Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
Saint-Antoine in Verbindung geblieben war.
    »Nichts als Theater.«
    »Lucas und Marette sind in der Rue du Faubourg Saint-Antoine. Branchu ist zum Aperitif in die Bar gekommen, in der sie auf Posten waren, aber er hat sie nicht bemerkt. Dann ist er ins selbe Restaurant wie gestern zum Essen gegangen.
    Kaum Kundschaft im Laden, nur zwei oder drei Leute, die wie richtige Kunden aussahen … Er hat hinter dem Laden eine kleine Werkstatt, und dort werkelt er herum …«
    Um vier Uhr musste Maigret erneut zum Richter hinauf, um ihn über den ausgearbeiteten Aktionsplan zu unterrichten. Als er zurückkam, streckte man ihm einen Besucherschein hin, auf dem das Feld für den Zweck des Besuchs unausgefüllt war. Es stand nur ein Name darauf: Monique Batille.
    Wie aus Monique wohl »Minou« geworden war? Maigret ging zum Warteraum und fand dort ein großes, dünnes Mädchen in schwarzer Hose und Trenchcoat über der durchscheinenden Bluse.
    »Sie sind doch Kommissar Maigret?«
    Sie musterte ihn von oben bis unten, wie um zu prüfen, ob er seinen guten Ruf auch verdient hatte.
    »Darf ich Sie in mein Büro bitten …«
    Ohne jede Verlegenheit betrat sie diesen Raum, in dem sich schon so viele Schicksale entschieden hatten. Sie schien sich keinerlei Gedanken darüber zu machen, sondern gab sich weiterhin lässig und zog ein Päckchen Gitanes aus der Tasche.
    »Kann man hier rauchen?«
    Ein kleines Lächeln.
    »Ach, stimmt! Sie rauchen ja den ganzen Tag Pfeife!«
    Sie ging ans Fenster.
    »Wie bei uns. Blick auf die Seine. Finden Sie nicht auch, dass man irgendwann genug davon hat?«
    Träumte sie von einem Wechselpanorama?
    Na, endlich! Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen, während Maigret immer noch neben seinem Schreibtisch stand.
    »Sie fragen sich sicher, weshalb ich hierherkomme … Keine Angst, es ist nicht bloße Neugier … Es stimmt schon, ich kenne einen Haufen berühmter Leute, aber Sie sind der erste Polizist …«
    Er versuchte gar nicht erst, sie zu bremsen. Vielleicht war das ihre Art, eine tiefe Verunsicherung zu überspielen.
    »Gestern hatte ich eigentlich damit gerechnet, dass Sie wiederkommen würden, um noch einmal meine Eltern zu befragen und danach mich oder die Hausangestellten, was weiß ich. Das geht doch gewöhnlich so, oder nicht? Heute Vormittag habe ich beschlossen, dass ich Sie am Nachmittag besuche … Ich habe lange nachgedacht.«
    Sie bemerkte den Anflug eines Lächelns auf Maigrets Lippen und verstand.
    »Ich denke auch manchmal nach, das können Sie mir glauben. Ich kann nicht nur quasseln … Sie haben meinen Bruder in der Rue Popincourt gefunden … Ist es eigentlich unheimlich in dieser Straße?«
    »Was meinen Sie mit unheimlich?«
    »Dass sich dort die Gangster in den Bistros treffen und ihre Coups aushecken oder so …«
    »Nein, es ist lediglich eine Straße, in der einfache Leute wohnen.«
    »Das habe ich auch gedacht … Aber mein Bruder hat noch anderswo Aufnahmen gemacht, an wirklich gefährlichen Orten. Einmal wollte ich unbedingt mit, und da hat er gesagt:
    ›Kommt gar nicht in Frage, Schwesterlein. Da, wo ich hingehe, wärst du in Gefahr … Ich bin es übrigens auch!‹
    Ich wollte es genauer wissen:
    ›Das heißt, dass dort Verbrecher sind?‹
    ›Klar … Weißt du, wie viele Leichen jährlich allein aus dem Canal Saint-Martin gezogen werden?‹
    Ich glaube nicht, dass er mir nur Angst machen wollte, um mich loszuwerden. Ich habe nicht lockergelassen und es mehrmals versucht, aber nie wollte er mich auf eine seiner Expeditionen, wie er es nannte, mitnehmen.«
    Maigret sah sie an. Er war überrascht, dass sie so viel natürliche Frische unter dem betont extravaganten Äußeren bewahrt hatte. Wahrscheinlich war ihr Bruder, genau wie sie, im Grunde nur ein großes Kind gewesen.
    Er bildete sich ein, psychologische Studien zu betreiben und menschliche Zeugnisse zu sammeln. Aber in Wirklichkeit wollte er sich selbst ein bisschen Angst machen.
    »Hat er die Aufnahmen aufgehoben?«
    »In seinem Zimmer stehen Dutzende von sorgfältig nummerierten Kassetten, zu denen er sich ein entsprechendes Verzeichnis angelegt hatte.«
    »Hat es jemand angerührt, seit … seit er tot ist?«
    »Nein …«
    »Ist er jetzt bei Ihnen zu Hause?«
    »Wir haben ihn im kleinen Salon, den wir Mamas Salon nennen, aufgebahrt. Der andere Salon war zu groß. Die Haustür ist schwarz umflort. Es ist alles so unheimlich und düster. Das dürfte es heutzutage eigentlich nicht mehr geben, meinen Sie nicht

Weitere Kostenlose Bücher