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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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arbeitet. Dort hat er sie jeden Morgen um acht Uhr getroffen, weil sie da allein im Café war. Der Wirt schlief noch, und seine Frau machte im ersten Stock den Haushalt. Sie wurden zwar ständig von irgendwelchen Gästen gestört, doch hatten sie immerhin ein paar Augenblicke zu zweit.‹
    ›War es was Ernstes?‹
    ›Ich glaube schon …‹
    ›Und was hatte er vor?‹
    ›Wie meinen Sie das?‹
    ›Wie hat er sich seine Zukunft vorgestellt, zum Beispiel?‹
    ›Er wollte nächstes Jahr Anthropologie studieren. Sein Traum war, in Asien, Afrika und Südamerika Lehraufträge zu bekommen, um die verschiedenen Menschenrassen zu studieren. Er wollte beweisen, dass sie sich im Grunde alle gleich sind und dass die Unterschiede verschwinden werden, je mehr sich in allen Breitengraden die Lebensbedingungen angleichen.‹
    ›Wollte er heiraten?‹
    ›Davon hat er nicht gesprochen … Dazu war es noch zu früh … Auf jeden Fall wollte er kein Mädchen aus seiner Gesellschaftsschicht heiraten.‹
    ›Hat er sich gegen seine Eltern, gegen seine Familie aufgelehnt?‹
    ›Er fand es unnötig. Ich erinnere mich, dass er einmal sagte, er fühle sich ins neunzehnte Jahrhundert zurückversetzt, wenn er nach Hause komme.‹
    ›Ich danke Ihnen. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie aufgehalten habe.‹«
    Und Janvier schloss:
    »Was sagen Sie dazu, Chef? Vielleicht hat dieses Mädchen ja einen Bruder … Und vielleicht sind die beiden doch weiter gegangen, als Harteau glaubt … Daraufhin könnte sich der Bruder in den Kopf gesetzt haben, dass der Sohn des Mylène-Inhabers nie und nimmer seine Schwester heiraten wird … Verstehen Sie, was ich meine?«
    »Jetzt bist du aber ins neunzehnte Jahrhundert zurückgefallen, mein lieber Janvier …«
    »So was soll es heute noch geben, oder nicht?«
    »Hast du die Statistiken nicht gelesen? Die sogenannten Verbrechen aus Leidenschaft sind um mehr als die Hälfte zurückgegangen, bald werden sie nur noch ein rührender Anachronismus sein …
    Übrigens hat Lapointe das Mädchen aufgestöbert; sie arbeitet tatsächlich auf der Ile Saint-Louis. Ich werde heute Abend versuchen, mich mit ihr zu unterhalten.«
    »Was soll ich als Nächstes tun?«
    »Nichts. Irgendwas. Kleinkram. Wir warten ab.«
    Um Viertel nach sechs nahm Maigret den Aperitif in der ›Brasserie Dauphine‹, in der er zwei Kollegen traf. Bei der Kriminalpolizei kam es vor, dass man sich wochenlang nicht sah, jeder arbeitete in seiner Abteilung vor sich hin. Die ›Brasserie Dauphine‹ war der neutrale Boden, auf dem sich alle irgendwann wieder trafen.
    »Na, wie sieht’s aus mit dem Mord in der Rue Popincourt? Arbeiten Sie seit neuestem für die Rue des Saussaies?«
    Um zehn vor sieben stand Maigret auf dem Gehsteig vor dem Café in der Rue Saint-Louis en l’Ile. Drinnen sah er das Mädchen bedienen.
    Die Wirtin saß an der Kasse, ihr Mann stand hinter der Theke. Es war die kurze Stoßzeit des abendlichen Aperitifs.
    Um fünf nach sieben verschwand das Mädchen in einer Tür und kam einige Augenblicke später in dem Mantel wieder, in dem sie auf dem Foto zu sehen gewesen war. Sie wechselte ein paar Worte mit der Chefin und kam dann heraus. Sie entfernte sich so zielstrebig in Richtung Quai d’Anjou, dass Maigret den Schritt beschleunigen musste, um sie einzuholen.
    »Entschuldigen Sie, Mademoiselle …«
    Sie erschrak und wollte schon weglaufen.
    »Ich bin Kommissar Maigret. Ich möchte mit Ihnen über Antoine reden.«
    Sie blieb ruckartig stehen und blickte ihn fast ängstlich an.
    »Was sagen Sie?«
    »Ich möchte mit Ihnen über …«
    »Ja, ich habe es gehört. Aber ich verstehe nicht. Ich …«
    »Wir wissen es, Mademoiselle …«
    »Woher?«
    »Von einem Foto, besser gesagt von einer Reihe von Fotografien … Mit einem zusammengeknüllten Taschentuch in der verkrampften Hand haben Sie heute Vormittag vor dem Haus der Trauerfamilie gestanden. Vor und nach der Trauerzeremonie waren Sie vor der Kirche, und Sie waren danach auch auf dem Friedhof.«
    »Warum hat man mich fotografiert?«
    »Wenn Sie ein bisschen Zeit für mich hätten, könnten wir ein Stück zusammen gehen, und ich kann es Ihnen erklären … Wir suchen den Mörder von Antoine Batille. Wir haben so gut wie gar keine Spur, keinerlei brauchbare Hinweise.
    In der Hoffnung, der Mörder würde sich die Beerdigung seines Opfers ansehen wollen, habe ich die Zuschauer fotografieren lassen. Der Fotograf hat dann die Bilder nach Leuten abgesucht, die sowohl am Quai

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