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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Batilles Hobby war, Gespräche aufzunehmen, auf der Straße, in Cafés, in Restaurants … Für ihn waren es menschliche Zeugnisse … Er war ein Einzelgänger und ging oft abends auf Stimmenjagd, vor allem in einfachen Wohngegenden. Gestern Abend war er zuerst in einem Restaurant am Boulevard Beaumarchais, wo er Fetzen von einem Ehestreit aufgenommen hat. Dann ist er in ein Café an der Place de la Bastille gegangen und hat das hier aufgenommen.«
    Er legte ihm das Protokoll hin. Der Richter las es stirnrunzelnd.
    »Kommt mir ziemlich verdächtig vor …«
    »Da geht es eindeutig um ein Treffen am Donnerstagabend, vor irgendeinem Wochenendhaus, denn der Besitzer kommt immer freitags und fährt montags morgens wieder weg.«
    »Das geht aus dem Text hervor, ja …«
    »Um sicherzugehen, dass die Villa auch leer ist, lässt die Bande sie durch zwei Männer abwechselnd beobachten … Ich weiß andererseits, wer dieser Mimile ist, ich habe seine Adresse …«
    »In diesem Fall …«
    Der Richter schien sagen zu wollen, dass damit doch alles gelaufen sei, aber der Kommissar war weniger optimistisch.
    »Falls es die Bande ist, an die ich denke«, begann er. »In den letzten zwei Jahren sind etliche Villen ausgeraubt worden, während der Besitzer in Paris war … Fast jedes Mal wurden wertvolle Bilder oder sonstige Kunstgegenstände gestohlen. In Tessancourt haben sie zwei Bilder verschmäht, bei denen es sich um Kopien handelte, was für mich heißt …«
    »Dass es Kenner sind …«
    »Zumindest muss ein Kenner dabei sein …«
    »Und was ist für Sie das Problem daran?«
    »Dass diese Leute noch nie jemanden umgebracht haben … Dass es nicht ihre Art ist.«
    »Aber es kann doch so gewesen sein, dass sie zum Beispiel gestern Abend …«
    »Nehmen wir einmal an, sie hätten plötzlich Verdacht geschöpft, dass das Tonband gelaufen sei. Dann hätten sie, beispielsweise zu zweit, Antoine Batille einfach verfolgen, ihn in einer menschenleeren Straße wie der Rue Popincourt überfallen und ihm den Kassettenrecorder wegnehmen können …«
    Der Richter seufzte enttäuscht:
    »Das ist richtig …«
    »Das sind Diebe, aber keine Mörder. Die töten nur, wenn sie sich in einer ausweglosen Lage befinden. Diese Leute arbeiten seit zwei Jahren, ohne gefasst zu werden. Wir haben nicht die geringste Ahnung, wie sie die Bilder und Kunstgegenstände wieder losschlagen. Kopf der Bande muss jemand sein, der sich in der Malerei auskennt, entsprechende Beziehungen hat, die Einbrüche ausheckt, vielleicht auch selbst mitmacht und Regie führt … Und dieser Mann, den es ganz sicher gibt, würde es nicht zulassen, dass seine Leute einen Mord begehen …«
    »Wenn es so ist, was denken Sie dann? …«
    »Ich denke noch gar nichts. Ich taste mich vor. Natürlich verfolge ich die Spur. Zwei meiner Inspektoren observieren den Mann mit dem Spitznamen Mimile. Ein anderer kämmt die Bilder des Erkennungsdienstes durch nach einem fünfunddreißigjährigen Mann mit buschigen dunklen Augenbrauen.«
    »Halten Sie mich auf dem Laufenden?«
    »Sobald ich etwas zu berichten habe …«
    Konnte man alles glauben, was Gino Pagliati ausgesagt hatte? Der Neapolitaner hatte behauptet, der Mörder habe erst mehrmals zugestochen, sei dann einige Schritte Richtung Straßenecke gegangen, aber wieder zurückgekommen, um erneut dreimal zuzustechen.
    Auch das passte nicht zu der Annahme, dass es ein eher professioneller Verbrecher war, zumal er den Kassettenrecorder schließlich doch nicht mitgenommen hatte.
    Janvier hatte ihm den Bericht über seinen Besuch bei der Frau am Fenster im ersten Stock übergeben.
     
    Madame Esparbès, zweiundsiebzig, verwitwet. Wohnt seit zehn Jahren allein in einer Dreizimmerwohnung mit Küche. Ihr Mann war Offizier. Sie bezieht eine Rente und lebt in relativem Wohlstand, doch ohne Luxus.
    Sie wirkt sehr nervös und behauptet, dass sie fast nicht mehr schläft und dass sie immer ans Fenster geht, wenn sie aufwacht, und die Stirn gegen die Scheibe lehnt.
    › Das sind so Altweiberticks, Herr Inspektor …‹
    › Was haben Sie gestern Abend gesehen? Erzählen Sie ruhig jede Einzelheit, auch wenn sie Ihnen belanglos vorkommt. ‹
    › Ich hatte meine Abendtoilette noch nicht gemacht … Um zehn Uhr habe ich wie gewöhnlich Nachrichten gehört. Dann habe ich das Radio ausgeschaltet und mich ans Fenster gesetzt … Ich hatte schon lange keinen solchen Regen mehr gesehen, und das hat alte Erinnerungen in mir wachgerufen … Na ja …
    Dann,

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