Maigret - 26 - Maigret regt sich auf
besonderen Tips.
»Ein großer Laden. Sie haben einen Haufen Filialen. Solides Geschäft, die haben mit uns nichts zu tun.«
Es tat gut, die Luft dieser Behörde wieder einmal zu atmen, Hände zu drücken und Freude in allen Augen zu lesen.
»Und der Garten, Chef? Und das Angeln?«
Er stieg ins Archiv hinauf. Nichts über Malik. Erst im letzten Moment, als er schon hinuntergehen wollte, fiel ihm ein, unter dem Buchstaben C zu suchen.
Campois … Roger Campois … Sieh mal an! Es gab eine Akte Campois: Roger Campois, Sohn von Désiré Campois, Industrieller. Hat sich in einem Hotelzimmer am Boulevard Saint-Michel mit dem Revolver durch einen Schuß in den Kopf getötet.
Er überprüfte die Daten, Adressen, Vornamen. Désiré Campois, das war bestimmt der Gesellschafter des alten Amorelle, den Maigret in Orsenne gesehen hatte. Er hatte aus der Ehe mit einer gewissen Armande Tenissier, der Tochter eines Bauunternehmers, die inzwischen verstorben war, zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen.
Dieser Junge, mit Vornamen Roger, der Sohn des Désiré, hatte sich mit zweiundzwanzig Jahren das Leben genommen.
Besuchte seit mehreren Monaten die Spielhallen im Quartier Latin und hatte kürzlich hohe Spielschulden gemacht.
Was die Tochter betraf, so war sie verheiratet und hatte ein Kind; sicher war das der junge Mann, der seinen Großvater in Orsenne begleitet hatte.
War auch sie tot? Was war aus ihrem Mann geworden, einem gewissen Lorigan? In der Akte wurde er nicht erwähnt.
»Kommst du mit einen trinken, Lucas?«
In die Brasserie Dauphine natürlich, hinter dem Justizpalast, wo er so manches Bier in seinem Leben getrunken hatte. Die Luft war würzig wie eine Frucht, frische Windstöße über heißem Grund. Und es war ein köstlicher Anblick, den städtischen Sprengwagen breite nasse Streifen auf den Asphalt zeichnen zu sehen.
»Ich will Sie nicht aushorchen, Chef, aber ich muß zugeben, daß ich mich frage …«
»Woran ich bastle, wie? Das frage ich mich auch. Und es ist gut möglich, daß ich mir heute abend ernsthafte Unannehmlichkeiten zuziehe. Schau! Da ist Torrence.«
Der dicke Torrence, der Mimile suchen sollte, wußte selbstverständlich, wo er ihn finden konnte. Er hatte seinen Auftrag bereits ausgeführt.
»Natürlich hat er vor zwei Tagen wieder mal den Beruf gewechselt, Chef. Sie finden ihn als Stallknecht im Luna-Park. Ein Bier!«
Dann kam Janvier, der tüchtige Janvier – sie waren alle tüchtig an diesem Tag, und es war gut, sie um sich zu haben und so mit ihnen zu arbeiten wie früher! Er setzte sich ebenfalls an den runden Tisch, an dem sich schon eine beachtliche Menge Kassenzettelchen angesammelt hatte.
»Was wollen Sie genau über die Firma Amorelle und Campois wissen, Chef?«
»Alles …«
»Warten Sie …«
Er zog ein Stück Papier aus der Tasche.
»Zunächst der alte Campois. Kam mit achtzehn Jahren aus der Dauphiné, wo er geboren war. Eine Art durchtriebener und eigensinniger Bauer. Erst Angestellter eines Bauunternehmers im Quartier de Vaugirard, dann bei einem Architekten, schließlich bei einem Unternehmer in Villeneuve-Saint-Georges. Dort ist er Amorelle begegnet.
Amorelle, geboren im Berry, hat die Tochter seines Chefs geheiratet. Er hat sich mit Campois zusammengetan, und beide haben Gelände flußaufwärts von Paris gekauft, wo sie ihre erste Kiesgrube angelegt haben. Das ist jetzt fünfundvierzig Jahre her …«
Lucas und Torrence betrachteten mit einem amüsierten Lächeln ihren ehemaligen Chef, der geduldig zuhörte. Man hatte den Eindruck, daß Maigret im Verlauf von Janviers Bericht immer mehr die Miene früherer Tage annahm.
»Das habe ich von einem alten Angestellten, der ein entfernter Verwandter von einem Verwandten meiner Frau ist. Ich kenne ihn vom Sehen, und ein paar Gläser haben genügt, um ihn zum Sprechen zu bringen.«
»Und weiter.«
»Es ist die Geschichte von allen Großunternehmen. Nach einigen Jahren besaßen Amorelle und Campois ein halbes Dutzend Kiesgruben an der oberen Seine. Dann haben sie, anstatt ihren Sand und ihren Kies mit Lastkähnen transportieren zu lassen, eigene Schiffe gekauft. Schließlich Schleppdampfer. Das muß damals Aufsehen erregt haben, weil es für einige Transportgesellschaften den Ruin bedeutete. Es hat Demonstrationen vor den Büros der Ile Saint-Louis gegeben … Denn diese Büros befanden sich schon damals, allerdings bescheidener, dort, wo sie heute stehen. Amorelle hat sogar Drohbriefe erhalten. Er hat es
Weitere Kostenlose Bücher