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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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noch auf andere Weise nähern.
    Es war zum Beispiel wahrscheinlich, dass die Channer-Quelle mit einer Atombombe vernichtet worden war, um irgendeinen Risikofaktor einzudämmen. Beebe wäre niemals in Betrieb genommen worden, wenn dieses Risiko vorher bekannt gewesen wäre. Es musste also eine gewisse Zeitspanne gegeben haben, in der sich die Bedrohung ausgebreitet hatte, ohne dass es irgendjemand bemerkte. Und nachdem die Gefahr entdeckt worden war, hatte man sicher im Nachhinein Schadensbegrenzung betreiben müssen …
    Die Bauunternehmen. Die Schiffswerften an der Westküste. Natürlich würde man dafür keine Atombomben einsetzen, nicht an Land.
    Feuer möglicherweise.
    Er ließ sich eine Darstellung der Häufigkeit von Feuern in einem bestimmten Zeitraum innerhalb eines Radius von fünf Kilometern um marine Bauunternehmen entlang der Küste von N'AmPaz anzeigen. Etwa drei Monate, nachdem Beebe den Betrieb aufgenommen hatte, kam es zu einer merkwürdigen Häufung: Innerhalb einer Woche waren in der Urchin-Schiffswerft, in den Fertigungsanlagen der Firma Hanson und dem SanFran-Komplex von Showell Marine heftige Feuer ausgebrochen. In den zwei Wochen danach war es in einem Dutzend weiterer Einrichtungen zu verschiedenen Formen der Brandstiftung gekommen. Ganz zu schweigen von ein paar Firmen, die im Zuge eines »laufenden Erneuerungsprogramms« große Teile ihres Eigentums verbrannt hatten.
    Lubin dehnte die Reichweite aus und wiederholte seine Anfrage: sämtliche größeren Feuer in einem bestimmten Zeitraum entlang der Küste von N'AmPaz.
    Die Karte leuchtete auf.
    Meine lieber Schwan , dachte er.
     
    Irgendetwas hatte Lubins Arbeitgeber zu Tode erschreckt. Und es hatte unten in Beebe seinen Anfang genommen.
    In der Metabase waren keine Krankheitserreger für die Channer-Quelle verzeichnet, keine mikroskopisch kleinen, fiesen Räuber, die den menschlichen Körper von innen heraus auffressen. Dafür jedoch macroskopische Räuber – davon gab es an der Channer-Quelle jede Menge. Viperfische, Anglerfische und Fetzenfische. Schwarze Ungeheuer mit scharfen Zähnen, manche mit biolumineszenten Begrenzungsleuchten ausgestattet, andere blind wie Maulwürfe, wieder andere, die nach Belieben das Geschlecht wechseln konnten, und manche, aus deren Leibern die eingewachsenen Körper ihrer Geschlechtspartner herausragten. Grauenhafte, groteske Gestalten. Sie bevölkerten die mittleren Tiefen des Ozeans, und sie wären sicher äußerst furchteinflößend gewesen, wenn sie denn jemals größer als ein paar Zentimeter geworden wären.
    An der Channer-Quelle wurden sie das tatsächlich. Irgendetwas hatte diese kleinen Albtraumgestalten in größere Tiefen hinabgelockt als die, in denen sie sich für gewöhnlich aufhielten, und sie in gefräßige Giganten verwandelt, die die Größe eines Menschen erreichen konnten. Man verließ Beebe nicht ohne einen Gasknüppel am Bein, und man kehrte nur selten in die Station zurück, ohne ihn benutzt zu haben.
    Irgendetwas an der Channer-Quelle erschuf Monster. Lubin schickte eine Nachricht in die Zuflucht hinein und fragte, worum es sich dabei handeln könnte.
    Die Zuflucht war sich nicht ganz sicher. Es gab jedoch einen technischen Bericht in der Grauen Literatur, in dem zumindest eine Vermutung geäußert wurde: Es könnte sich um eine Art endosymbiotische Infektion handeln, die die Wachstumsenergie vermehrte. In der Diskussion tauchte der Begriff ansteckende Neo-Mitochondrien auf.
    Die Autoren des Berichts – ein paar Eierköpfe an der Universität Rand/Washington – waren der Ansicht, es könnte sich um irgendeine Mikrobe an der Channer-Quelle handeln, die Zellen infizierte und eine symbiotische Verbindung mit ihnen einging. Sie versorgte die Wirtszelle mit mehr Wachstumsenergie und erhielt dafür freie Kost und Logis. Auch wenn die Forscher nicht genau wussten, was für eine Mikrobe das sein könnte, waren sie doch der Meinung, dass sie einige ziemlich offensichtliche Merkmale aufweisen müsste. Sie müsste klein genug sein, um in eine eukaryotische Zelle eindringen zu können, eine hohe Assimilationsrate von anorganischem Schwefel besitzen, und noch ein paar andere Dinge.
    Eine Infektion, die Riesenwuchs bei Fischen hervorrief. Erneut: Hmm.
    Nachdem Lubin an Land gegangen war, hatte er sich als Allererstes auf Krankheitserreger untersuchen lassen. Doch die Tests waren negativ ausgefallen. Diese Channer-Mikrobe war jedoch etwas Neues und streng genommen nicht einmal eine Krankheit.

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