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Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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kleine Anstrengung, und die Gedanken fügten sich ineinander. Wenn man zum Beispiel davon ausging, daß Ginette gekommen war, weil sie wußte, warum man Marcellin ermordet hatte.
    Sie brauchte sich nicht nur herbemüht zu haben, um die Entdeckung des Schuldigen zu verhindern. Wenn sie erst einmal Emil geheiratet hätte, würde sie reich sein. Gut. Nur die alte Justine lebte noch, sie konnte sich noch jahrelang hinschleppen, trotz allem, was die Ärzte sagten. Wenn sie erfuhr, was sich da anbahnte, war sie fähig, irgendeine große Dummheit zu begehen, nur um zu vereiteln, daß ihr Sohn nach ihrem Tode sich überhaupt verheiratete.
    Der ›große Haufen‹ Marcellins war aber gleich zu haben. Vielleicht war es noch möglich, ihn zu verdienen. Trotz Maigrets und Inspektor Lechats Anwesenheit.
    »Verzeihen Sie, Monsieur Pyke. Haben Sie gut geschlafen?«
    »Sehr gut«, antwortete der Engländer unerschütterlich.
    Würde Maigret ihm gestehen, daß er in der Nacht gezählt hatte, wie oft die Wasserspülung gegangen war? Das war überflüssig, und nach seinem Bad im Meer war der Inspektor von Scotland Yard so munter wie ein Fisch.
    Gleich beim Rasieren würde der Kommissar Zeit haben, über den ›großen Haufen‹ nachzudenken.

6
Das Pferd des Majors
    Die Engländer haben ihre guten Seiten. Hätte ein französischer Kollege an Stelle von Mr. Pyke dem Verlangen widerstanden, ihm die Sache unter die Nase zu reiben? Und hatte Maigret, obwohl ihm das Necken gar nicht so besonders lag, nicht eben fast eine diskrete Anspielung auf die Wasserspülung gemacht, die der Inspektor von Scotland Yard in der Nacht so oft gezogen hatte? Vielleicht war der Abend fröhlicher gewesen, als es ihnen beiden zum Bewußtsein gekommen war. Jedenfalls hatte das niemand vorausahnen können. Sie waren immer noch alle drei, Maigret, Pyke und Jojo, in der Küche, deren Tür nach wie vor offenstand. Maigret trank seinen Kaffee aus, und Mr. Pyke im Badeanzug stand ihm im Licht, während Jojo in dem Speiseschrank nach Speck suchte. Es war genau drei Minuten vor acht, als Maigret, auf die Uhr blickend, mit einer unnachahmlich unschuldsvollen Stimme bemerkte:
    »Ich möchte wissen, ob Lechat immer noch seinen Rausch von gestern abend ausschläft.«
    Jojo zuckte zusammen, vermied es aber, sich umzudrehen. Was Mr. Pyke betraf, so konnte all seine gute Erziehung nicht verhindern, daß sich ein leichtes Erstaunen in seinen Zügen verriet. Trotzdem sagte er ganz harmlos:
    »Ich habe ihn eben gesehen, wie er an Bord der ›Cormoran‹ ging. Er wird wohl auf Ginette warten.«
    Maigret hatte ebensowenig Marcellins Beerdigung vergessen.
    Schlimmer war es, fiel ihm plötzlich ein, daß er am Abend vorher lange und sogar etwas zu eifrig mit seinem Inspektor darüber gesprochen hatte. War Mr. Pyke bei der Unterhaltung dabeigewesen? Er hätte es nicht sagen können, aber er sah sich wieder dort auf der Bank sitzen.
    »Du wirst sie begleiten, mein Lieber, hörst du? Ich will nicht behaupten, daß uns das irgendwie weiterbringt. Vielleicht wird ihr Verhalten irgendeinen Fingerzeig geben, vielleicht auch nicht. Vielleicht wird jemand versuchen, ihr etwas zuzuflüstern. Vielleicht wirst du jemand in dem Trauergefolge entdecken, dessen Anwesenheit gewisse Schlüsse zuläßt. Man muß immer zu Beerdigungen gehen, das ist ein alter Grundsatz, der mir oft Erfolg gebracht hat. Mach die Augen auf. Weiter nichts.«
    Er glaubte sich sogar zu erinnern, dem Inspektor, den er dabei die ganze Zeit duzte, von zwei oder drei Beerdigungen erzählt zu haben, die ihn auf die Spur von Verbrechern gebracht hatten.
    Er begriff jetzt, warum Ginette in ihrem Zimmer soviel Lärm machte. Er hörte, wie sie oben die Tür öffnete und herunterrief:
    »Bring mir eine Tasse Kaffee, Jojo. Wieviel Zeit habe ich noch?«
    »Drei Minuten!«
    Genau in diesem Augenblick pfiff auf der ›Cormoran‹ eine Sirene zum Zeichen, daß das Schiff gleich abfahren würde.
    »Ich gehe zum Landungssteg«, sagte der Kommissar.
    In Pantoffeln und ohne Kragen, denn es war zu spät, um noch hinaufzugehen und sich anzuziehen. Aber er war nicht der einzige, der so mangelhaft bekleidet war. Vor dem Schiff standen kleine Gruppen, dieselben wie am Tage vorher, als Maigret angekommen war. Sie schienen jeder Ankunft und Abfahrt eines Schiffes beizuwohnen. Bevor sie ihren Tag begannen, sahen sie zu, wie die ›Cormoran‹ den Hafen verließ und hinterher tranken sie, ehe sie sich richtig anzogen, ein Glas Weißwein bei Paul

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