Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
Vom Netzwerk:
Strömung ankämpfen, und in den Rohren wäre keinerlei Luft mehr verbl …«
    »Inzwischen fließt alles durch die Regenwasserkanäle?«
    »Das meiste.«
    »Werden die Gitter standhalten?«
    »Ich verstehe nicht«, sagte die Technikabteilung.
    »Die Gitter! Das Gittergeflecht, das die Auslassöffnungen verschließt. Ist es in der Lage, einer solchen Wassermenge standzuhalten?«
    »Die Gitter sind eingefahren«, sagte die Technikabteilung.
    »Was?«
    »Sie falten sich automatisch zusammen, wenn die Menge an Kubikmetern pro Sekunde zu hoch wird. Sonst würden sie den Strom aufhalten, und es würde einen Rückstau im System geben.«
    Und dieses war der nächste Streich.
    Lubin öffnete einen Kanal an alle Einsatzkräfte. »Sie kommt nicht über Land. Sie ist …«
    Kinsman, die Delfinfrau, unterbrach ihn: »Gandhi ist auf etwas gestoßen. Kanal zwölf.«
    Er wechselte den Kanal und fand sich unter Wasser wieder. Das Bild bestand zur Hälfte aus verschwommenem weißem Rauschen. Interferenzen, die selbst die Bayes'schen Filter nicht in Echtzeit beseitigen konnten. Die andere Hälfte sah wenig besser aus: ein schaumiges graues Durcheinander aus Luftblasen und Wasserwirbeln.
    Den Bruchteil einer Sekunde lang war auf der linken Seite etwas zu sehen: eine dunkle Gestalt, die sich bewegte. Gandhi hatte es ebenfalls bemerkt und schwenkte mühelos auf das neue Ziel um. Die Kamera rotierte nahtlos um den eigenen Brennpunkt, während sich der Delfin auf den Rücken drehte. Die Umgebung wurde dunkler.
    Er geht tiefer , wurde Lubin klar. Er will sie von unten her angreifen. Braver Junge.
    Jetzt zeigte das Bild einen diffusen, strahlenförmigen Lichtfleck, der an den Rändern in Schwärze überging. So sah der Aufstieg zu einer helleren Oberfläche aus. Plötzlich kam rechter Hand das Ziel in Sicht – eine Silhouette mit Armen und einem Kopf, die nach links abglitt und dann verschwand.
    »Treffer«, meldete Kinsman. »Sie hat ihn nicht kommen sehen.«
    »Denken Sie daran, dass sie dort draußen kein Blut verlieren darf«, warnte Lubin.
    »Gandhi weiß Bescheid. Er benutzt nicht seine Brust, er rammt …«
    Erneut waren Teile eines menschlichen Schattens zu sehen, der sofort wieder verschwand. Das Bild flackerte leicht.
    »Hm«, sagte Kinsman. »Das hat sie irgendwie vorhergesehen. Diesmal wäre es ihr sogar fast gelungen auszuweichen.«
    Die Implantate. Einen Moment lang befand sich Lubin wieder auf dem Juan-de-Fuca-Meeresrücken, drei Kilometer schwarzes Eiswasser über sich. Spürte das Tick-tick-tick von Beebes Echolot in der Maschinerie in seiner Brust …
    »Sie spürt die Klicklaute«, sagte er. »Sagen Sie Gandhi, er soll …«
    Ein weiterer Angriff. Dieses Mal stellte sich Clarke ihrem Angreifer direkt, ihre Augen helle Flecken in einem dunklen Puzzle. Sie riss einen Arm hoch, in dem vergeblichen Versuch, zweihundert Kilo Muskeln und Knochen abzuwehren. Moment mal. Sie hält etwas in der Hand. Sie …
    Das Bild glitt nach links ab. Plötzlich drehte sich das Wasser wieder. Aber dieses Mal handelte es sich nicht um eine elegante, kontrollierte Drehung, sondern um ein wildes, rotierendes Trudeln, reine Bewegungsenergie, die vom Wasserwiderstand verlangsamt wurde. Voraus wölbte sich nur noch die Dunkelheit der Tiefe. Eine andere Dunkelheit kam von der Seite her in Sicht, eine blutige schwarze Wolke, die sich kurze Zeit sammelte, ehe sie von den Strömungen auseinandergerissen wur de.
    »Verdammt«, sagte Kinsman. Lubins Headset verstärkte ihr Flüstern so sehr, dass es sogar den Donner übertönte.
    Sie hat ihren Gasknüppel behalten. Den ganzen Weg von Beebe und danach zu Fuß, per Anhalter und Bus über den gesamten verdammten Kontinent.
    Schön für sie …
    Das Bild löste sich in Dunkelheit und einem letzten Aufflackern von weißem Rauschen auf. Lubin befand sich wieder am Seeufer, der strömende Regen legte einen Schleier über die Umgebung, wodurch die Sicht kaum besser war als in der Welt, die er gerade verlassen hatte.
    »Gandhi ist tot«, meldete Kinsman.
     
    Kinsman schickte ein Team aus zwei weiteren Delfinen zum Schauplatz von Gandhis letztem Kampf. Wenige Minuten, nachdem sie eingetroffen waren, zog sich Lubin auf die Mauer des Uferdamms hoch. Burton wartete dort mit einem aufgeladenen Tintenfisch auf ihn. Wasser floss in Strömen an seinem Regencape herab.
    »Lassen Sie sie ausschwärmen«, befahl Lubin Kinsman über die Sprechverbindung. »In einer Hyperbel ausgehend von dem Leichnam in Richtung des offenen

Weitere Kostenlose Bücher