Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
und wiederholte mit hängenden Lippen:
    »Okay, Alter! Okay, Alter … Ich muß schon sagen, jeden anderen, der das von mir verlangen würde, den würde ich gleich beim Quai anzeigen. Aber in Ihrem Fall … Ein Job ist das, ein ziemlich sonderbarer.«
    »Hast du das begriffen?«
    »Ich begreife, daß ich das begriffen habe.«
    »Hast du alles, was du brauchst?«
    »Na klar! Da kenne ich mich aus.«
    Um sicherzugehen, zeichnete der Kommissar ihm eine kleine Skizze von den Örtlichkeiten, sah im Fahrplan nach und wiederholte zweimal seine genauen Anweisungen.
    »Um zehn Uhr muß alles bereit sein, logisch! Sie können sich auf mich verlassen. Von dem Augenblick an, als Sie mir das Ding erklärt haben, daß es da Geschichten gibt …«
    Kurz nach vier bestiegen sie denselben Zug, als würden sie sich nicht kennen, und Mimile, der das alte Fahrrad seines Chefs vom Tiergehege aufgegeben hatte, stieg eine Station vor Orsenne aus.
    Wenige Minuten später verließ Maigret seelenruhig wie ein ständiger Fahrgast den Zug und verweilte bei dem Schrankenwärter, der auch das Amt des Bahnhofsvorstehers versah.
    Er begann die Unterhaltung mit der Bemerkung, daß es auf dem Land heißer sei als in Paris, und das stimmte, denn in dem Tal war die Hitze an diesem Tag besonders drückend.
    »Sagen Sie, gibt es in dem Bistro einen einigermaßen trinkbaren Weißwein?«
    Denn fünfzig Meter vom Bahnhof entfernt befand sich eine Kneipe, und bald saßen die beiden Männer dort vor einer Flasche Weißwein, dann vor kleinen Gläsern, die immer schneller aufeinander folgten.
    Eine Stunde später war offensichtlich, daß der Schrankenwärter in dieser Nacht gut schlafen würde, und das war alles, was Maigret hatte erreichen wollen.
    Er selbst hatte Mühe gehabt, den größten Teil des Weißweins, den man ihnen serviert hatte, zu verschütten, so daß er nicht allzu schlaftrunken war, während er zur Seine hinunterging und bald darauf den kleinen Garten des ›Ange‹ betrat.
    Raymonde schien überrascht, ihn so früh zurückkehren zu sehen.
    »Und die Wirtin?« fragte er.
    »Sie ist immer noch in ihrem Zimmer. Übrigens, es ist ein Brief für Sie gekommen. Er wurde kurz nach Ihrer Abreise gebracht. Der Zug war, glaube ich, noch nicht da. Ich bin leider allein gewesen, sonst hätte ich Ihnen die Nachricht zum Bahnhof nachgetragen.«
    Schwarz umrandet selbstverständlich.
     
    Sehr geehrter Herr Kommissar,
    Hiermit möchte ich Sie bitten, die Ermittlung einzustellen, um die ich Sie in einem Augenblick der Niedergeschlagenheit gebeten habe, die sicher verständlich ist, wenn man mein Alter und den Schock bedenkt, den ich kurz zuvor erlitten hatte.
    Nur so habe ich gewissen schmerzvollen Ereignissen eine Deutung verleihen können, die mit den Tatsachen nicht in Einklang zu bringen ist, und ich bedaure jetzt, Sie aus Ihrer Ruhe aufgestört zu haben.
    Ihre Gegenwart in Orsenne erschwert nur eine Situation, die bereits quälend genug ist, und ich erlaube mir hinzuzufügen, daß die Indiskretion, mit der Sie an die Aufgabe herangehen, und die Ungeschicklichkeit, die Sie bisher an den Tag gelegt haben, mir Ihre baldige Abreise höchst wünschenswert erscheinen lassen.
    Ich hoffe, daß Sie das verstehen werden und nicht darauf beharren, eine leidgeprüfte Familie noch mehr zu beunruhigen.
    Bei meinem unbedachten Besuch in Meung-sur-Loire habe ich auf Ihrem Tisch die Summe von zehntausend Franc in Banknoten zurückgelassen, die für die Deckung Ihrer ersten Unkosten bestimmt ist. Als Anlage finden Sie einen Scheck über den gleichen Betrag, womit ich Sie bitte, diese Angelegenheit als erledigt zu betrachten.
    Mit freundlichen Grüßen
    Bernadette Amorelle
     
    Es war tatsächlich ihre große spitze Schrift, doch es war nicht ihr Stil, und Maigret steckte mit einem merkwürdigen Grinsen den Brief und den Scheck in seine Tasche, denn er war überzeugt, daß diese Sätze eher von Ernest Malik stammten als von der alten Dame.
    »Ich muß Ihnen auch sagen, daß die Chefin mich vorhin gefragt hat, wann Sie abzureisen gedenken.«
    »Sie setzt mich vor die Tür?«
    Die füllige Raymonde mit den festen und zugleich weichen Formen wurde knallrot.
    »Das habe ich nicht sagen wollen, sondern nur, daß sie behauptet, für eine Weile krank zu sein. Wenn sie ihre Krisen hat …«
    Er warf einen Blick auf die Flaschen, die der Hauptgrund für diese Krisen waren.
    »Und?«
    »Das Haus kann jeden Tag verkauft werden.«
    »Wieder einmal!« sagte Maigret ironisch. »Und

Weitere Kostenlose Bücher