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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Tafel aus rosa Marmor mit der goldenen Inschrift ›La Couronne d’Or‹. Die goldene Krone über der Inschrift erinnerte Maigret an irgendetwas. Aber an was? Er kam im Augenblick nicht darauf.
    Das Haus hatte keinen Flur. Man betrat unmittelbar eine riesige Diele, an deren Wänden aus weißem Stein abwechselnd Jagdtrophäen und Gemälde hingen. Eines der Bilder war abgehängt und lag mit der Rückseite nach oben auf einem Mahagonitisch.
    »Ein Cézanne«, murmelte Grosjean, der es umgedreht hatte.
    In einer Ecke stand ein Louis-XV-Sekretär. Auf der ledernen Schreibunterlage prangte dieselbe Krone wie auf der Tafel am Eingang. In einer Schublade fanden sich Briefbögen und Umschläge mit demselben Emblem, darunter der Name Philippe Lherbier.
    »Sehen Sie sich das an, Grosjean.«
    Er zeigte auf die Krone auf der Schreibunterlage und den Briefbögen.
    »Haben Sie’s? Es ist der Inhaber des Lederwarengeschäfts in der Rue Royale.«
    Ein Mann um die sechzig, mit dichtem, schlohweißem Haar, das sein Gesicht frischer und jünger erscheinen ließ.
    Sein Geschäft war nicht nur das feinste und vornehmste Lederwarengeschäft von ganz Paris, er besaß auch Filialen in Cannes, Deauville, London, New York und Miami.
    »Was soll ich tun? Ihn anrufen?«
    »Das müssen Sie wissen, Herr Kollege …«
    Grosjean hob den Hörer ab und wählte die Nummer, die auf den Briefbögen stand.
    »Ich hätte gern Monsieur Lherbier gesprochen … Ja, Monsieur Philippe Lherbier … Nicht da? Wissen Sie, wo ich ihn erreichen könnte? … Bitte? … Bei Rechtsanwalt Legendre, Boulevard Saint-Germain. Haben Sie die Nummer? …«
    Er zog einen Bleistift aus der Tasche und kritzelte die Nummer auf das Briefpapier mit der Goldprägung.
    »Besten Dank.«
    Auch Rechtsanwalt Legendre gehörte zu den oberen Zehntausend von Paris.
    Maigret sah sich die Bilder an: zwei weitere Cézannes, ein Derain, ein Sisley. Er stieß eine Tür auf und entdeckte einen kleineren, feminineren Salon mit zitronengelber Seidentapete. Er musste an die Wohnung am Quai d’Anjou denken. Unversehens war er wieder in dieselbe Welt hineingeraten. Wahrscheinlich kannten sich die beiden Männer sogar, wenigstens vom Sehen, weil sie an denselben Orten verkehrten.
    Von Philippe Lherbier war ziemlich oft in den Zeitungen die Rede, vor allem wegen seiner vielen Ehen und Scheidungen. Er galt als der meistgeschiedene Mann Frankreichs. Fünfmal? Sechsmal?
    Besonders bemerkenswert daran war, dass nach einer Scheidung jeweils keine sechs Monate vergingen, bis er wieder heiratete. Und jedes Mal denselben Frauentyp! Abgesehen von einer Einzigen, die beim Theater war, handelte es sich immer um langgliedrige, geschmeidige Fotomodels mit mehr oder weniger einstudiertem Lächeln. Es schien, als würde er sie nur heiraten, um ihnen prächtige Kleider kaufen und sie ansonsten als reine Dekoration betrachten zu können.
    »Ja … Wenn Sie ihn mir bitte geben möchten … Ja, bitte? Monsieur Lherbier? Hier Kommissar Grosjean von der Sûreté Nationale. Ich befinde mich in Ihrer Villa in Jouyen-Josas … Was ich hier mache? Ich habe gerade drei Einbrecher gefasst, die es auf Ihre Bilder abgesehen hatten.«
    Eine Hand auf der Sprechmuschel, flüsterte er Maigret zu:
    »Er lacht …«
    Dann wieder laut in den Hörer:
    »Was sagen Sie? Sie sind versichert? Wie schön! Und Sie kommen heute Abend nicht her? Ich hingegen kann Ihre Haustür nicht offen stehen lassen und bin aber auch außerstande, sie abzuschließen. Das bedeutet, dass einer meiner Männer hier in der Villa bleiben muss, bis Sie jemanden geschickt haben, unter anderem auch einen Schlosser. Ich …«
    Einen Moment lang rührte er sich nicht und lauschte mit hochrotem Kopf ins Telefon.
    »Er hat aufgelegt«, murmelte er schließlich.
    Dann verschlug es ihm vor Wut fast den Atem.
    »Und für solche Leute … für solche Leute …«
    Er wollte wohl sagen:
    »Für solche Leute riskieren wir unseren Kopf.«
    Doch er merkte, dass die Behauptung etwas übertrieben gewesen wäre.
    »Ich weiß nicht, ob er angeheitert war, aber er schien sich über die Sache köstlich zu amüsieren …«
    Er wies einen seiner Männer an, bis auf weiteres in der Villa zu bleiben.
    »Kommen Sie mit, Maigret?«
    Er konnte sich noch immer nicht fassen.
    »Echte Cézannes … Echte … Was weiß ich … Bilder mit Millionenwert, und das in einer Villa nur fürs Wochenende …«
    »An der Côte d’Azur hat er eine noch viel größere Villa. Sie heißt ebenfalls ›Couronne

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