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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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davor.«
    »Warum?«
    »Wahrscheinlich fürchtete sie, eine Enttäuschung zu erleben.«
    »Wollte sie denn ein Kind?«
    »Ich glaube, sie freute sich darüber, schwanger zu sein. Natürlich war diese Freude verfrüht. Ich habe ihr gesagt, die Ärzte hätten jetzt eine Methode, mit der man es schon nach zwei oder drei Wochen einwandfrei feststellen kann.«
    »Hat sie dann einen Arzt aufgesucht?«
    »Sie hat mich nach einem Arzt gefragt, und ich habe ihr die Adresse von einem gegeben, der hier in der Nähe wohnt, in der Rue des Dames.«
    »Wissen Sie, ob sie hingegangen ist?«
    »Wenn, so hat sie mir jedenfalls nichts davon erzählt.«
    »Wußte Pierrot davon?«
    »Und Sie wollen die Frauen kennen! Haben Sie schon einmal eine Frau getroffen, die mit einem Mann von solchen Dingen spricht, bevor sie ganz sicher ist?«
    »Und Sie glauben, daß sie auch dem Professor nichts davon gesagt hat?«
    »Nehmen Sie doch Ihren gesunden Menschenverstand zu Hilfe!«
    »Was wäre Ihrer Ansicht nach geschehen, wenn man sie nicht ermordet hätte?«
    »Aus dem Kaffeesatz wahrsagen kann ich leider nicht.«
    »Hätte sie das Kind behalten?«
    »Bestimmt.«
    »Wäre sie beim Professor geblieben?«
    »Wenn sie nicht zu Pierrot gezogen wäre.«
    »Wer war Ihrer Ansicht nach der Vater?«
    Wieder sah sie ihn an, als ob er von diesen Dingen nicht die leiseste Ahnung hätte.
    »Sie glauben doch nicht, daß es der Alte war?«
    »So was kommt vor.«
    »Ja, man liest das ja oft in den Zeitungen. Da aber die Frauen keine Kühe sind, die man im Stall eingesperrt hält und einmal im Jahr zum Stier führt, läßt sich das nicht beschwören.«
    Ihr Mann nebenan wurde unruhig und brummte. Sie ging und öffnete die Tür.
    »Einen Augenblick, Jules! Ich habe jemanden hier. Ich bring dir gleich dein Gebräu.«
    Und zu Maigret gewandt sagte sie:
    »Sonst noch welche Fragen?«
    »Eigentlich nicht. Haßten Sie den Professor?«
    »Ich habe Ihnen schon gesagt, daß ich ihn noch nie gesehen habe.«
    »Aber Sie haßten ihn trotzdem?«
    »Ich hasse alle reichen Leute.«
    »Nehmen Sie einmal an, Sie hätten an jenem Morgen in Lulus Hand oder auf dem Teppich, in ihrer Reichweite, einen Revolver gefunden. Wären Sie nicht in Versuchung geraten, ihn verschwinden zu lassen, um einen Selbstmord auszuschließen und den Professor in die Klemme zu bringen?«
    »Haben Sie das nicht langsam satt? Glauben Sie, ich sei so dumm und wüßte nicht, daß die Polizei nicht lange darüber nachdenkt, wem sie auf den Leib rücken soll, wenn sie die Wahl zwischen einem großen Tier wie dem Professor und einem armen Teufel von Musiker wie Pierrot hat?«
    Sie goß Kaffee in eine Tasse, tat Zucker hinein und rief zu ihrem Mann hinüber:
    »Ich komme!«
    Maigret drang nicht weiter in sie. Erst auf der Schwelle wandte er sich noch einmal um und fragte sie nach dem Namen und der Adresse des Arztes in der Rue des Dames.
    Es war ein gewisser Duclos. Seinen Beruf schien er erst seit kurzem auszuüben, denn sein Sprechzimmer sah ziemlich kahl aus; er besaß nur die notwendigsten Instrumente, und auch die waren aus zweiter Hand gekauft. Als sich Maigret vorstellte, schien der Arzt gleich Bescheid zu wissen.
    »Ich war sicher, daß man früher oder später zu mir kommen würde.«
    »Sie hat Ihnen also ihren Namen genannt?«
    »Ja. Ich habe sogar ihre Personalien aufgenommen.«
    »Seit wann wußte sie, dass sie schwanger war?«
    Der Arzt, der sich eher wie ein Medizinstudent benahm, begann wichtigtuerisch in seiner fast leeren Kartei zu blättern.
    »Sie kam am Samstag und berief sich auf eine Frau, die bei mir in Behandlung war.«
    »Madame Brault, ich weiß.«
    »Sie dachte, sie sei schwanger, und wollte sich darüber Gewißheit verschaffen.«
    »Einen Augenblick. Wirkte sie bedrückt?«
    »Durchaus nicht. Wenn ein Mädchen wie sie mir diese Frage stellt, bin ich immer darauf gefaßt, daß sie mich im nächsten Augenblick fragt, ob ich bereit sei, es abzutreiben. Das kommt ungefähr zwanzigmal in der Woche vor. Ich weiß nicht, ob es in den anderen Stadtteilen auch so ist. Ich habe sie also untersucht. Ich verlangte wie üblich eine Urinprobe. Sie wollte wissen, wozu, und ich erklärte ihr den Kaninchentest.«
    »Wie reagierte sie darauf?«
    »Sie wollte wissen, ob man die Kaninchen dabei tötet. Dann habe ich sie für Montagnachmittag wieder herbestellt.«
    »Und ist sie gekommen?«
    »Um halb sechs. Als ich ihr sagte, daß an ihrer Schwangerschaft kein Zweifel bestehe, bedankte sie

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