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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Strickzeug, wieder hinauszuschleichen, wie sie gekommen war. Er sagte eine Zeitlang nichts, und sie glaubte schon, er sei wieder eingeschlafen.
    »Hör zu, Madame Maigret. Etwas möchte ich sofort wissen. Wo haben am letzten Dienstag Rennen stattgefunden? In Paris natürlich. Ruf sofort an!«
    »Wen soll ich anrufen?«
    »Das Wettbüro natürlich. Die Nummer steht im Telefonbuch.«
    Der Apparat stand im Esszimmer, und die Schnur war zu kurz, um ihn ins Schlafzimmer hinüberzubringen. Madame Maigret fühlte sich immer unbehaglich, wenn sie in die kleine runde Metallscheibe sprechen musste, vor allem mit jemandem, den sie nicht kannte. Resigniert fragte sie:
    »Soll ich sagen, dass ich in deinem Auftrag anrufe?«
    »Von mir aus.«
    »Und wenn man mich fragt, wer ich bin?«
    »Man wird dich nicht fragen.«
    Er hatte jetzt beide Augen aufgeschlagen und war vollkommen wach. Sie ging nach nebenan und ließ die Tür während des Telefongesprächs offen. Es dauerte keine Minute. Der Angestellte, der am Apparat war, schien diese Art Fragen gewohnt zu sein und den Rennkalender auswendig zu kennen, denn er gab ihr ohne Zögern die gewünschte Auskunft.
    Aber als Madame Maigret wieder ins Schlafzimmer trat, um Maigret zu wiederholen, was man ihr gerade gesagt hatte, schlief er schon wieder wie ein Murmeltier und atmete so tief, dass man bereits von Schnarchen reden konnte.
    Sie überlegte, ob sie ihn wecken sollte, hielt es dann aber für besser, ihn schlafen zu lassen. Für alle Fälle ließ sie die Verbindungstür halb offen, und von Zeit zu Zeit blickte sie verwundert auf die Uhr, weil ihr Mann selten einen längeren Mittagsschlaf hielt.
    Um vier Uhr ging sie in die Küche, um die Suppe aufzusetzen. Um halb fünf warf sie einen Blick ins Schlafzimmer. Ihr Mann schlief immer noch. Er schien zu träumen, dass er über einem Problem brütete, denn er hatte die Brauen zusammengezogen, die Stirn war ganz faltig und der Mund verkniffen. Aber als sie sich kurz darauf im Esszimmer wieder an ihren Platz beim Fenster gesetzt hatte, hörte sie ihn ärgerlich rufen:
    »So, wo bleibt die Verbindung?«
    Sie stürzte zu ihm hinüber und sah ihn erstaunt an. Er hatte sich im Bett aufgesetzt und fragte mit der ernstesten Miene der Welt:
    »Ist die Leitung besetzt?«
    Diese Frage erschreckte Madame Maigret so, dass sie beinahe an seinem Verstand zweifelte.
    »Natürlich habe ich die Verbindung bekommen. Vor fast drei Stunden schon.«
    Er sah sie ungläubig an.
    »Was redest du da? Wie spät ist es denn?«
    »Viertel vor fünf.«
    Er hatte nicht einmal gemerkt, dass er wieder eingeschlafen war. Er hatte geglaubt, nur die Augen geschlossen zu haben, während sie telefonierte.
    »Wo war es?«
    »In Vincennes.«
    »Was habe ich gesagt!«, triumphierte er.
    Er hatte zwar kein Wort gesagt, aber so fest daran geglaubt, dass es fast auf das Gleiche hinauskam.
    »Ruf die Rue des Saussaies an … 00-90. Lass dir das Büro von Colombani geben.«
    »Was soll ich ihm sagen?«
    »Nichts. Ich werde mit ihm sprechen, falls er noch nicht unterwegs ist.«
    Colombani war noch in seinem Büro. Übrigens kam er zu seinen Verabredungen regelmäßig zu spät. Er war sehr liebenswürdig und gerne bereit, seinen Kollegen zu Hause aufzusuchen, statt ihn am Quai des Orfèvres zu treffen.
     
    Madame Maigret hatte ihrem Mann auf seine Bitte hin eine Tasse starken Kaffee gekocht, aber das hatte nicht genügt, um ihn völlig wach zu machen. Er hatte einen solchen Schlafmangel, dass seine Lider gerötet waren und brannten. Es war ihm, als spannte ihm überall die Haut. Er hatte sich nicht dazu aufraffen können, sich anzuziehen, war nur in Hose und Pantoffeln geschlüpft und hatte den Morgenrock über das Nachthemd gestreift, das am Kragen mit kleinen roten Kreuzen bestickt war.
    Sie saßen einander gemütlich im Esszimmer gegenüber, die Karaffe mit dem Calvados zwischen sich. Durch das Fenster sah man auf der anderen Seite des Boulevards in schwarzen Buchstaben auf der weißen Mauer die Namen Lhoste & Pépin.
    Sie kannten sich zu lange, um noch viele Worte machen zu müssen. Colombani, der wie die meisten Korsen klein war, trug Schuhe mit dicken Absätzen, grellfarbige Krawatten und einen Ring mit einem echten oder falschen Brillanten am Finger. Man hielt ihn deshalb manchmal eher für einen von denen, die er suchte, als für einen Beamten der Sûreté Nationale.
    »Ich habe Janvier auf die Rennbahn geschickt«, sagte Maigret, seine Pfeife rauchend. »Wo sind heute

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