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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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erzählt.«
    »Hat sie Ihnen auch gesagt, ob sie ihm die Neuigkeit mitgeteilt hat?«
    »Sie hat ihm gar nichts mitgeteilt.«
    »Sie hat dann gegessen und ist zu Bett gegangen. Geschlafen hat sie wahrscheinlich nicht. Und gegen neun hat sie Sie dann angerufen.«
    »Ich weiß; ich habe mir selbst schon den Kopf darüber zerbrochen. Aber ich begreife es immer noch nicht. Ich weiß nur, daß ich sie nicht getötet habe.«
    »Antworten Sie mir ehrlich auf diese Frage, Pierrot: Wenn sie Ihnen am Montagabend gesagt hätte, sie wolle Sie nicht mehr sehen – hätten Sie sie umgebracht?«
    Der junge Mann sah ihn an, und ein schwaches Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Sie wollen also, daß ich meinen Hals selbst in die Schlinge lege?«
    »Sie brauchen nicht zu antworten, wenn Sie nicht wollen.«
    »Vielleicht hätte ich sie umgebracht. Aber erstens hat sie mir nichts dergleichen gesagt. Und zweitens habe ich keinen Revolver.«
    »Als sie das letztemal verhaftet wurden, hatten Sie einen.«
    »Das ist schon Jahre her, und die Polizei hat ihn mir nicht zurückgegeben. Seither besitze ich keinen mehr. Außerdem hätte ich sie nicht auf diese Weise getötet.«
    »Wie hätten Sie es denn gemacht?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht hätte ich blind drauflosgeschlagen, vielleicht hätte ich sie erwürgt …«
    Er heftete die Augen auf den Boden, schwieg eine Zeitlang und fügte schließlich mit undeutlicher Stimme hinzu:
    »Vielleicht hätte ich auch gar nichts getan. Es gibt Dinge, an die man beim Einschlafen denkt und die man nie in die Tat umsetzt.«
    »Es kam also vor, daß Sie beim Einschlafen daran dachten, Lulu umzubringen?«
    »Ja.«
    »Weil Sie auf Gouin eifersüchtig waren?«
    Er zuckte wieder die Achseln, was offensichtlich bedeutete, daß das nicht die richtigen Worte seien, daß in Wirklichkeit alles viel komplizierter war.
    »Soviel ich weiß, waren Sie schon vor Gouin mit ihr liiert und hatten nichts dagegen, daß sie auf den Strich ging – oder irre ich mich?«
    »Das ist etwas anderes.«
    Maigret bemühte sich, so nahe wie möglich an die Wahrheit heranzukommen. Aber es wurde ihm klar, daß sie sich seinem Zugriff entzog.
    »Haben Sie vom Geld des Professors irgendwie profitiert?«
    »Niemals!« fuhr Pierrot auf, den die Wut zu packen schien.
    »Machte Ihnen Louise keine Geschenke?«
    »Nur Kleinigkeiten. Einen Ring, eine Krawatte oder ein Paar Socken.«
    »Und Sie nahmen sie an?«
    »Ich wollte sie nicht kränken.«
    »Was hätten Sie getan, wenn sie Gouin verlassen hätte?«
    »Wir hätten zusammengelebt.«
    »Wie früher?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich das immer gehaßt habe.«
    »Wovon hätten Sie gelebt?«
    »Von dem, was ich verdiene.«
    »Das scheint recht wenig zu sein, wie Louis mir sagte …«
    »Das stimmt. Aber ich wollte nicht in Paris bleiben.«
    »Wohin wollten Sie?«
    »Irgendwohin. Nach Südamerika zum Beispiel. Oder nach Kanada.«
    Noch unreifer, als ich mir vorgestellt habe, dachte Maigret.
    »Aber Lulu war von diesem Plan nicht begeistert?«
    »Manchmal schon. Ein paarmal hat sie mir sogar versprochen, daß wir bald fahren würden.«
    »Ich nehme an, daß sie vor allem abends so sprach?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Und morgens sah sie das Ganze dann mit nüchterneren Augen, nicht wahr?«
    »Sie hatte Angst.«
    »Wovor?«
    »Vor dem Hunger.«
    Jetzt kamen sie der Sache endlich näher. In Pierrot begann sich ein heimlicher Groll zu regen.
    »Glauben Sie nicht, daß sie gerade dieser Angst wegen beim Professor blieb?«
    »Vielleicht.«
    »Sie hat wohl oft in ihrem Leben gehungert?«
    »Ich auch!« gab er trotzig zurück.
    »Nur daß Lulu im Gegensatz zu Ihnen Angst hatte, wieder hungern zu müssen.«
    »Was wollen Sie damit beweisen?«
    »Vorläufig gar nichts. Ich bemühe mich nur zu verstehen. Eins steht jedenfalls fest: Montag abend ist Lulu erschossen worden, und zwar aus allernächster Nähe. Sie bestreiten, daß Sie es gewesen sind, und ich glaube es Ihnen.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie es mir glauben?« murmelte Pierrot voll Mißtrauen.
    »Bis zum Beweis des Gegenteils, ja.«
    »Und Sie lassen mich wieder gehen?«
    »Sobald unsere Unterhaltung zu Ende ist.«
    »Sie lassen die Verfolgung einstellen und geben Ihren Leuten den Befehl, mich in Frieden zu lassen?«
    »Sie werden sogar Ihre Stelle im Grelot wieder antreten dürfen.«
    »Und die Zeitungen?«
    »Ich lasse den Zeitungen sofort ein Presse-Communiqué zukommen, in dem es heißt, Sie hätten sich freiwillig bei der

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