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Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Maigret - 18 - Maigret in Nöten

Titel: Maigret - 18 - Maigret in Nöten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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seinen Bart, und es war fast ein wenig beunruhigend, dass er eine so tadellose Haltung bewahrte.
    »Bist du sicher?«
    »Ganz sicher. Er hat sich erklären lassen, wie man die Waffe handhabt.«
    »Wenn er jetzt weggeht, aber bitte nicht gleich hier, nimmst du ihn möglichst diskret fest und bringst ihn zu mir aufs Kommissariat.«
    Maigret überquerte sogleich die Straße und blieb keine drei Meter von Ducrau entfernt stehen, der sich darüber wunderte. Noch immer zogen Trauergäste vorbei, blau gekleidete Schiffer mit sonnengegerbten Gesichtern und ausgebleichten Haaren. Maigrets Blick kreuzte den Gassins, der näher kam, aber der Alte zeigte sich weder überrascht noch verstimmt.
    Nun war er an der Reihe. Er trat hinter den andern auf der Stelle. Dann endlich streckte er, ohne etwas zu sagen, seine alte, runzlige Hand aus und drückte die seines Chefs.
    Das war alles. Er ging weiter. Maigret versuchte an seinem Gang zu erkennen, ob er getrunken hatte oder nicht, aber er war sich nicht sicher, denn wer unmäßig trinkt, wird mitunter auch übermäßig kaltblütig.
    Der Inspektor wartete an der nächsten Straßenecke. Maigret gab ihm Zeichen, dass es so weit sei, und die beiden Männer entfernten sich einer hinter dem andern.
     
    »Kannst du bitte in der Rue du Sentier, im Haus gegenüber dem Postamt, hundert Meter Vorhangkordel kaufen gehen? …«, hatte Madame Maigret heute früh am Telefon gebeten.
    Überall in Charenton stieß man auf Schiffer, und bald würden vom Kanal bis nach Auteuil hinauf in allen Cafés auf den Quais diese sonntäglich gekleideten Männer zu sehen sein.
    Wie mochte der alte Gassin wohl reagiert haben, als ihn der Inspektor festnahm? Maigret war lieber in die andere Richtung davongegangen, und nun war ihm nicht mehr klar, in welcher Straße er sich befand. Jemand winkte ihm.
    »Kommissar!«
    Es war Ducrau, der ihn schon fast eingeholt hatte – Ducrau, anscheinend hatte er sich von seiner trauernden Familie abgesetzt und den Beileidsbezeugungen ein Ende gemacht, um Maigret nicht entwischen zu lassen.
    »Was tut sich da um Gassin herum?«
    »Wie meinen Sie?«
    »Ich habe Sie vorhin beobachtet, als Ihr Inspektor mit Ihnen sprach. Wird man ihn festnehmen?«
    »Schon geschehen.«
    »Weshalb?«
    Maigret fragte sich einen Augenblick, ob er reden sollte oder besser nicht.
    »Er hat heute Morgen einen Revolver gekauft.«
    Der Reeder sagte nichts, aber seine Augen verengten sich zu Schlitzen, sein Blick wurde streng.
    »Ich nehme an, das gilt Ihnen?«, fuhr der Kommissar fort.
    »Das ist allerdings möglich«, schnarrte Ducrau, ließ eine Hand in der Tasche verschwinden und holte einen Browning heraus.
    Er lachte herausfordernd.
    »Nehmen Sie mich fest?«
    »Lohnt sich nicht. Ich müsste Sie eh gleich wieder freilassen.«
    »Und Gassin?«
    »Gassin ebenfalls.«
    Sie standen in einer engen Gasse an einem Fleck, wo die Sonne auf den Gehsteig schien, rund um sie einkaufende Hausfrauen, und wenn Maigret sich nun die beiden Männer vorstellte, die da, jeder mit seinem Revolver, frei in Paris herumliefen, kam es ihm plötzlich vor, als spielte er in einer Komödie den Gottvater.
    »Gassin wird mich nicht umbringen«, behauptete der Reeder.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Einfach so.«
    Und, in anderem Tonfall:
    »Wollen Sie morgen zum Mittagessen zu mir aufs Land rauskommen? Nach Samois.«
    »Mal sehen. Jedenfalls danke für die Einladung.«
    Maigret ließ ihn laufen, samt seinem Revolver und seinem steifen Hemdkragen, der ihn beengte. Er war müde, und es fiel ihm wieder ein, dass er seiner Frau versprochen hatte, sie anzurufen, um ihr zu sagen, ob er den Sonntag mit ihr verbringen würde. Zunächst ging er jedoch aufs Kommissariat. Dort war es wenigstens halbwegs kühl. Der Kommissar war zum Mittagessen weggegangen, und sein Sekretär empfing Maigret sehr diensteifrig.
    »Ihr Mann sitzt in der Zelle links. Ich habe den Inhalt seiner Taschen hierbehalten.«
    Er lag auf einer auseinandergefalteten Zeitung: einmal die Waffe, ein billiger Trommelrevolver; dann eine Meerschaumpfeife, ein Tabakbeutel aus rotem Gummi und ein blau umsäumtes Taschentuch; schließlich eine weiche, rötlichbraune Brieftasche, die Maigret zuerst kurz befühlte, bevor er sie öffnete.
    Es war so gut wie nichts darin. In einem Fach die Papiere der ›Toison d’Or‹ und der Meldezettel mit den Unterschriften der Schleusenwärter. Dann etwas Geld und zwei Fotos: auf dem einen eine Frau, auf dem andern ein Mann.
    Die Aufnahme der Frau

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