

Spartakus
    »Achilles, manchmal bist du ein solcher Idiot, dass ich es kaum glauben kann.
    Du

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