Mahlstrom
»Ich bin auf Ihrer Seite. Ich bin …«
Glastüren, die nach draußen führten. Clarke drängte sich hindurch. Der eisige Wind, der ihr entgegenschlug, ließ die globale Erwärmung wie ein abstraktes Konzept erscheinen. Das Gebäude der Wartehalle erstreckte sich um sie herum wie eine hufeisenförmige Schlucht.
»Ich will Ihnen helfen …«
Clarke drückte zweimal hintereinander auf ihre Uhr. »Befehlsmodus«, antwortete das Gerät.
»Ausschalten«, sagte sie.
»Amitav ist so …«
»Ausgeschaltet«, bestätigte die Uhr und fuhr sich augenblicklich herunter.
Sie war allein.
Der Bürgersteig war leer. Licht drang aus dem Kaninchenbau der Habitrail-Röhren, die McCalls Gäste vor dem Winterwetter schützten. Von den Dächern war das leise Heulen von Turbinen zu hören.
Clarke drückte erneut zweimal auf ihre Uhr. »Eingeschaltet.«
Aus dem Ohrstöpsel drang wieder leises Rauschen, obwohl sich ihre Uhr innerhalb des Empfangsradius von zwei Metern befand.
»Sind Sie noch da?«, fragte sie.
»Ja.«
»Was ist mit Amitav?«
»Kurz bevor sie … ich meine …« Die Stimme räusperte sich. »Die haben einfach alles verbrannt. Alles und jeden. Er muss …«
Eine plötzliche Windböe schlug der Meerjungfrau ins Gesicht. Sie atmete bitterkalte Luft ein.
»Es tut mir leid«, flüsterte die fremde Frau in ihrem Kopf.
Clarke drehte sich um und ging wieder in die Wartehalle hinein.
Wärmetod
Der Bildschirm war beinahe leer. Vor einem dunklen Hintergrund waren nur wenige Daten zu sehen: Längen- und Breitengrade, eine winzige GPS-Anzeige des Internationalen Flughafens Calgary und die Worte kein Bild , die im Zwei-Sekunden-Takt aufblinkten und das Offensichtliche anzeigten.
»Woher wissen Sie das?«, hauchte eine körperlose Stimme in Perreaults Ohr.
»Ich habe es gesehen. Na, jedenfalls den Anfang.« Im Hintergrund waren dröhnende Flughafengeräusche zu hören. »Es tut mir leid.«
»Es war seine eigene Schuld«, sagte Clarke nach einer Weile. »Er hat zu viel Wind gemacht. Er … hat es geradezu herausgefordert.«
»Ich glaube nicht, dass es daran gelegen hat«, sagte Perreault. »Die haben ganze acht Kilometer in Schutt und Asche gelegt.«
»Was?«
»Ich glaube, es ging um irgendeine biologische Gefahr. Amitav hat es einfach nur mit erwischt …«
»Nein.« Worte, so leise, dass sie fast wie weißes Rauschen klangen. »Das kann nicht sein.«
»Es tut mir leid.«
Kein Bild. Kein Bild.
»Wer sind Sie?«, fragte Clarke schließlich.
»Ich steuere Mechfliegen«, sagte Perreault. »Hauptsächlich für Aufräumarbeiten. Ich habe Sie gesehen, als Sie aus dem Ozean gekommen sind. Ich habe gesehen, welchen Einfluss Sie auf die Menschen in der Zone hatten. Und wie Sie eine dieser … Visionen hatten.«
»Na, da sind Sie ja eine richtige kleine Spannerin«, sagte Clarke.
»Das war nicht ich«, fuhr Clarke kurz darauf fort. »In der Zone. Das war Amitav.«
»Er ist lediglich Ihrem Beispiel gefolgt. Sie waren sein Vorbi …«
»Ich war es nicht.«
»Also gut. Von mir aus.«
Kein Bild.
»Warum folgen Sie mir?«, fragte Clarke.
»Irgendjemand hat uns … miteinander verbunden. Genauso wie vor kurzem im Busbahnhof.«
»Wer?«
»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich einer Ihrer Freunde.«
Clarke gab eine Mischung aus Husten und Lachen von sich. »Das glaube ich nicht.«
Perreault holte tief Luft. »Sie … werden immer bekannter, müssen Sie wissen. Immer mehr Leute werden auf Sie aufmerksam. Einige von ihnen beschützen Sie offenbar.«
»Und wovor genau?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht vor den Leuten, die das Erdbeben ausgelöst haben.«
»Was wissen Sie darüber?« Clarkes Stimme hallte wie ein Peitschenschlag durch die Verbindung.
»Millionen sind gestorben«, sagte Perreault. »Und Sie wissen, warum. Deswegen stellen Sie für die falschen Leute eine Gefahr dar.«
»Glauben Sie das wirklich?«
»Das ist eines der Gerüchte. Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen nicht sonderlich viel, nicht wahr?«
»Ich …«
»Sie wissen nicht, wer ich bin. Sie wissen nicht, was meine Ziele sind oder was ich get … Und Sie wissen auch nicht, wer die anderen sind und was sie wollen. Sie sitzen einfach nur da und lassen sich von ihnen benutzen.«
»Was ist Ihr Ziel?«
»Das geht Sie, verdammt noch mal, nichts an.«
Perreault schüttelte den Kopf. »Ich versuche nur, Ihnen zu helfen, wissen Sie.«
»Lady, soweit ich weiß, existieren Sie womöglich nicht einmal. Vielleicht spielt mir dieser Typ in South Bend
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