Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts

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gewesen war. Nichts in Burtons Arsenal würde sie abschrecken können. Sie war auf dem Weg zu ihnen.
    Und wenn die gewaltigen schwarzen Ambosse, die sich von Süden her näherten, ein Indiz waren, brachte sie den Zorn Gottes mit sich.

    Vielleicht hat sie es ja so geplant , grübelte er. Womöglich hat sie den Sturm ebenso heraufbeschworen wie das Erdbeben.
    Es war leicht, der Legende Glauben zu schenken, sogar verlockend. Aber man musste keine Zauberei bemühen, um die Gewitterwolken zu erklären, die sich Chicago näherten. Heftige Stürme im Frühjahr waren in dieser Gegend seit zwanzig Jahren an der Tagesordnung. Nur eine weitere Überraschung, die das chaotische Ursache-Wirkungs-Bündel namens Klimawandel mit sich gebracht hatte.
    Bestimmte Teile der Wirtschaft hatten sogar davon profitiert. Die Nachfrage nach bruchsicheren Fenstern war nie größer gewesen.
    Doch wenn Clarke auch nicht mittels Magie über die Elemente verfügte, so war sie doch zumindest schlau genug, sie zu ihrem Vorteil zu nutzen. Vielleicht hatte sie sich zurückgehalten, sich dem erbarmungslosen Lockruf des Wassers standhaft widersetzt, bis das Wetter ihr zu Hilfe kam.
    Nun, umso besser. Das würde ihren Glauben an den Erfolg nur noch mehr stärken.
    Das Cockpit-Intercom piepte in seinem Ohr: »Das Unwetter kommt zu schnell näher, Sir. Wir müssen entweder darüber aufsteigen oder landen.«
    »Wie lange noch?«, fragte Lubin.
    »Höchstens eine halbe Stunde.« Draußen leuchtete der Himmel grellweiß auf. Das schwache Grummeln einer Lawine durchlief das Deck.
    »In Ordnung.« Lubin zoomte die Sichtanzeige hoch. Lake Michigan, dreihundert Meter unter ihm, war ein aufgewühlter grauer Hexenkessel aus metallenen Objekten. Zwischen dem Lifter und dem See befanden sich ein Dutzend getarnter Transporter, deren Thayer-Netze auf höchste Tarnstufe eingestellt waren. Lubin konnte sie sehen, wenn er es wollte – die Chromatophoren hinkten bei der Imitation schneller Fraktale ein wenig hinterher. Für das Auge eines Zivilisten würde es jedoch so aussehen, als hinge der Lifter allein in der Luft.
    »Die Delfine sind im Wasser«, meldete Burton vom anderen Ende der Kabine. »Die Überwachungskamera an einem der Regenwasserkanäle ist ausgefallen, drüben in South Aberd …«
    Lubin schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab: Ein weißes Diamant-Icon war gerade auf der Tischplatte aufgetaucht. Eine Sekunde später piepte sein Comlink.
    »West Randolph«, meldete jemand irgendwo aus Chicago. »Sie hat gerade den Fluss überquert. Bewegt sich in östliche Richtung.«

    Sie hatten an strategisch günstigen Positionen entlang des Chicago River zusätzlich zu der üblichen Elektronik zur Abwehr von Exoten Netze aufgespannt. Clarke war es bereits einmal gelungen, einen Fluss zu überqueren und eines dieser Schleppnetze zu überwinden, und es hatte die Möglichkeit bestanden, dass sie es erneut versuchen würde. So einfach würde sie es ihnen dieses Mal allerdings nicht machen. Sie war auf der falschen Seite der Absperrungen gesichtet worden. Eine Mechfliege hatte eine Aura aufgeschnappt, die nicht im Geringsten zu den Accessoires der Frau passte, zu der sie gehörte. Die Tür, durch die sie verschwunden war, führte zu einem halbleeren Geschäftskomplex, einem Kaninchenbau mit über hundert Eingängen.
    Lubin stellte seine Spielfiguren neu auf. Zwei der Helikopter sanken auf Spuckentfernung zu den Wellen hinab und brachten jeweils Zwillinge zur Welt – Mini-U-Boote, die den Jungen eines Finnwals glichen und in einem Bogen zwei Kilometer vom Seeufer entfernt Stellung bezogen. Jedes der U-Boote brachte wiederum einen ganzen Wurf Aufklärer zur Welt, die ein weit verstreutes Netz bildeten, das von der Oberfläche des Sees bis zu seinem Grund reichte.
    Die anderen Helikopter zwischen Meigs Field und der Hafenanlage an der Grand Avenue landeten, spuckten ihre Fracht aus und wurden gegen den näherkommenden Sturm sicher verankert. Der Lifter des Kommandanten folgte ihnen und blieb fünfzig Meter über dem Uferdamm in der Luft hängen. Lubin rutschte eine ausfahrbare Röhre hinunter, die sich aus dem Bauch des Lifters schob wie ein langer dünner Rüssel. Als sich das riesige Luftschiff schließlich davongewälzt hatte, war am Fuß des East Monroe bereits eine Kommandobaracke errichtet worden.
    Lubin stemmte sich gegen den stärker werdenden Wind und warf einen Blick über die Brüstung von Chicagos neuem Uferdamm. Jenseits des Geländers fiel der von