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Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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kennengelernt hatte.
    Der eine war klein, untersetzt, hatte einen ungewöhnlich langen Hals und grobe Hände: Monsieur Campois vermutlich, denn er ähnelte der Beschreibung, die Jeanne ihm am Vorabend von ihm gegeben hatte. Der andere, der sein Enkel sein mußte, war ein großer Bursche mit offenem Gesicht.
    Die beiden sahen ihn, der friedlich auf das Tor zumarschierte, mit einem gewissen Erstaunen an; dann drehten sie sich nach ihm um, blieben sogar stehen, um ihm nachzuschauen.
    ›Das ist ja vorzüglich gelaufen!‹ sagte sich Maigret und entfernte sich in Richtung Seine.
    Ein Boot überquerte den Fluß. Hinten am Steuer saß ein alter Mann in einem gelblichen Leinenanzug und mit einer knallroten Krawatte um den Hals. Das war sicher Monsieur Groux, der zum Essen eintraf. Sie würden alle da sein, bis auf ihn, für den dieses Mittagessen ausgerichtet wurde.
    Und Georges-Henry? Maigret begann seinen Schritt zu beschleunigen. Er hatte keinen Hunger, aber entsetzlichen Durst. Auf alle Fälle schwor er sich, daß er, was auch kommen mochte, keine kleinen Gläser Kümmel mit der alten Jeanne trinken würde.
    Als er den ›Ange‹ betrat, sah er die Wirtin nicht an ihrem gewohnten Platz neben der alten Standuhr sitzen. Er schob den Kopf durch die angelehnte Küchentür, und Raymonde rief ihm zu:
    »Ich dachte, Sie essen nicht hier zu Mittag?«
    Dann hob sie ihre stämmigen Arme hoch und fügte hinzu:
    »Ich habe nichts vorbereitet. Denn Madame ist krank und will nicht runterkommen.«
    Es war nicht einmal Bier im Haus.

4
Die obere Hundehütte
    Es wäre schwer zu sagen gewesen, wie es dazu gekommen war, jedenfalls waren Maigret und Raymonde jetzt Freunde. Noch vor einer Stunde hätte sie ihm den Zutritt zur Küche am liebsten verboten.
    »Ich sage Ihnen doch, daß ich nichts zu essen habe!«
    Außerdem mochte sie die Männer nicht. Sie fand, sie seien brutal und würden schlecht riechen. Die meisten der Gäste im ›Ange‹, selbst die verheirateten, versuchten sie zu betatschen, und das war ihr zuwider.
    Sie hatte Nonne werden wollen. Sie war groß und weichlich trotz ihrer offensichtlichen Kraft.
    »Was suchen Sie denn?« fragte sie ungeduldig, als sie den Kommissar wie ein Denkmal vor dem offenen Schrank stehen sah.
    »Ein paar Reste. Irgend etwas. Es ist so heiß, daß ich es nicht über mich bringe, an der Schleuse essen zu gehen.«
    »Denken Sie doch nicht, daß es hier Reste gibt! Zunächst und grundsätzlich ist das Haus geschlossen. Genaugenommen: Es steht zum Verkauf. Seit drei Jahren. Und jedesmal, wenn es fast den Besitzer wechseln soll, zögert die Chefin, sucht nach Einwänden und sagt schließlich nein. Dabei braucht sie es gar nicht, um zu leben!«
    »Was werden Sie selbst essen?«
    »Brot und Käse.«
    »Meinen Sie denn nicht, daß genug für uns beide da ist?«
    Er schaute sanftmütig drein, mit seinen großen Augen und seinem Gesicht, in das die Hitze das Blut getrieben hatte. Wie zu Hause hatte er sich in der Küche aufgebaut, und vergeblich hatte Raymonde zu ihm gesagt:
    »Gehen Sie hier raus, es ist noch nicht saubergemacht. Ich werde Ihnen im Gästeraum ein Gedeck auflegen.«
    Er war hartnäckig geblieben.
    »Ich will sehen, ob ich eine Büchse Sardinen auftreibe, aber es wäre reiner Zufall. Es gibt keine Geschäfte in der Gegend. Der Bäcker, der Fleischer und selbst der Kolonialwarenhändler von Corbeil kommen und beliefern die großen Häuser, die Maliks, die Campois. Früher haben sie hier gehalten und uns Vorräte gebracht. Aber mit der Zeit hat die Chefin immer weniger gegessen, und sie meint, die anderen müßten es ihr gleichtun. Warten Sie, ich schau mal, ob Eier im Hühnerstall sind.«
    Sie fand drei Stück. Maigret bestand darauf, ein Omelett zu machen, und lachend sah sie ihm zu, wie er das Gelbe vom Weißen trennte.
    »Warum sind Sie nicht zum Essen zu den Maliks gegangen, Sie sind doch eingeladen? Die sollen einen Koch haben, der Küchenchef beim König von Norwegen oder Schweden gewesen ist, ich weiß nicht mehr.«
    »Ich ziehe es vor, hierzubleiben und mit Ihnen zu speisen.«
    »In der Küche! An einem Tisch ohne Tischtuch!«
    Das stimmte allerdings. Und ohne es zu ahnen, war Raymonde für ihn zu einer kostbaren Hilfe geworden. Hier fühlte er sich wohl. Er hatte seine Jacke ausgezogen und die Hemdsärmel hochgekrempelt. Von Zeit zu Zeit stand er auf, um kochendes Wasser auf den Kaffee zu gießen.
    »Ich frage mich, was sie hier festhält«, hatte Raymonde unter anderem in bezug auf

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