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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Riss, durch den er für einen Augenblick die Wahrheit durchschimmern sah.
    »Man müsste genau wissen, wie lange es gedauert hat, bis die Panne an dem gelben Auto behoben war.«
    Er sprach nicht mehr zu ihr, sondern zu sich selbst. Sie wusste es und hütete sich wohlweislich, ihn nochmals zu unterbrechen.
    »Eine Panne ist etwas Unvorhersehbares. Es ist ein Zwischenfall, der – das liegt in der Natur der Sache – alle vorgefassten Pläne über den Haufen wirft. Das bedeutet, dass die Dinge anders verlaufen sind als ursprünglich geplant.«
    Er sah seine Frau versonnen an. Eigentlich war sie es, die ihn auf die richtige Spur gebracht hatte.
    »Und wenn er nun gerade wegen der Panne ermordet worden wäre?«
    Sofort klappte er das Buch zu, ließ es auf dem Schoß liegen, streckte die Hand zum Telefon aus und wählte die Nummer der Kriminalpolizei.
    »Gib mir mal Lucas, alter Freund. Wenn er nicht in seinem Büro ist, kannst du ihn in meinem erreichen … Bist du’s, Lucas? … Wie? … Was Neues? … Einen Augenblick.«
    Er wollte als Erster sprechen, aus Angst, dass man ihm gerade das mitteilen würde, was er soeben ganz allein entdeckt hatte.
    »Schick bitte jemanden zum Quai Henri-IV, Ériau oder Dubonnet, wenn sie gerade da sind. Sie sollen alle Conciergen und alle Mieter verhören, nicht nur in Nummer 63 und den Nachbarhäusern, sondern in allen Häusern dort. Der Quai ist nicht sehr lang. Bestimmt haben einige Leute das gelbe Auto gesehen. Ich möchte so genau wie möglich wissen, wann es die Panne gehabt hat und wann es wieder weitergefahren ist. Warte, das ist noch nicht alles. Die Leute in dem Wagen haben vielleicht ein Ersatzteil gebraucht. Es muss in der Nähe mehrere Autowerkstätten geben. Sie sollen auch da hingehen. Das ist im Augenblick alles. Jetzt bist du dran!«
    »Augenblick, Chef, ich gehe in ein anderes Büro.«
    Das bedeutete, dass Lucas nicht allein war und dass er in Gegenwart der Person, die gerade bei ihm war, nicht sprechen wollte.
    »Hallo! Da bin ich wieder. Es ist mir lieber, dass sie das Gespräch nicht hört. Es geht immer noch um das Auto. Vor einer halben Stunde ist eine alte Frau gekommen, und ich habe sie in Ihrem Büro empfangen. Leider scheint sie ein bisschen verrückt zu sein …«
    Das war nicht zu vermeiden. Sobald eine Untersuchung auch nur ein kleines bisschen Publizität erhält, finden sich unweigerlich alle Verrückten von Paris bei der Kriminalpolizei ein.
    »Sie wohnt am Quai de Charenton, ein Stück hinter den Lagerhäusern von Bercy.«
    Das erinnerte Maigret an eine Untersuchung, die er vor einigen Jahren in einem seltsamen kleinen Haus in dieser Gegend durchgeführt hatte. Er sah wieder den Quai de Bercy vor sich, mit den Eisengittern vor dem Lagerhaus zur Linken, den großen Bäumen und der steinernen Ufermauer der Seine zur Rechten. Und dann, hinter einer Brücke, deren Name er vergessen hatte, wurde der Quai breiter; auf der einen Seite war er von ein- oder zweistöckigen Einfamilienhäuschen gesäumt, die viel eher an die Vorstadt als an die Stadt erinnerten. An dieser Stelle lagen immer viele Schleppkähne, und der Kommissar sah auch den Hafen wieder vor sich, in dem es, so weit das Auge reichte, von Fässern wimmelte.
    »Was ist die alte Frau von Beruf?«
    »Das ist es ja gerade. Sie ist Kartenlegerin und superhellsichtige Hellseherin.«
    »Ach!«
    »Ja, das hab ich auch gedacht. Sie ist ungeheuer redegewandt und sieht einem dabei so tief in die Augen, dass es fast peinlich ist. Zuerst hat sie mir geschworen, dass sie nie eine Zeitung liest, und mir einzureden versucht, sie hätte das nicht nötig, weil sie sich nur in Trance zu versetzen brauche, um über alles, was passiert, auf dem Laufenden zu sein.«
    »Du hast sie sicher ein bisschen in die Enge getrieben?«
    »Ja. Sie hat schließlich zugegeben, dass sie vielleicht einen Blick in eine Zeitung geworfen hat, die eine Kundin bei ihr hatte liegenlassen.«
    »Und?«
    »Sie hat die Beschreibung des gelben Autos gelesen. Sie behauptet, sie habe es am Mittwochabend gesehen, kaum hundert Meter von ihrem Haus entfernt.«
    »Um welche Zeit?«
    »Gegen neun Uhr abends.«
    »Hat sie auch die Insassen gesehen?«
    »Sie hat zwei Männer in ein Haus hineingehen sehen.«
    »Kann sie dir das Haus genau bezeichnen?«
    »Es ist ein kleines Lokal an der Ecke des Quais und einer Straße. Es heißt ›Au Petit Albert‹.«
    Maigret biss auf seine Pfeife und vermied es, seine Frau anzusehen, aus Angst, dass sie das leichte

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