Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
erst an das dämmerige Licht gewöhnen.
    »Guten Morgen, Herr Kommissar. Haben Sie gut geschlafen?«
    Es war Jojo in ihrem allzu kurzen schwarzen Kleid, das ihr buchstäblich an der Haut klebte. Sie hatte sich ebenfalls noch nicht gewaschen und schien unter dem Kleid ganz nackt zu sein. »Möchten Sie Kaffee?«
    Einen Augenblick dachte er an seine Frau, die zu dieser Stunde gewiß gerade in ihrer Pariser Wohnung mit den zum Boulevard Richard Lenoir geöffneten Fenstern das Frühstück bereitete. In Paris regnete es sicherlich. Bei seiner Abreise war es dort noch fast winterlich kalt gewesen. Hier konnte man sich das kaum vorstellen.
    »Soll ich Ihnen einen Tisch frei machen?«
    Wozu? Es war hier in der Küche ganz behaglich. Sie feuerte den Herd mit Rebenholz, und das roch gut. Als sie die Arme hob, sah er die kleinen braunen Haare in den Achselhöhlen.
    Immer noch versuchte er, sich auf seine Entdeckung in der Nacht zu besinnen, und redete gedankenlos irgend etwas daher, wohl weil es ihm peinlich war, hier mit Jojo allein zu sein.
    »Ist Monsieur Paul noch nicht heruntergekommen?«
    »Er ist schon eine ganze Weile am Hafen. Er kauft dort jeden Morgen an den Booten, die vom Fang zurückkehren, seinen Fisch.«
    Sie warf einen Blick auf die Uhr.
    »Die ›Cormoran‹ wird in fünf Minuten ausfahren.«
    »Ist sonst niemand heruntergekommen?«
    »Monsieur Chariot.«
    »Doch wohl nicht mit seinem Gepäck?«
    »Nein. Er hat Monsieur Paul begleitet. Ihr Freund ist auch vor mindestens einer halben Stunde fortgegangen.«
    Maigret ließ seine Augen durch die offenen Türen auf den Platz schweifen.
    »Er badet sicher. Er war im Badeanzug und trug sein Badetuch unterm Arm.«
    Es betraf Ginette. Aber es hatte auch mit Jojo zu tun. Er erinnerte sich, daß er in seinem Halbschlaf an Jojo gedacht hatte, gerade als sie die Treppe hinaufkam. Es war kein erotischer Gedanke. Nur zufällig spielten ihre Beine, die sie bis oben hin sehen ließ, dabei eine Rolle. Nun ja! Sie war dann in sein Zimmer gekommen.
    Am Abend vorher hatte er Ginette eindringlich gefragt: »Warum sind Sie gekommen?«
    Und sie hatte mehrmals gelogen. Erst hatte sie erklärt, sie habe ihn sehen wollen, weil sie erfahren hätte, daß er auf der Insel sei, und schon geahnt habe, daß er sie suchen lassen würde.
    Kurz darauf gab sie zu, daß sie mit Emil sozusagen verlobt war. Zugleich ließ sie durchblicken, daß sie gekommen war, um den Verdacht, der auf Emil fallen mochte, zu zerstreuen, um dem Kommissar zu versichern, daß ihr Chef nicht das geringste mit dem Tode Marcellins zu tun habe.
    Es war gar nicht so falsch von ihm gewesen, sich ihr gegenüber hart zu verhalten. Sie hatte den Schleier gelüftet, aber noch nicht genug.
    Am Ofen stehend, trank er seinen Kaffee in kleinen Schlucken. Seltsames Zusammentreffen: die Tasse aus gewöhnlichem Steingut, aber einem antiken Modell nachgebildet, war fast die gleiche wie die, die er seit seiner Kindheit benutzte und die er bis jetzt für einmalig gehalten hatte. »Essen Sie nichts?«
    »Im Augenblick nichts.«
    »In einer Viertelstunde gibt es beim Bäcker frisches Brot.«
    Endlich fiel es ihm ein, und Jojo mußte sich fragen, warum er plötzlich lächelte.
    Hatte Marcellin nicht zu Jojo von einem ›großen Haufen‹ gesprochen, den er verdienen könnte? Gewiß, er war betrunken gewesen, aber das kam oft bei ihm vor. Seit wann hatte er die Möglichkeit, jenen Haufen zu verdienen? Nicht unbedingt erst seit kurzem. Ginette kam fast allmonatlich auf die Insel. Sie war auch im vorigen Monat hier gewesen. Es war leicht, sich darüber Gewißheit zu verschaffen. Marcellin konnte ihr andererseits auch geschrieben haben.
    Wenn er einen großen Haufen verdienen konnte, war es durchaus möglich, daß ein anderer es an seiner Stelle ebenso konnte, zum Beispiel dadurch, daß er wußte, was jener wußte.
    Maigret stand immer noch dort am Ofen, die Tasse in der Hand, und starrte auf die offene Tür. Jojo blickte immer wieder leicht verwundert zu ihm hin.
    Lechat behauptete, Marcel sei gestorben, weil er zu viel von seinem Freund Maigret gesprochen habe, und bei flüchtiger Betrachtung schien das an den Haaren herbeigezogen zu sein.
    Es war ein komischer Anblick, wie die Gestalt des fast nackten Mr. Pyke sich draußen im Licht abhob. Er hatte sein feuchtes Handtuch in der Hand, und das nasse Haar klebte ihm auf der Stirn.
    Statt ihn zu begrüßen, murmelte Maigret: »Einen Augenblick …«
    Jetzt hatte er es gleich. Nur noch eine

Weitere Kostenlose Bücher