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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hierhergekommen sind … Alle Welt weiß es … Ich glaube, Sie vergeuden nur Ihre Zeit.«
    Sie sprach von den Maliks, von Ernest und von Charles.
    »Sie haben Charles noch nicht gesehen? Sie werden ihn kennenlernen … Und seine Frau, die jüngere der Demoiselles Amorelle, die die Lieblingstochter war. Sie werden sie kennenlernen. Wir sind ja ein winziger Flecken. Kaum ein Weiler. Und dennoch geschehen die merkwürdigsten Dinge. Ja, man hat Mademoiselle Monita am Stauwehr gefunden.«
    Nein, sie, Madame Jeanne, wußte nichts. Kann man je wissen, was so einem jungen Mädchen durch den Kopf geht?
    Sie trank, Maigret trank, hörte ihr zu, füllte die Gläser, erlag gewissermaßen einem Zauber und sagte ab und zu:
    »Ich halte Sie davon ab, schlafen zu gehen.«
    »Auf mich brauchen Sie keine Rücksicht zu nehmen … Ich schlafe so wenig mit all meinen Schmerzen! Aber wenn Sie müde sind …«
    Er blieb noch ein bißchen. Und als jeder über seine Treppe hinaufgestiegen war, hatte er ein Gepolter vernommen, das darauf hindeutete, daß Madame Jeanne auf die Stufen gefallen war.
    Sie dürfte noch nicht aufgestanden sein. Er beschloß, aus dem Bett zu klettern und sich ins Bad zu begeben, um zunächst einmal zu trinken, um in langen Zügen frisches Wasser zu trinken und dann den üblen Alkoholschweiß abzuwaschen, den Geruch nach Kümmel. Nein, nie wieder würde er ein Glas Kümmel anrühren!
    Sieh an! Da kam jemand zum Gasthof. Er hörte die Stimme der Kellnerin:
    »Wenn ich Ihnen doch sage, daß er noch schläft …«
    Er beugte sich aus dem Fenster und sah eine Frau in Schwarz mit weißer Schürze, die mit Raymonde sprach.
    »Ist das für mich?« fragte er.
    Und mit emporgerecktem Kopf erwiderte das Zimmermädchen:
    »Da sehen Sie ja, daß er nicht schläft!«
    Sie hielt einen Brief mit schwarzumrandetem Umschlag in der Hand und verkündete:
    »Hier ist eine Antwort.«
    Raymonde brachte ihm den Brief herauf. Er hatte seine Hose übergezogen, und die Träger hingen an seinen Hüften herab. Es war schon heiß draußen. Ein leichter Dunst stieg vom Fluß auf.
     
    Würden Sie mich bitte so schnell wie möglich aufsuchen? Am besten folgen Sie meinem Zimmermädchen, das Sie in meine Wohnung führen wird, sonst läßt man Sie vielleicht nicht hinauf. Ich weiß, daß Sie die anderen alle zum Mittag treffen werden.
    Bernadette Amorelle
     
    Er folgte dem Zimmermädchen, einer etwa vierzigjährigen Frau, die sehr häßlich war und die gleichen Stiefelknopfaugen hatte wie ihre Herrin. Sie redete kein einziges Wort, und ihre Haltung schien zum Ausdruck zu bringen:
    ›Geben Sie sich keine Mühe, mich zum Sprechen zu bringen. Ich habe meine Vorschriften und lasse nicht mit mir umspringen.‹
    Sie gingen an der Mauer entlang, durchs Gittertor, schritten über die Allee, die zu dem ausladenden Wohnhaus der Amorelles führte. In allen Bäumen des Parks sangen die Vögel. Der Gärtner schob eine Schubkarre Mist vor sich her.
    Das Haus war nicht so modern wie das von Ernest Malik, nicht so prunkvoll, gleichsam vom Nebel der Zeit verblichen.
    »Hier entlang …«
    Sie traten nicht durch das große Portal, das die Freitreppe krönte, sondern durch eine Pforte im rechten Flügel und stiegen eine Treppe empor, deren Wände mit Stichen aus dem vergangenen Jahrhundert geschmückt waren. Sie hatten die erste Etage noch nicht erreicht, als sich bereits eine Tür öffnete und Madame Amorelle ebenso steif und ebenso entschieden wie am Vortag erschien.
    »Sie haben lange gebraucht«, erklärte sie.
    »Monsieur war noch nicht fertig … Ich mußte warten, bis er sich angekleidet hatte …«
    »Kommen Sie herein, Kommissar. Ich hatte geglaubt, ein Mann wie Sie würde früh aufstehen.«
    Das war ihr Zimmer, ein großer Raum mit drei Fenstern. Das Säulenbett war schon gemacht. Auf den Möbeln lagen Gegenstände herum, und man spürte, daß nahezu das ganze Leben der alten Dame sich in diesem Zimmer abspielte, daß es ausschließlich ihr Reich war, dessen Pforten sie ungern öffnete.
    »Nehmen Sie Platz! Ja, bitte! Ich verabscheue es, mit jemandem zu reden, der stehenbleibt. Sie können Ihre Pfeife rauchen, wenn es Sie danach verlangt. Mein Mann rauchte von morgens bis abends Pfeife. Das riecht nicht so schlecht wie Zigarren … Sie haben also bereits mit Ernest Malik zu Abend gegessen?«
    Es hätte komisch wirken können, sich als kleiner Junge behandelt zu sehen, aber Maigret hatte an diesem Morgen keinen Sinn für Humor.
    »In der Tat, ich habe mit

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