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Maigret - 35 - Maigrets Memoiren

Maigret - 35 - Maigrets Memoiren

Titel: Maigret - 35 - Maigrets Memoiren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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gefallen sein, als er zu Boden stürzte. Der Deckel ist aufgesprungen, und pornografische Karten sind herausgeflattert.
    Der Barbesitzer blickt besorgt. Er möchte sich mit der Polizei gut stellen.
    »Alles war ganz friedlich. Wir haben hier ein ruhiges Lokal.«
    »Haben Sie den Mann schon früher gesehen?«
    »Nie.«
    Das war vorauszusehen. Wahrscheinlich kennt er ihn wie seine Westentasche, aber er wird bis zum Schluß behaupten, der Mann habe seine Bar zum erstenmal betreten.
    »Wie ist es passiert?«
    Der Tote wirkt farblos, unpersönlich, sein Alter läßt sich schwer oder überhaupt nicht schätzen. Seine Kleider sind abgetragen, schmuddelig, der Kragen seines Hemdes starrt von Schmutz.
    Es wäre sinnlos, nach einer Familie, einer Wohnung zu fragen. Er muß von einer Woche zur anderen in den verschiedensten Pensionen der untersten Kategorie gehaust haben und von dort aus seinen tristen Geschäften bei den Tuilerien und beim Palais-Royal nachgegangen sein.
    »Drei oder vier Kunden waren da …«
    Mit der Frage, wo sie sind, kämen wir auch nicht weiter. Sie haben sich verflüchtigt und werden garantiert nicht zurückkommen, um als Zeugen auszusagen.
    »Kennen Sie sie?«
    »Flüchtig. Nur vom Sehen.«
    Hol’s der Teufel, seine Antworten könnte man sich geradesogut selber geben!
    »Ein Fremder kam herein, setzte sich ans andere Ende der Bar, genau dem da gegenüber.«
    Die Bar bildet ein Hufeisen. Auf der Theke liegen umgekippte Gläschen. Es riecht penetrant nach billigem Schnaps.
    »Sie sprachen nicht miteinander. Der erste sah aus, als ob er Angst hätte. Er steckte die Hand in die Tasche, weil er bezahlen wollte …«
    Das stimmt. Der Tote hat keine Waffe bei sich.
    »Der andere holte wortlos sein Schießeisen hervor und knallte dreimal los. Wahrscheinlich hätte er weitergeschossen, aber sein Revolver muß versagt haben. Dann hat er seelenruhig seinen Hut in die Stirn gezogen und ist hinausgegangen.«
    Das Bild ist vollständig. Man braucht keine besondere Spürnase, um zu wissen, wie’s weitergeht. Das Milieu, wo man suchen muß, ist begrenzt.
    Es sind ihrer nicht allzu viele, die sich im Pornogeschäft betätigen. Fast alle sind uns bekannt. Sie gehen in regelmäßigen Abständen durch unsere Hände, sitzen ihre kleine Haftstrafe ab und fangen wieder von vorne an.
    Die Schuhe des Toten – er hat schmutzige Füße und durchlöcherte Socken – tragen das Etikett einer Berliner Firma.
    Er ist ein Neuer. Man muß ihm bedeutet haben, daß es auf diesem Sektor keinen Platz für ihn gab. Oder aber er war nur ein Zwischenhändler, verkaufte Ware im Auftrag anderer Leute und behielt das Geld für sich.
    Es wird drei, vielleicht auch vier Tage dauern. Kaum länger. Die Fremdenpolizei wird unverzüglich eingeschaltet. Sie wird noch vor dem nächsten Abend wissen, wo das Opfer wohnte.
    Das Sittendezernat beginnt, mit dem Bild des Toten ausgerüstet, auf eigene Faust zu ermitteln.
    Noch am gleichen Nachmittag wird man bei den Tuilerien einige jener Individuen verhaften, die den Passanten mit geheimnisvollem Getue immer den gleichen Ramsch anzudrehen versuchen.
    Man wird nicht sehr sanft mit ihnen umgehen. Früher war man noch weniger sanft als heute.
    »Hast du diesen Burschen schon mal gesehen?«
    »Nein.«
    »Bist du ganz sicher, daß du ihm nie begegnet bist?«
    Es gibt im Untergeschoß eine kleine, sehr dunkle, sehr enge Zelle, eher eine Art Schrank, wo dem Gedächtnis solcher Leute nachgeholfen wird, und es geschieht selten, daß sie nach ein paar Stunden nicht mit den Fäusten an die Tür hämmern.
    »Ich glaube, ich hab ihn irgendwo gesehen …«
    »Wie heißt er?«
    »Ich weiß nur den Vornamen: Otto.«
    Nur langsam wird sich der Knäuel entrollen, aber entrollen wird er sich bis zum Schluß, wie ein Bandwurm.
    »Er ist ein Schwuler.«
    Gut. Die Tatsache, daß es sich um einen Päderasten handelt, schränkt das Fahndungsgebiet noch mehr ein.
    »Verkehrte er nicht in der Rue de Bondy?«
    Das verstand sich fast von selbst. Es gibt dort eine gewisse kleine Bar, wo mehr oder weniger alle Homos einer bestimmten Klasse – der niedrigsten – verkehren. Es gibt noch eine zweite in der Rue de Lappe, die sich zu einer Touristenattraktion entwickelt hat.
    »Mit wem hast du ihn gesehen?«
    Und das ist ungefähr alles. Nur eines bleibt noch zu tun: den Mann, wenn er eingeliefert worden ist, dazuzubringen, daß er gesteht und sein Geständnis unterschreibt.
     
    Nicht alle Fälle sind so einfach. Gewisse Untersuchungen

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