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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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unterwegs. Ich werde sie nachher persönlich an der Gare du Nord abholen.«
    Das kleine Mädchen vom Hof Manceau, die Einzige, die wie durch ein Wunder dem Blutbad entgangen war und die einen der Mörder gesehen hatte: die Frau, Maria, die jetzt mit ihrem Baby neben sich im Krankenhaus lag.
    Wieder klingelte das Telefon. Es machte einem jetzt geradezu Angst, den Hörer abzunehmen.
    »Hallo?«
    Wieder blickte Maigret seinen Kollegen unverwandt an, aber diesmal mit verdrießlicher Miene. Er sprach mit leiser Stimme. Eine ganze Weile lang antwortete er nur in regelmäßigen Abständen:
    »Ja … ja … ja …«
    Colombani versuchte zu verstehen, was gesprochen wurde. Umso mehr ärgerte er sich, nur gelegentlich ein Summen oder ein paar abgehackte Silben mitzubekommen.
    »In zehn Minuten? Aber ja doch. Genau wie ich’s versprochen habe.«
    Warum wirkte Maigret so, als könnte er sich nur mühsam beherrschen? Wieder einmal hatte sich seine Haltung geändert. Ein Kind, das auf die Weihnachtsbescherung wartet, kann nicht ungeduldiger und aufgeregter sein, als er es in diesem Augenblick war; und doch bemühte er sich, ruhig auszusehen und seinem Gesicht einen brummigen Ausdruck zu geben.
    Als er auflegte, öffnete er, statt sich wieder Colombani zuzuwenden, die Tür zur Küche.
    »Deine Tante kommt mit ihrem Mann«, rief er hinein.
    »Wie? Was sagst du da? Aber …«
    Er zwinkerte ihr vergeblich zu.
    »Ich weiß. Es wundert mich auch. Es muss irgendetwas Ernstes, Unvorhergesehenes passiert sein. Sie will uns unbedingt gleich sprechen.«
    Er steckte den Kopf in die Tür, um seiner Frau abermals zuzuzwinkern, und sie wusste nicht mehr, was sie von alledem halten sollte.
    »So etwas! Das ist ja unglaublich. Hoffentlich ist nichts Schlimmes passiert!«
    »Vielleicht ist es wegen der Erbschaft.«
    »Welcher Erbschaft?«
    »Die von ihrem Onkel.«
    Als er zu Colombani zurückkam, lächelte dieser verhalten.
    »Entschuldige bitte, mein Lieber. Die Tante meiner Frau muss jeden Augenblick kommen. Ich habe gerade noch Zeit, mich umzuziehen. Ich will dich nicht rauswerfen, aber du musst verstehen …«
    Der Kommissar der Sûreté Nationale leerte sein Glas in einem Zug, erhob sich und wischte sich den Mund ab.
    »Aber ich bitte dich. Ich weiß, wie das ist. Rufst du mich an, sobald du etwas Neues erfährst?«
    »Abgemacht.«
    »Ich habe das Gefühl, du wirst mich bald anrufen. Ich frage mich, ob ich überhaupt in die Rue des Saussaies zurückfahren soll. Nein! Wenn du nichts dagegen hast, gehe ich gleich zum Quai des Orfèvres.«
    »Einverstanden. Bis gleich.«
    Maigret drängte ihn beinahe zur Tür hinaus. Nachdem er sie hinter ihm geschlossen hatte, ging er schnell durchs Zimmer und sah zum Fenster hinaus. Zur Linken, ein Stück weiter als Lhoste & Pépin, befand sich eine Kohlen- und Weinhandlung, ein kleiner Laden mit gelbgestrichener Fassade. Neben der Tür stand eine Blattpflanze, und diese Tür behielt Maigret im Auge.
    »Das war doch nur ein Scherz, oder?«, fragte Madame Maigret.
    »Natürlich! Ich wollte nicht, dass Colombani mit den Leuten zusammentrifft, die gleich hier heraufkommen werden.«
    Während er das sagte, legte er mechanisch die Hand auf die Fensterbank, wo eben noch Colombani gestanden hatte. Die Hand berührte Papier, eine Zeitung. Er warf einen Blick darauf und bemerkte, dass sie so gefaltet war, dass die Seite mit den Kleinanzeigen oben zu liegen kam. Eine der Anzeigen war blau umrahmt.
    »Schuft!«, stieß er zwischen den Zähnen hervor.
    Es bestand nämlich eine alte Rivalität zwischen der Sûreté und der Kriminalpolizei, und für jemanden aus der Rue des Saussaies war es ein Vergnügen, einem Kollegen vom Quai des Orfèvres einen Streich zu spielen.
    Colombanis Rache für Maigrets Lüge und die Geschichte von der Tante war übrigens nicht boshaft gewesen. Er hatte nur den Beweis hinterlassen, dass er verstanden hatte.
    Die Anzeige, die am Morgen in allen Zeitungen und am Mittag in den Rennzeitungen erschienen war, lautete in dem üblichen lakonischen Annoncen-Jargon:
     
    Freunde von Albert unbedingt zu eigener Sicherheit unverzüglich bei Maigret melden. Boulevard Richard-Lenoir 132.
    Absolute Diskretion ehrenwörtlich zugesichert.
     
    Sie waren es, die soeben von der Weinhandlung gegenüber angerufen hatten, um sich zu vergewissern, dass die Anzeige weder ein Scherz noch eine Falle war, um aus Maigrets eigenem Mund nochmals die Bestätigung zu hören und um sicherzugehen, dass die Luft rein war.
    »Du

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