Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
einen Bahnhof, auf dem Personenzüge halten. Er liegt an der Hauptstrecke Paris-Brüssel. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, dass selten aus Paris kommende Reisende dort aussteigen, denn eine Fahrt mit einem Zug, der in jedem Nest hält, dauert bekanntlich endlos. Am 9. Januar aber, zwanzig Uhr siebzehn, ist ein Mann aus dem Zug gestiegen, der eine Rückfahrkarte Paris-Goderville hatte.«
    »Hat man eine Personenbeschreibung von ihm?«
    »Wir wissen nur, dass er ein noch junger, gutgekleideter Mann war.«
    Der Richter wollte seinerseits eine Entdeckung machen.
    »Sprach er mit ausländischem Akzent?«
    »Er hat kein Wort gesprochen, ist auf der Hauptstraße durch das Dorf gegangen, und man hat ihn dort nicht mehr gesehen. Am nächsten Morgen aber ist er kurz nach sechs in einem anderen kleinen Bahnhof, in Moucher, das einundzwanzig Kilometer südlicher liegt, in den Zug nach Paris zurück gestiegen. Er hat sich kein Taxi genommen, und es hat ihn auch kein Bauer im Wagen dorthin gebracht. Schwer zu glauben, dass er die ganze Nacht zum Vergnügen gewandert ist. Er hat unweigerlich am Nonnenhof vorbeikommen müssen.«
    Maigret schloss die Augen, von einer solchen Müdigkeit übermannt, dass er kaum dagegen ankam. Es passierte ihm manchmal, dass er im Stehen halb einschlief, und sogar die Pfeife war ihm ausgegangen.
    »Nachdem wir das erfahren hatten«, fuhr Colombani fort, »haben wir bei der Nordbahn nach der Fahrkarte forschen lassen. Alle nach Ankunft der Züge abgegebenen Karten werden eine Zeitlang aufbewahrt.«
    »Und haben Sie sie gefunden?«
    »Sie ist nicht an der Gare du Nord abgegeben worden. Mit anderen Worten, der Mann ist auf der falschen Seite ausgestiegen oder hat sich in einem Vorortbahnhof unter die Menge gemischt und hat so den Bahnsteig unbemerkt verlassen können, was nicht schwierig ist.«
    »Ist es das, wovon Sie vorhin sprechen wollten, Monsieur Maigret?«
    »Ja, Herr Richter.«
    »Und was schließen Sie daraus?«
    »Ich weiß es nicht. Der kleine Albert hätte in demselben Zug sein oder sich auf dem Bahnhof befinden können.«
    Er schüttelte den Kopf und fuhr fort:
    »Nein, dann hätte man ihn schon früher verfolgt.«
    »Und, weiter?«
    »Nichts. Übrigens muss er im Besitz eines handfesten Beweises gewesen sein, da man nach seiner Ermordung das ganze Haus vom Keller bis zum Dachboden durchsucht hat. Das ist nicht so einfach. Und Victor ist dann wieder um das Lokal herumgestrichen.«
    »Vermutlich haben sie nicht gefunden, was sie suchten.«
    »In dem Fall hätten sie nicht ausgerechnet den Schwachsinnigen geschickt. Victor hat aus eigenem Antrieb gehandelt, ohne Wissen der anderen, das möchte ich beschwören. Der Beweis dafür ist, dass sie ihn eiskalt abgeknallt haben, als sie merkten, dass ihm die Polizei auf den Fersen war und sie womöglich seinetwegen alle gefasst würden. Entschuldigen Sie mich, meine Herren. Entschuldigen Sie mich, Chef. Ich falle vor Müdigkeit um.«
    Er wandte sich an Colombani:
    »Sehe ich dich um fünf?«
    »Wenn du willst.«
    Er konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten und wirkte so schlaff, so abgespannt, dass Coméliau nun doch ein schlechtes Gewissen hatte und murmelte:
    »Sie haben trotz allem ganz hübsche Resultate erzielt.«
    Dann, als Maigret gegangen war, meinte er:
    »Er ist nicht mehr in dem Alter, wo man nächtelang ohne Schlaf auskommen kann. Warum will er auch unbedingt alles selber machen?«
    Er wäre sehr erstaunt gewesen, wenn er gesehen hätte, wie Maigret unten ins Taxi stieg und einen Augenblick wegen der Adresse zögerte, ehe er schließlich sagte:
    »Quai de Charenton. Ich sage Ihnen, wo Sie halten sollen.«
    Dieser Besuch Victors im ›Petit Albert‹ ließ ihm keine Ruhe. Während der ganzen Fahrt sah er den Rothaarigen wieder vor sich, wie er, von Lucas verfolgt, mit katzenhafter Gewandtheit durch die Straßen ging.
    »Was möchten Sie, Chef?«
    »Irgendwas.«
    Chevrier hatte sich inzwischen ganz in seine Rolle eingelebt, und seine Frau schien gut zu kochen, denn es saßen an die zwanzig Gäste in dem Raum.
    »Ich gehe hinauf. Schick doch bitte Irma zu mir hoch.«
    Sie kam ihm auf der Treppe nach und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Er sah sich im Schlafzimmer um, dessen Fenster weit offen standen und in dem es nach Sauberkeit roch.
    »Wo haben Sie die Sachen hingetan, die überall herumlagen?«
    Er hatte zwar bereits mit Moers eine Inventarliste aufgestellt. Aber damals hatte er nach etwas gesucht, was die Mörder

Weitere Kostenlose Bücher