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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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können.
    Lertzman war nun nicht mehr zu helfen. Und auch gegen seinen Mörder ließ sich nichts ausrichten: Lubin war aus Desjardins' Leben verschwunden, Lenie Clarke dicht auf den Fersen. Wenn er Erfolg hatte, würde Ken Lubin möglicherweise der Retter der Welt sein. Ken-der-verdammte-Psychopath-Lubin, Retter von Milliarden. Es war beinahe komisch. Vielleicht würde er sich hinterher eine kleine Mord-Orgie gönnen, um seinen Erfolg zu feiern. Ein Sicherheitsleck nach dem anderen konstruieren, um sie alle mit der größtmöglichen Sorgfalt wieder zu schließen. Würde es irgendjemand über sich bringen, ihn aufzuhalten, nachdem er so viel Gutes getan hatte? Durch die Rettung von Milliarden konnte man sich eine ganze Menge Nachsicht erkaufen.
    Aber trotz all seiner Macken tat Ken Lubin immerhin etwas Sinnvolles. Er jagte die andere Lenie Clarke, die echte . Die Lenie Clarke, die Achilles Desjardins verfolgt hatte, war nur ein Trugbild. Es gab also doch keine große Verschwörung. Keinen globalen Totenkult. Die Anemone war ein sabbernder Schwachsinniger. Sie wusste lediglich, dass Geschichten von der globalen Apokalypse die eigene Fortpflanzung förderten und dass Lenie Clarke eine freie Eintrittskarte in die Zuflucht darstellte. Sie hatte diese Threads durch reines Glück miteinander in Beziehung gebracht.
    Die Ironie war lediglich, dass die echte Person hinter den Worten der PR tatsächlich gerecht wurde.
    Doch das war Lubins Problem. Nicht seines.
    Das stimmte allerdings nicht ganz, und er wusste es. Lenie Clarke war für sie alle ein Problem. Noch nie hatte es eine stärkere Bedrohung für das Wohl der Allgemeinheit gegeben.
    Vergiss Lertzman. Vergiss Alice. Vergiss Rowan und Lubin und selbst die Anemone. Keiner von ihnen würde eine Rolle spielen, wenn es Lenie Clarke nicht gäbe.
    Mach dir Gedanken über Clarke. Sie ist diejenige, die uns alle umbringen wird.
    Sie war in der Flüchtlingszone in Oregon an Land gegangen und dann weiter in Richtung Norden nach Hongcouver gereist. Von dort aus landeinwärts. Irgendwie war es ihr gelungen, die Quarantäne zu überwinden. Dann hatte es einen Monat oder länger keine Hinweise auf sie gegeben, bis sie im mittleren Westen wieder aufgetaucht war, auf dem Weg nach Süden. Sie hatte sich entlang einer verbotenen Zone fortbewegt, die drei Bundesstaaten umfasste. Dann hatte es am Rand des Staubgürtels zwei neue Ausbrüche gegeben. Und schließlich Yankton – die Spitze eines Pfeils, der auf die Gegend um die Großen Seen herum deutete.
    Zu Hause , hatte Lubin gesagt. Sault Sainte Marie.
    Desjardins drückte einen Knopf an seiner Konsole. In seinen Inlays tauchte das Hauptmenü der Netzbehörde von N'AmPaz auf. Personalakten. Clarke, Lenie.
    Verstorben.
    Was ihn nicht überraschte – die Akten der Bürokraten waren wie üblich topaktuell. Zumindest war die Datei noch nicht gelöscht worden.
    Er rief die Namen der nächsten Verwandten auf: Clarke, Indira und Butler, Jakob.
    Verstorben.
    Und wenn sie ihre Eltern nun nicht finden kann? , hatte Rowan gefragt. Nehmen wir einmal an, sie sind schon vor langer Zeit gestorben.
    Und Lubin hatte erwidert: Die Leute, die sie hasst, sind noch am Leben …
    Er rief die Akten des Einwohnermeldeamtes auf. In den letzten drei Jahren hatte es in Sault Sainte Marie keine Indira Clarke und keinen Jakob Butler gegeben. Weiter reichten die öffentlichen Aufzeichnungen nicht zurück. Die Zentralarchive umfassten noch einmal vier weitere Jahre, aber auch dort fand sich nichts.
    Nehmen wir einmal an, sie sind schon vor langer Zeit gestorben. Eine seltsame Frage, wenn er genauer darüber nachdachte.
    Vergiss die Akten des Einwohnermeldeamtes , dachte Desjardins. Die lassen sich zu leicht fälschen. Er versuchte es stattdessen mit dem Matchmaker und warf eine Flasche in den Mahlstrom hinaus, mit der Frage, ob jemand Indira Clarke oder Jakob Butler in der Nähe von Sault Sainte Marie gesehen hatte.
    Er fand einen Treffer bei der Telefonauskunft von N'AmPaz, eine Anfrage, die sieben Monate zurücklag. Eigentlich hätte sie bereits ein paar Stunden nach ihrem Eingang gelöscht werden müssen. Doch das war nicht geschehen. Und Indira war nicht die einzige Clarke, die darin erwähnt wurde.
    Clarke, Indira , hieß es in der Aufzeichnung. Clarke mit einem ›e‹ am Ende.
    Wie viele Indira Clarkes gibt es in Sault Sainte Marie?
    Wie viele in ganz N'AmPaz, deren Beruf die Mahlstromfischerei ist, mit nur einem weiblichen Kind, geboren im Februar 2018, mit

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