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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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biß.
    »Was hat sie Ihnen am Montagabend gesagt? Einen Augenblick. Bevor Sie meine Frage beantworten, sagen Sie mir, ob Sie einen Schlüssel zur Wohnung haben.«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich weiß es nicht. Einfach so. Ich ging nur selten zu ihr, und wenn ich es tat, war sie immer schon an der Tür und machte mir auf.«
    »Sie läuteten also, und sie öffnete ihnen.«
    »Ich brauchte nicht zu läuten. Sie lag auf der Lauer, und als ich aus dem Fahrstuhl stieg, war die Tür schon offen.«
    »Ich dachte, sie hätte sich hingelegt …«
    »Vorher, ja. Sie muß mich vom Bett aus angerufen haben. Kurz bevor ich kam, ist sie dann aufgestanden. Sie war im Schlafrock.«
    »Schien sie Ihnen wie immer zu sein?«
    »Nein.«
    »Sondern?«
    »Schwer zu sagen. Sie sah aus, als hätte sie viel nachgedacht und sei im Begriff, einen Entschluß zu fassen. Ich habe Angst bekommen.«
    »Angst? Wovor?«
    Der Musiker zögerte.
    »Und wenn schon!« brummte er schließlich.
    »Ich hatte Angst wegen des Alten.«
    »Damit meinen Sie den Professor, nehme ich an?«
    »Ja. Ich dachte immer, er würde sich eines Tages scheiden lassen und Lulu heiraten.«
    »War davon je die Rede?«
    »Wenn es so war, dann hat sie mir jedenfalls nie etwas davon gesagt.«
    »Hätte sie ihn gern geheiratet?«
    »Das weiß ich nicht. Ich glaube nicht.«
    »Liebte sie Sie?«
    »Ich glaube, ja.«
    »Sie sind nicht ganz sicher?«
    »Frauen sind wahrscheinlich anders als Männer.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    Er ging nicht näher darauf ein, vielleicht darum, weil er dazu nicht fähig war, und zuckte nur die Achseln.
    »Sie war ein armes Mädchen«, murmelte er schließlich vor sich hin.
    Obwohl ihm die einzelnen Bissen fast im Hals steckenblieben, fuhr er fast mechanisch fort zu essen.
    »Wohin setzte sie sich, als Sie hereinkamen?«
    »Sie hat sich überhaupt nicht hingesetzt, sie war viel zu aufgeregt dazu. Sie ging dauernd auf und ab, und schließlich sagte sie, ohne mich anzusehen:
    ›Ich habe eine große Neuigkeit für dich.‹
    Und dann, als wollte sie alles auf einmal loswerden, sagte sie: ›Ich bin schwanger.‹«
    »Schien ihr das angenehm zu sein?«
    »Weder angenehm noch unangenehm.«
    »Dachten Sie, daß das Kind von Ihnen sei?«
    Er wagte nicht gleich zu antworten, aber man merkte ihm an, daß er es für selbstverständlich hielt.
    »Was haben Sie dazu gesagt?«
    »Nichts. Mir war ganz komisch zumute. Ich wollte sie in die Arme nehmen.«
    »Aber sie ließ es nicht zu?«
    »Nein. Sie ging weiter auf und ab und sprach zu sich selbst. Ungefähr so: ›Ich frage mich, was ich jetzt tun soll. Das ändert alles. Es kann sehr wichtig sein. Wenn ich es ihm sage …‹«
    »Sie meinte wohl den Professor?«
    »Ja. Sie wußte nicht, ob sie ihm die Wahrheit sagen sollte oder nicht. Sie war nicht sicher, wie er es aufnehmen würde.«
    Er hatte sein belegtes Brot aufgegessen und seufzte entmutigt:
    »Ich weiß nicht, wie ich es Ihnen erklären soll … Ich erinnere mich an jede kleinste Einzelheit, und zugleich ist alles verworren. Ich konnte ja nicht ahnen, daß es so kommen würde.«
    »Was hatten Sie denn erwartet?«
    »Daß sie mir um den Hals fallen und mir sagen würde, sie hätte sich endlich entschlossen, mit mir zu gehen.«
    »Ist sie gar nicht auf den Gedanken gekommen?«
    »Vielleicht doch. Nein, bestimmt sogar. Sie hätte es gern getan. Als sie damals aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat sie behauptet, sie sei zu dem, was sie tat, gezwungen, aus Dankbarkeit sozusagen.«
    »Sie glaubte also, Gouin etwas schuldig zu sein?«
    »Er hat ihr das Leben gerettet. Ich glaube, er hat keinem einzigen seiner Patienten soviel Zeit geopfert wie ihr.«
    »Und Sie haben es geglaubt?«
    »Ob ich was geglaubt habe?«
    »Das mit der Dankbarkeit.«
    »Ich habe ihr gesagt, sie sei nicht verpflichtet, seine Geliebte zu bleiben. Er hatte genug andere.«
    »Glauben Sie, daß er in sie verliebt war?«
    »Auf jeden Fall hing er an ihr. Ich glaube, er war ihr irgendwie hörig.«
    »Und Sie, Pierrot?«
    »Ich, ich liebte sie.«
    »Wozu ließ sie Sie eigentlich kommen?«
    »Das habe ich mich auch gefragt.«
    »Gegen halb sechs hat ihr ein Arzt in der Rue des Dames bestätigt, daß sie schwanger sei. Hätte sie da nicht sofort zu Ihnen gehen können?«
    »Ja. Sie wußte, wo ich gewöhnlich esse, bevor ich ins Grelot gehe.«
    »Sie ist aber nach Hause gegangen. Später, zwischen halb acht und acht, ist der Professor bei ihr gewesen.«
    »Sie hat es mir

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